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Geschäftsbericht 2008

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Zeitarbeitsrichtlinie erkennt<br />

beschäftigungspolitische<br />

Bedeutung der Zeitarbeit an<br />

Auf europäischer Ebene hat das Europäische<br />

Parlament am 22. Oktober <strong>2008</strong> die Zeitarbeitsrichtlinie<br />

angenommen (vgl. im Einzelnen Kapitel<br />

„Europa und Internationales“). Nach Inkrafttreten<br />

der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten drei Jahre<br />

Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.<br />

Zentraler Punkt der Zeitarbeitsrichtlinie ist<br />

der Grundsatz der Nichtdiskriminierung bzw. der<br />

Gleichbehandlungsgrundsatz, wonach ein Zeitarbeitnehmer<br />

grundsätzlich entsprechend einem<br />

vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers behandelt<br />

werden muss. Dieser Gleichbehandlungsgrundsatz<br />

ist in Deutschland bereits seit dem 1.<br />

Januar 2004 geltendes Recht. Das deutsche Zeitarbeitsrecht<br />

entspricht insofern bereits der Richtlinie.<br />

Die Möglichkeit, durch tarifvertragliche Vereinbarungen<br />

von diesem Grundsatz abzuweichen,<br />

sieht auch die Richtlinie unverändert vor. Einer<br />

Änderung des deutschen Rechts bedarf es daher<br />

insoweit nicht. Positiv ist hervorzuheben, dass die<br />

Zeitarbeitsrichtlinie die Bedeutung der Zeitarbeit<br />

im Interesse der Unternehmen und Arbeitnehmer<br />

anerkennt und Einschränkungen und Verbote nur<br />

noch unter engen Voraussetzungen zulässt. Aktuelle<br />

Forderungen nach einer Einschränkung der<br />

Zeitarbeit müssen damit vom Tisch.<br />

Die BDA hat zu diesem Thema den kompakt<br />

„Zeitarbeit“ sowie die argumente „Jobmotor<br />

Zeitarbeit“ veröffentlicht.<br />

Tarifautonomie braucht<br />

Tarifeinheit<br />

Zunehmend versuchen Sparten- und Berufsgewerkschaften,<br />

ihre Schlüsselposition auszunutzen<br />

und trotz eines alle Beschäftigten umfassenden<br />

Tarifvertrages einen zusätzlichen Spartentarifvertrag<br />

durchzusetzen. Dadurch wird der Grundsatz<br />

der Tarifeinheit, nach dem in einem Betrieb grundsätzlich<br />

nur ein Tarifvertrag angewendet wird, in<br />

Frage gestellt. Der Grundsatz der Tarifeinheit ist<br />

ein Garant für die tarifliche Friedenspflicht und damit<br />

eine tragende Säule unseres funktionierenden<br />

Tarifvertragssystems. Unternehmen müssen sich<br />

jedoch darauf verlassen können, während der<br />

Laufzeit eines Tarifvertrages keinen weiteren Tarifforderungen<br />

ausgesetzt zu werden.<br />

Die Entwicklungen bei der Deutsche Lufthansa<br />

AG und bei der Deutsche Bahn AG haben<br />

gezeigt, wohin die Zerfaserung der Tariflandschaft<br />

führt: Die Unternehmen sehen sich immer wieder<br />

mit neuen, sich gegenseitig hochschaukelnden<br />

Tarifforderungen und Streiks von Spartengewerkschaften<br />

konfrontiert. Die Bahn musste einen<br />

hohen Preis dafür zahlen, dass die im Konzern<br />

vertretenen Gewerkschaften zum Abschluss von<br />

Vereinbarungen bereit waren, in denen sie sich<br />

verpflichten, ihre jeweiligen Zuständigkeitsbereiche<br />

zu respektieren. Eine Kooperationsvereinbarung<br />

zwischen den Gewerkschaften ist bisher<br />

jedoch nicht zustande gekommen. Bei der Lufthansa<br />

zeichnen sich immer wieder Konflikte ab,<br />

die mit dem Aufbrechen der Tarifeinheit verbunden<br />

sind. So hat z. B. die Spartengewerkschaft<br />

für das Kabinenpersonal UFO angekündigt, in<br />

den Tarifverhandlungen eine über den ver.di-Abschluss<br />

hinausgehende Forderung nach mindestens<br />

15 % mehr Lohn aufstellen zu wollen. Eine<br />

entsprechende Entgelterhöhung hätte wegen der<br />

bestehenden Revisionsklausel zwangsläufig ein<br />

Nachverhandeln von ver.di zur Folge. Ein weiteres<br />

Hochschaukeln wäre vorprogrammiert.<br />

Der Flächentarifvertrag und mit ihm die Tarifautonomie<br />

sind akut gefährdet, wenn diese Entwicklung<br />

nicht gestoppt wird. Es darf in Deutschland<br />

nicht zu Verhältnissen kommen, wie es sie<br />

in England in den 1970er Jahren gab. Ohne Friedenspflicht<br />

besteht für die Unternehmen die Gefahr<br />

ständiger Tarifauseinandersetzungen oder<br />

gar Streiks. Eine Spartengewerkschaft mit hohem<br />

Erpressungspotenzial könnte jederzeit Arbeitskämpfe<br />

um tarifvertragliche Regelungen führen,<br />

die bereits in einem anderen Tarifvertrag geregelt<br />

sind. Dies hätte erhebliche Auswirkungen auf die<br />

Motivation, sich den Regeln eines Tarifvertrages<br />

für die ganze Branche oder für das gesamte Unternehmen<br />

zu unterwerfen. Trotz eines geltenden<br />

Tarifvertrages muss der Arbeitgeber immer wieder<br />

mit Arbeitskämpfen rechnen.<br />

Auch für die betriebliche Praxis besteht ein<br />

großes Bedürfnis nach Anwendung nur eines<br />

einheitlichen, für alle Beschäftigten geltenden<br />

86 BDA | <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2008</strong> | Tarifpolitik

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