Lawrence M. Krauss - Nehmen wir an die Kuh ist eine Kugel
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lich vom geometrischen Zentrum liegt und <strong>wir</strong> werfen <strong>die</strong> Nuß<br />
nun durch <strong>die</strong> Luft, d<strong>an</strong>n eiert sie <strong>an</strong> der Bahn entl<strong>an</strong>g. Dabei<br />
dreht sie sich auch noch um sich selbst. Aber <strong>die</strong> Bewegung des<br />
Massenzentrums folgt <strong>eine</strong>r einfachen parabolischen Bahn, wie<br />
sie zum erstenmal Galilei beschrieben hat.<br />
Wenn <strong>wir</strong> also <strong>die</strong> Bewegung von Bällen oder von Nüssen mit<br />
Hilfe von Bewegungsgesetzen stu<strong>die</strong>ren, d<strong>an</strong>n wenden <strong>wir</strong> tatsächlich<br />
etwas <strong>an</strong>, was <strong>wir</strong> nun <strong>eine</strong> »effektive Theorie« nennen<br />
wollen. Eine vollständige Theorie müßte <strong>eine</strong> Theorie von<br />
Quarks und Elektronen sein, oder mindestens von Atomen.<br />
Aber <strong>wir</strong> können alle <strong>die</strong>se irrelev<strong>an</strong>ten Freiheitsgrade in <strong>eine</strong>n<br />
Topf werfen, und heraus kommt etwas, das <strong>wir</strong> <strong>eine</strong>n Ball nennen<br />
- genauer: das Massenzentrum des Balles, ein Punkt. Die<br />
Bewegungsgesetze aller makroskopischen Objekte verschmelzen<br />
so zu <strong>eine</strong>r effektiven Theorie der Bewegung des Massenzentrums.<br />
Die effektive Theorie der Bewegung <strong>die</strong>ses Punktes <strong>ist</strong><br />
alles, was <strong>wir</strong> zur Beschreibung der Ballbewegung brauchen,<br />
und <strong>wir</strong> können damit so viel <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gen, daß <strong>wir</strong> in Versuchung<br />
geraten, sie als fundamental <strong>an</strong>zusehen. Worauf ich nun hinauswill:<br />
Alle Theorien der Natur, mindestens <strong>die</strong>, <strong>die</strong> gewöhnlich in<br />
der Physik <strong>an</strong>gew<strong>an</strong>dt werden, sind notwendigerweise effektive<br />
Theorien. Immer wenn Sie irgend<strong>eine</strong> niederschreiben, werfen<br />
Sie damit einiges <strong>an</strong> Ballast ab.<br />
Wie nützlich effektive Theorien sind, wurde schon recht früh<br />
in der Qu<strong>an</strong>tenmech<strong>an</strong>ik erk<strong>an</strong>nt. Eine atomare Analogie zu der<br />
Massenzentrumsbewegung <strong>eine</strong>s Balles, wie ich sie gerade<br />
beschrieb, <strong>ist</strong> zum Beispiel <strong>eine</strong> der klassischen Methoden, das<br />
Verhalten von Molekülen in der Qu<strong>an</strong>tenmech<strong>an</strong>ik zu verstehen:<br />
M<strong>an</strong> unterteilt sie - das geht mindestens bis auf <strong>die</strong> zw<strong>an</strong>ziger<br />
Jahre zurück - in Moleküle mit »schnellen« und »l<strong>an</strong>gsamen«<br />
Freiheitsgraden. Da <strong>die</strong> Atomkerne in den Molekülen sehr<br />
schwer sind, <strong>ist</strong> ihre Reaktion auf <strong>die</strong> molekularen Kräfte <strong>eine</strong><br />
kl<strong>eine</strong>re und l<strong>an</strong>gsamere Reaktion als zum Beispiel <strong>die</strong> der Elektronen,<br />
<strong>die</strong> sehr rasch um den Kern kreisen. Nach <strong>eine</strong>r g<strong>an</strong>z<br />
ähnlichen Methode wollen <strong>wir</strong> vorgehen, um ihre Eigenschaften<br />
vorauszusagen. Zunächst nehmen <strong>wir</strong> <strong>an</strong>, daß <strong>die</strong> Atomkerne<br />
fest und unbeweglich sind, und d<strong>an</strong>n berechnen <strong>wir</strong> <strong>die</strong> Bewe-