Geschäftsbericht 2008
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Tarifjahr <strong>2008</strong> – differenzierte<br />
und vernüftige Abschlüsse<br />
Das Tarifjahr <strong>2008</strong> war geprägt durch hohe Lohnforderungen<br />
und eine spürbar gestiegene Streikbereitschaft<br />
der Gewerkschaften. Während das<br />
erste Halbjahr noch vom Aufschwung gezeichnet<br />
war, wurde die zweite Jahreshälfte von den Auswirkungen<br />
der weltweiten Finanzmarktkrise überschattet.<br />
Insofern ist es insgesamt ein positives<br />
Signal, dass die Tarifabschlüsse von Branche zu<br />
Branche ein beachtliches Maß an Differenzierung<br />
erkennen lassen. Damit ist es trotz entgegenstehender<br />
Vorzeichen gelungen, die vernünftige Tarifpolitik<br />
der vergangenen Jahre fortzusetzen.<br />
Die Tarifverhandlungen in der ersten Jahreshälfte<br />
standen noch ganz im Zeichen der guten<br />
wirtschaftlichen Entwicklung der beiden Vorjahre.<br />
Warnungen vor einer konjunkturellen Eintrübung<br />
blieben bei den Gewerkschaften ungehört. Vielmehr<br />
standen Forderungen nach 7 bis 8 % mehr<br />
Lohn auf der Tagesordnung. Grund für dieses<br />
tarifpolitisch aufgeheizte Klima lieferte das Gefühl<br />
auf der Arbeitnehmerseite, angeblich am<br />
Aufschwung nicht oder nur unzureichend beteiligt<br />
gewesen zu sein. Sogar von Teilen der Politik und<br />
der Regierung wurde für hohe Tarifabschlüsse<br />
geworben. Dabei hatte gerade die Lohnpolitik der<br />
Vorjahre dazu beigetragen, dass der Aufschwung<br />
möglich wurde und auch bei den Arbeitnehmern<br />
ankam – nicht nur in Form von deutlichen Lohnsteigerungen<br />
in den meisten Branchen, sondern<br />
vor allem auch durch rund 1,5 Mio. zusätzliche<br />
Arbeitsplätze. Infolge hoher Steuerbelastungen,<br />
z. B. durch die kalte Progression, und gleichzeitig<br />
steigender Sozialversicherungsbeiträge blieb<br />
allerdings den Arbeitnehmern netto nicht einmal<br />
mehr die Hälfte der Lohnerhöhungen.<br />
Trotz des allgemeinen Druckes nach höheren<br />
Abschlüssen sind die Ergebnisse der Tarifverhandlungen<br />
äußerst differenziert. Sie schwanken in<br />
einer Bandbreite von 2,1 % in der Papierindustrie<br />
bis 5,2 % in der Stahlindustrie. Durch ein hohes<br />
Maß an flexiblen Entgeltbestandteilen konnte die<br />
Kostenbelastung für die Unternehmen in einem<br />
vertretbaren Rahmen gehalten werden. Beispielhaft<br />
ist dabei insbesondere der Tarifabschluss in<br />
der chemischen Industrie, der ein hohes Maß an<br />
Differenzierung auf betrieblicher Ebene zulässt.<br />
Darüber hinaus haben aber auch Nullmonate und<br />
im Vergleich zu vorherigen Tarifrunden die deutlich<br />
längere Laufzeit von bis zu drei Jahren mit mehrstufigen<br />
Lohnerhöhungen zur Kostenentlastung<br />
beigetragen.<br />
Die zweite Hälfte des Tarifjahres <strong>2008</strong> war<br />
geprägt von der beginnenden globalen Konjunkturschwäche,<br />
die – beschleunigt durch die Finanzmarktkrise<br />
– in wachsender Intensität und Geschwindigkeit<br />
auch die deutsche Wirtschaft erfasst<br />
hat. Dies zeigt sich in einigen Branchen bereits in<br />
dramatischen Auftragseinbrüchen, allen voran in<br />
der Automobilindustrie und bei deren Zulieferern.<br />
Den Gewerkschaften fiel es vor dem Hintergrund<br />
der übersteigerten Erwartungshaltung aus dem<br />
ersten Halbjahr sehr schwer, sich den geänderten<br />
Rahmenbedingungen anzupassen.<br />
Vor diesem Hintergrund erweist sich insbesondere<br />
der Tarifabschluss in der Metall- und<br />
Elektroindustrie als ein Zeichen der Vernunft und<br />
beweist, dass die Tarifpartner auch in schwierigsten<br />
Situationen verantwortungsvoll handeln und<br />
sich den geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
anpassen können.<br />
Ausgewählte Tarifabschlüsse<br />
des Jahres <strong>2008</strong><br />
Der erste große und zugleich sehr hohe Abschluss<br />
der Tarifrunde <strong>2008</strong> wurde Ende Februar in der<br />
Stahlindustrie mit der IG Metall vereinbart. Nach<br />
einem Nullmonat, für den eine Einmalzahlung von<br />
200 € zu leisten ist, sieht der Tarifvertrag bei einer<br />
insgesamt 14-monatigen Laufzeit eine tabellarische<br />
Entgeltanhebung von 5,2 % vor. Dieses<br />
Ergebnis spiegelt in erster Linie die damalige konjunkturelle<br />
Sondersituation in der Branche wider.<br />
Mitte März hat die Bekleidungs- und Textilindustrie<br />
eine tabellenwirksame Entgelterhöhung<br />
von 3,6 % zuzüglich einer variabel ausgestalteten<br />
Einmalzahlung von 200 € bei drei Nullmonaten<br />
und einer Gesamtlaufzeit von zwölf Monaten vereinbart.<br />
74 BDA | <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2008</strong> | Tarifpolitik