Lawrence M. Krauss - Nehmen wir an die Kuh ist eine Kugel
Lawrence M. Krauss - Nehmen wir an die Kuh ist eine Kugel
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schnitt, der Hals der Superkuh k<strong>an</strong>n das vierfache Gewicht<br />
tragen. Nun <strong>ist</strong> aber ihr Kopf achtmal so schwer. Gemessen <strong>an</strong><br />
der Normalkuh <strong>ist</strong> der Hals also um <strong>die</strong> Hälfte zu schwach, um<br />
den schweren Kopf zu halten. Wenn <strong>wir</strong> <strong>die</strong> Abmessungen der<br />
Superkuh noch weiter vergrößern wollten, würden <strong>die</strong> Hals<strong>wir</strong>bel<br />
sehr rasch unter der Last des Kopfes brechen.<br />
Mit <strong>die</strong>ser Überlegung läßt sich leicht erklären, warum <strong>die</strong><br />
Köpfe der Dinosaurier im Verhältnis zu den riesigen Körpern so<br />
klein waren und warum <strong>die</strong> Tiere mit den größten Köpfen (entsprechend<br />
ihren großen Körpern), zum Beispiel Delphine oder<br />
Wale, im Wasser leben: Weil sie im Wasser durch den Auftrieb<br />
leichter sind, brauchen sie viel weniger Kraft, um den Kopf hochzuhalten.<br />
Jetzt verstehen <strong>wir</strong> auch, warum der Physiker in der Anekdote<br />
nicht etwa vorschlug, größere Kühe zu züchten, um das Milchproduktionsproblem<br />
zu lösen. Aber was noch viel wichtiger <strong>ist</strong>:<br />
Gerade durch s<strong>eine</strong> naive Abstraktion sind <strong>wir</strong> einigen g<strong>an</strong>z allgemein<br />
gültigen Prinzipien der Skalierung in der Natur auf <strong>die</strong><br />
Spur gekommen. Da alle Skalierungsgesetze in der Regel unabhängig<br />
von der tatsächlichen Form sind, können <strong>wir</strong> <strong>die</strong> möglichst<br />
einfachsten Formen wählen, um sie zu verstehen.<br />
Eine g<strong>an</strong>ze Menge k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> mit <strong>die</strong>sem einfachen Beispiel<br />
erklären, ich werde später noch ein paarmal darauf zurückkommen.<br />
Zunächst aber möchte ich mich wieder Galilei zuwenden.<br />
Neben s<strong>eine</strong>n sonstigen großen Ver<strong>die</strong>nsten hat er vor 400 Jahren<br />
Bahnbrechendes für das Weglassen von allem unwesentlichen<br />
Beiwerk gele<strong>ist</strong>et. Genau dadurch hat er, als er <strong>die</strong> Bewegungsgesetze<br />
aufstellte, den Grundstein für <strong>die</strong> moderne Wissenschaft<br />
gelegt.<br />
Etwas <strong>ist</strong> für unsere Welt g<strong>an</strong>z typisch: K<strong>eine</strong> Bewegung <strong>ist</strong><br />
wie irgend<strong>eine</strong> <strong>an</strong>dere. Das macht <strong>eine</strong> allgemeingültige<br />
Beschreibung unmöglich, <strong>die</strong> auf jede individuelle Bewegung<br />
passen würde. Eine Feder, <strong>die</strong> ein hochfliegender Vogel verliert,<br />
schaukelt gemächlich zur Erde herab, Taubendreck aber fällt<br />
geradewegs wie ein Stein gegen Ihre Windschutzscheibe. Ein<br />
Golfball scheint zuweilen auf dem Rasen hin und her zu<br />
rollen, fast so, als ob er sich überlegte, wo es l<strong>an</strong>ggehen soll.