15.06.2014 Aufrufe

Dokument 1.pdf - eDoc

Dokument 1.pdf - eDoc

Dokument 1.pdf - eDoc

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

selbst befreien, es kann keinen von oben bzw. von außen kommenden Befreier geben.<br />

Bei Luxemburg, die ja Mitglied, sogar Mitbegründerin unterschiedlicher politischer<br />

Parteien war, führte dies zur radikalen Kritik am Zentralismus derselben<br />

sowie insbesondere auch am autoritären Charakter der russischen Revolutionen.<br />

Für Beauvoir resultierte daraus eine bewusste und auch reflektierte Distanz zu<br />

jeglicher politischer Partei, darunter zur Französischen Kommunistischen Partei.<br />

Bei allem Sympathisieren mit derselben nahm diese Distanz im Laufe der Jahre<br />

zu, und zwar unter dem Eindruck der Ereignisse in Ungarn 1956 und dem Einmarsch<br />

sowjetischer Truppen in die Tschechoslowakei 1968. Was beide Frauen in<br />

politischer Hinsicht grundsätzlich unterscheidet, das ist die Erfahrung des Stalinismus;<br />

während Luxemburg, bei aller Kritik an der russischen Revolution von<br />

1917 und in diesem Zusammenhang der Politik Lenins, noch große Hoffnungen<br />

in die zu errichtende sozialistische Gesellschaft setzen konnte, war Beauvoir als<br />

ziemlich klarsichtige Intellektuelle desillusioniert. Auch aus diesem Grunde unterstützte<br />

sie weniger politische Großparteien als kleinere, locker organisierte Bewegungen,<br />

wie etwa die linksanarchistische Zeitschrift »La cause du peuple« oder<br />

eben die französische Frauenbewegung.<br />

Dennoch würde ich behaupten: Trotz aller »real existierenden Sozialismen«<br />

bewahrte sie sich stets die Idee von einer sozialistischen Gesellschaft, in der die<br />

freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist.<br />

Darauf deuten u. a. Äußerungen hin, die sie in den Interviews mit Alice Schwarzer<br />

in den 70er Jahren machte. Sozialismus also als Utopie bei Beauvoir?<br />

Hier tut sich ein weites Feld an Fragen auf, das es, um mit Fontane bzw. Luxemburg<br />

zu sprechen, zu beackern gilt, u. a. auch auf unserer Konferenz.<br />

- Wie links ist Beauvoir? Was überhaupt ist »links« oder auch: Welche unterschiedlichen<br />

Formen von Links-Sein gibt es?<br />

- Was ist Feminismus bzw. welche Feminismen gibt es? Und welchen vertritt<br />

Beauvoir?<br />

- Schließlich: Welche unterschiedlichen Rezeptionsweisen von Beauvoir gibt<br />

es? Gibt es überhaupt »die Beauvoir«? Oder hängt das jeweilige Bild von Beauvoir<br />

nicht davon ab, aus welcher Perspektive man oder frau sie betrachtet?<br />

Ich freue mich auf eine lebhafte Debatte, in der, so hoffe ich, mannigfaltige<br />

Perspektiven aufeinander stoßen, die je spezifische Facetten des an den Pfeilern<br />

von (männlicher) Herrschaft nagenden Bibers beleuchten.<br />

19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!