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Lawrence M. Krauss - Nehmen wir an die Kuh ist eine Kugel

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Das Arsenal <strong>an</strong> Werkzeugen, das <strong>die</strong> Physiker haben, <strong>die</strong><br />

Natur zu beschreiben, <strong>ist</strong> begrenzt. Die me<strong>ist</strong>en der modernen<br />

Theorien, wie sie heute in den Büchern und Fachzeitschriften zu<br />

lesen sind, beg<strong>an</strong>nen einmal als einfache Modelle. Physiker hatten<br />

sie aufgestellt, als sie nicht wußten, wie sie ein bestimmtes<br />

Problem überhaupt <strong>an</strong>packen sollten, um es zu lösen. Diese einfachen<br />

Modelle basieren gewöhnlich wiederum auf noch einfacheren<br />

Modellen und so weiter. Die Anzahl der Fragen, von<br />

denen <strong>wir</strong> tatsächlich wissen, wie <strong>wir</strong> sie be<strong>an</strong>tworten sollen,<br />

können <strong>wir</strong> <strong>an</strong> den Fingern <strong>eine</strong>r, vielleicht auch beider Hände<br />

abzählen. Me<strong>ist</strong>ens folgen Physiker den gleichen Regeln, mit<br />

denen <strong>die</strong> Hollywood-Filmproduzenten reich geworden sind:<br />

Wenn sich etwas bewährt hat, mache es beim nächsten Mal<br />

genauso.<br />

Ich liebe <strong>die</strong> Geschichte mit der <strong>Kuh</strong>, weil sie geradezu ein<br />

Sinnbild dafür <strong>ist</strong>, wie einfach m<strong>an</strong> <strong>die</strong> Welt auch sehen k<strong>an</strong>n,<br />

und weil ich mit ihrer Hilfe genau zu dem Punkt kommen k<strong>an</strong>n,<br />

der in der Literatur bisher etwas stiefmütterlich beh<strong>an</strong>delt<br />

wurde, aber g<strong>an</strong>z wichtig <strong>ist</strong> für das tagtägliche Denken in der<br />

Wissenschaft: Bevor du irgend etwas tust, abstrahiere von allen<br />

irrelev<strong>an</strong>ten Details!<br />

Zwei wichtige Begriffe sind hier aufgetaucht: abstrahieren<br />

und irrelev<strong>an</strong>t. Die Befreiung von irrelev<strong>an</strong>ten Details <strong>ist</strong> der<br />

erste Schritt, wenn m<strong>an</strong> irgendein Weltmodell bauen will, und<br />

das tun <strong>wir</strong> unbewußt schon von dem Moment <strong>an</strong>, wenn <strong>wir</strong><br />

geboren werden. Es aber bewußt zu tun, <strong>ist</strong> <strong>eine</strong> g<strong>an</strong>z <strong>an</strong>dere<br />

Sache. Den natürlichen Dr<strong>an</strong>g zu überwinden, unnütze Information<br />

nicht über Bord zu werfen, <strong>ist</strong> vielleicht das Schwierigste<br />

und zugleich Wichtigste, wenn m<strong>an</strong> Physik lernen will. Dazu<br />

kommt: Was in <strong>eine</strong>r bestimmten Situation irrelev<strong>an</strong>t sch<strong>eine</strong>n<br />

mag, <strong>ist</strong> k<strong>eine</strong> allgemeingültige Entscheidung, sie hängt me<strong>ist</strong>ens<br />

davon ab, für welchen Gesichtspunkt m<strong>an</strong> sich gerade<br />

interessiert. Das führt direkt zu dem zweiten wichtigen Begriff:<br />

Abstraktion. Bei all dem abstrakten Denken, das m<strong>an</strong> in der Physik<br />

braucht, liegt wahrscheinlich <strong>die</strong> größte Herausforderung in<br />

der Wahl, auf welchem Weg m<strong>an</strong> <strong>an</strong> ein Problem her<strong>an</strong>gehen<br />

soll. Die bloße Beschreibung <strong>eine</strong>r Bewegung entl<strong>an</strong>g <strong>eine</strong>r

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