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Geschäftsbericht 2008

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Mehrheitsverhältnisse in diesem Ausschuss auch<br />

die Änderungsanträge der sozialistischen Fraktion<br />

angenommen. Letztlich ist es aber in langwierigen<br />

Verhandlungen zwischen Kommission, Rat und<br />

Parlament (Trilog) gelungen, die sozialistische<br />

Fraktion davon zu überzeugen, ihre Änderungsanträge<br />

zurückzuziehen. Die Sozialpartnervorschläge<br />

sollen nun lediglich um eine geringe Anzahl von<br />

Kompromissformulierungen ergänzt werden, die<br />

auch von Arbeitgeberseite akzeptiert werden können.<br />

Der im Trilog gefundene Kompromiss hat den<br />

Weg dafür eröffnet, dass der Richtlinienvorschlag<br />

der Kommission und die darauf basierenden Sozialpartnervorschläge<br />

im Kern erhalten bleiben und<br />

die Grundlage für eine Verabschiedung durch das<br />

Plenum des EP und den Rat noch im Dezember<br />

<strong>2008</strong> bilden. Damit würde sichergestellt, dass die<br />

Unternehmen und ihre Arbeitnehmervertreter über<br />

praxistaugliche und stabile rechtliche Rahmenbedingungen<br />

verfügen, die für eine vertrauensvolle<br />

Zusammenarbeit im Rahmen der Europäischen<br />

Betriebsräte notwendig sind.<br />

Die BDA hat zu diesem Thema den kompakt<br />

„Europäische Betriebsräte“ veröffentlicht.<br />

Neue Antidiskriminierungsrichtlinie<br />

schafft nur zusätzliche<br />

Bürokratie<br />

Immer wieder hat die BDA auf den „Perpetuummobile“-Effekt<br />

hingewiesen, der eintreten kann,<br />

wenn europäische Gesetzgebung bei der nationalen<br />

Umsetzung übererfüllt wird. Genau dies<br />

zeigt sich beim Antidiskriminierungsrecht leider<br />

exemplarisch, wie prognostiziert. Die große Koalition<br />

in Berlin hat mit dem AGG mehr getan, als<br />

das europäische Recht in bestehenden Richtlinien<br />

gegen Diskriminierung verlangt. In der Richtlinien-<br />

Umsetzungsgesetzgebung wurde die europäische<br />

Ebene instrumentalisiert, um gesetzgeberische<br />

Ziele, die sich politisch im rein nationalen Gesetzgebungsprozess<br />

nicht ohne weiteres hätten<br />

durchsetzen lassen können, unter dem Vorwand<br />

des Zwangs der Umsetzung europäischen Rechts<br />

quasi „durch die Hintertür“ durchzusetzen. Nun<br />

beruft sich die Kommission auf solche nationale<br />

Übererfüllung wie im AGG, um diese zum europäischen<br />

Standard zu erheben. Damit ist das „Perpetuum<br />

mobile“ kreiert – einmal in Gang gesetzt,<br />

bleibt es ewig in Bewegung. Denn nun folgt der<br />

nationalen Übererfüllung ein Vorschlag für einen<br />

neuen europäischen Mindeststandard im Bereich<br />

der Antidiskriminierung und so schaukelt sich die<br />

Regelungswut und Bürokratie immer weiter hoch.<br />

Deshalb muss die Forderung nach einer 1:1-Umsetzung<br />

europäischen Rechts und dem Verzicht<br />

auf Übererfüllung im Rahmen von Umsetzungsgesetzen<br />

nochmals deutlich unterstrichen werden.<br />

Am 2. Juli <strong>2008</strong> legte die EU-Kommission ihren<br />

Vorschlag für eine neue Antidiskriminierungsrichtlinie<br />

vor. Das Ziel dieser zusätzlichen Antidiskriminierungsrichtlinie<br />

ist die Anwendung des<br />

Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet<br />

der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung,<br />

des Alters oder der sexuellen Ausrichtung<br />

künftig auch außerhalb des Arbeitsrechtes,<br />

also im allgemeinen Zivilrecht.<br />

Diese Richtlinie hätte zur Folge, dass die Vertragsfreiheit<br />

im gesamten Zivilrecht beschränkt würde.<br />

Damit verbunden wären darüber hinaus neue<br />

Regulierung, hohe Kosten und schädliche zusätzliche<br />

Bürokratie anstatt besserer Rechtsetzung.<br />

Aufgrund der Beweislastumkehr wären Anbieter<br />

von Gütern und Dienstleistungen faktisch zu einer<br />

systematischen und umfassenden Dokumentation<br />

und Archivierung der eigenen Beweggründe für<br />

die Auswahl ihrer Vertragspartner gezwungen. Die<br />

Richtlinie würde erheblichen Änderungsbedarf im<br />

deutschen Recht auslösen. Die Aufrechterhaltung<br />

der Beschränkung des Benachteiligungsverbots<br />

auf Massengeschäfte wäre z. B. nicht mehr möglich.<br />

Auch müssten gänzlich neue „angemessene<br />

Vorkehrungen“ für Behinderte aufgenommen werden,<br />

damit diese besseren Zugang zu Waren oder<br />

Dienstleistungen erhalten. Wer wollte da entscheiden,<br />

wo der Aufwand vertretbar wäre für größere<br />

bauliche Veränderungen, etwa für Rollstuhlfahrer?<br />

Wäre Preisauszeichnungspflicht in Blindenschrift<br />

„angemessen“? Fragen über Fragen und große<br />

Unsicherheit darüber, was wirklich mehr verlangt<br />

wird, wären die Folge.<br />

Die BDA hatte im Vorfeld der Vorlage intensive<br />

Gespräche geführt und ihre Argumente gegen<br />

eine weitere Antidiskriminierungsrichtlinie bei<br />

zahlreichen Gelegenheiten öffentlich vorgetragen.<br />

124 BDA | <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2008</strong> | Europa und Internationales

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