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Geschäftsbericht 2008

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Arbeitsrecht beschäftigungsfördernd<br />

kodifizieren<br />

Das deutsche Arbeitsrecht gleicht einem Dschungel.<br />

Es ist unübersichtlich, teils widersprüchlich<br />

und daher häufig nur mithilfe eines Fachmanns<br />

durchschaubar. Im Jahr 2009 sind allein durch das<br />

Pflegezeitgesetz eine Vielzahl von nicht geklärten<br />

neuen Fragen aufgeworfen worden, die die Unternehmen<br />

mit großer Rechtsunsicherheit belasten,<br />

obwohl es für dieses Gesetz keine Veranlassung<br />

gegeben hat. Neben der Gesetzgebung trägt die<br />

Rechtsprechung ihren Anteil dazu bei, dass bereits<br />

im Ansatz unklare gesetzliche Regelungen weiter<br />

verkompliziert und undurchschaubarer werden.<br />

So hat es z. B. das Landesarbeitsgericht Berlin-<br />

Brandenburg als eines von 15 Obergerichten des<br />

Arbeitsrechts in Deutschland als Indizbeweis für<br />

eine Diskriminierung anerkannt, wenn in einem<br />

Unternehmen mit schlanken Führungsstrukturen<br />

von wenigen Mitarbeitern in bestimmten Positionen<br />

in erster Linie Mitarbeiter des einen Geschlechts<br />

eingesetzt werden, während in anderen<br />

Positionen Mitarbeiter des anderen Geschlechts<br />

in der Überzahl sind. Entscheiden muss nun das<br />

Bundesarbeitsgericht.<br />

Das sind nur zwei Entwicklungen aus der<br />

zweiten Jahreshälfte <strong>2008</strong>, die schlaglichtartig belegen,<br />

dass das deutsche Arbeitsrecht vor allem<br />

Rechtsunsicherheit und Unklarheit hervorruft.<br />

Diese Rechtsunsicherheit und Unklarheit führen<br />

im Ergebnis dazu, dass das Arbeitsrecht keine<br />

positiven Beschäftigungsimpulse aussendet. Arbeitsrecht<br />

sollte aber als zentraler Baustein der<br />

Gesamtwirtschaftsordnung in besonderem Maße<br />

einen Beitrag dazu leisten, dass Arbeitsplätze geschaffen<br />

werden können.<br />

Ein Weg zu mehr Rechtssicherheit und Klarheit<br />

im Arbeitsrecht kann die Kodifizierung des<br />

deutschen Arbeitsrechts, vor allem des Arbeitsvertragsrechts,<br />

in einem Gesetzbuch sein. Eine<br />

solche Kodifikation kann nur dann Beschäftigungsimpulse<br />

setzen, wenn sie klare und übersichtliche<br />

Rechtsregeln für die Arbeitsbeziehung zwischen<br />

Arbeitnehmer und Arbeitgeber schafft.<br />

Die BDA hat sich daher intensiv an dem Diskussionsprozess<br />

um den im Auftrag der Bertelsmann<br />

Stiftung erstellten Diskussionsentwurf eines<br />

Arbeitsvertragsgesetzes beteiligt. Wir sind dabei<br />

zu dem Ergebnis gekommen, dass dieser Diskussionsentwurf<br />

in seinem jetzigen Stadium nicht die<br />

Voraussetzungen erfüllt, das Arbeitsrecht beschäftigungsfördernd<br />

weiterzuentwickeln. Er kann in der<br />

nunmehr vorliegenden dritten Aufarbeitung noch<br />

keine Grundlage für die Kodifikation des Arbeitsvertragsrechts<br />

sein.<br />

Der Entwurf enthält zahlreiche neue Regelungen,<br />

die bereits allein dadurch, dass die<br />

bestehende Systematik und die Wortwahl verändert<br />

werden, neue Rechtsfragen und Risiken für<br />

das Arbeitsrecht mit sich bringen. Ein Beispiel:<br />

Kündigungen, die während der ersten sechs<br />

Monate des Bestehens des Arbeitsverhältnisses<br />

ausgesprochen werden, sollen auf ihre Verhältnismäßigkeit<br />

überprüft werden können. Selbst wenn<br />

die Entwurfsverfasser keine Änderungen der<br />

geltenden Rechtslage gewollt haben, haben sie<br />

eine solche aber mit der gewählten Formulierung<br />

und vor allem der neuen Systematik geschaffen.<br />

Eine solche Regelung bedeutete die Einführung<br />

eines Kündigungsschutzes während der heute<br />

noch bestehenden Wartezeit. Eine bewusste Verschlechterung<br />

bedeutet demgegenüber der Vorschlag,<br />

den Bezugspunkt für den Schwellenwert<br />

durch eine Neuregelung im Entwurf zu ändern.<br />

Der Schwellenwert von zehn Arbeitnehmern für<br />

die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzes wird<br />

zwar beibehalten. Allerdings sieht der Entwurf vor,<br />

dass bei der Ermittlung der Arbeitnehmerzahl auf<br />

das Unternehmen und nicht wie bisher auf den<br />

Betrieb abzustellen ist. Dies würde zu einer massiven<br />

Ausdehnung des Anwendungsbereiches<br />

des Kündigungsschutzes führen.<br />

Ein für die Arbeitsbeziehungen und die gesamte<br />

Wirtschaftsordnung zentrales Vorhaben<br />

wie die Kodifikation des Arbeitsrechts bedarf nach<br />

alldem vielfältiger, systematischer und abgewogener<br />

Vorarbeiten, um die mit seiner Umsetzung<br />

verbundene Rechtsunsicherheit so gering wie<br />

möglich zu halten und gleichzeitig stringente und<br />

in sich schlüssige Regelungen zu schaffen, die<br />

sich widerspruchsfrei in das Gesamtkonzept des<br />

Arbeitsrechts mit seinen vielfältigen auch kollektivrechtlichen<br />

Bezügen einpassen. Die Kodifikation<br />

des Arbeitsvertragsrechts darf nicht über das Knie<br />

gebrochen werden.<br />

50 BDA | <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2008</strong> | Arbeitsrecht

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