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Geschäftsbericht 2008

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Tarifwerkes. Eine Aufgabe des Grundsatzes der<br />

Tarifeinheit würde zu zahlreichen nur schwer lösbaren<br />

Problemen führen: Der Arbeitgeber müsste<br />

z. B. die Gewerkschaftszugehörigkeit seiner Arbeitnehmer<br />

erfragen, um den richtigen Tarifvertrag<br />

anzuwenden. Auch inhaltliche Unterschiede<br />

zwischen den einzelnen Tarifverträgen würden zu<br />

erheblichen Schwierigkeiten führen. Bei den Arbeitsbedingungen<br />

wie z. B. der Arbeitszeit lassen<br />

sich unterschiedliche tarifvertragliche Regelungen<br />

in einem Betrieb praktisch nicht umsetzen.<br />

Das Bundesarbeitsgericht hält im Wesentlichen<br />

seit 1957 am Grundsatz der Tarifeinheit fest.<br />

Unterschiedliche Entscheidungen der Instanzgerichte<br />

zum Grundsatz der Tarifeinheit und zum<br />

Streikrecht von Spartengewerkschaften haben<br />

aber zu Rechtsunsicherheiten geführt. Zu deren<br />

Klärung können die Tarifvertragsparteien gemeinsam<br />

Lösungen für ein geordnetes Verfahren entwickeln.<br />

Sie können Tarifgemeinschaften bilden<br />

oder obligatorische Schlichtungsvereinbarungen<br />

treffen. Darüber hinaus sollte aber auch der Gesetzgeber<br />

handeln und durch die Bekräftigung des<br />

Grundsatzes der Tarifeinheit die Friedensfunktion<br />

des Flächentarifvertrages sichern.<br />

Die BDA hat zu diesem Thema den kompakt<br />

„Tarifrecht modernisieren“ veröffentlicht.<br />

Tariftreueregelungen rechtlich<br />

vor dem Aus<br />

Der EuGH hat den bestehenden Tariftreueregelungen<br />

in erfreulicher Klarheit eine Absage erteilt.<br />

So hat er in der Rechtssache „Rüffert“ am 3. April<br />

<strong>2008</strong> (C - 346 / 06) entschieden, dass die Abgabe<br />

einer Tariftreueerklärung, mit der sich der Auftragnehmer<br />

bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zur<br />

Einhaltung von Tarifverträgen verpflichtet und wie<br />

sie im Niedersächsischen Landesvergabegesetz<br />

vorgesehen ist, nicht mit der Entsenderichtlinie<br />

und der europäischen Dienstleistungsfreiheit vereinbar<br />

ist. In einer weiteren Entscheidung vom<br />

19. Juni <strong>2008</strong> in der Rechtssache „Kommission ./.<br />

Luxemburg“ (C - 319 / 06) hat der EuGH diese<br />

Rechtsprechung bestätigt und ausgeweitet. Artikel<br />

3 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 96 / 71 / EG<br />

(Entsenderichtlinie) benenne abschließend die<br />

Rechtsinstrumente, mit denen die den entsandten<br />

Arbeitnehmern garantierten Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen<br />

des Aufnahmemitgliedstaats<br />

festgelegt werden können.<br />

Als erste Reaktion auf die „Rüffert“-Entscheidung<br />

haben alle Bundesländer, deren Landesvergabegesetze<br />

Tariftreueregelungen enthalten<br />

(Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen,<br />

Saarland und Schleswig-Holstein),<br />

die verwaltungsinterne Anweisung gegeben, bis<br />

auf weiteres im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe<br />

keine Tariftreueerklärung mehr zu fordern.<br />

Darüber hinaus sind die Landesgesetzgeber<br />

nun gefordert, die Vergabevorschriften europarechtskonform<br />

zu gestalten.<br />

Folgen haben die Entscheidungen des Europäischen<br />

Gerichtshofs auch auf das laufende<br />

Gesetzgebungsverfahren zur Modernisierung<br />

des Vergaberechts des Bundes. Auch dort soll<br />

eine Regelung aufgenommen werden, auf deren<br />

Grundlage es zukünftig möglich sein soll, für die<br />

Auftragsausführung zusätzliche Anforderungen<br />

an Auftragnehmer zu stellen, die insbesondere<br />

soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte<br />

betreffen, wenn sie im sachlichen Zusammenhang<br />

mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus<br />

der Leistungsbeschreibung ergeben.<br />

Die BDA hat sich frühzeitig gegen die Einführung<br />

vergabefremder Aspekte in das Vergaberecht<br />

ausgesprochen. Die im Gesetzentwurf zur Modernisierung<br />

des Vergaberechts vorgeschlagene Ergänzung<br />

des § 97 Abs. 4 GWB um vergabefremde<br />

Kriterien wird dem Ziel, das Vergaberecht zu<br />

vereinfachen und dabei transparenter und mittelstandsfreundlicher<br />

zu gestalten, nicht gerecht. Mit<br />

jedem zusätzlichen Vergabekriterium wächst die<br />

Bürokratie bei der Ausschreibung sowohl für die<br />

Unternehmen als auch für die ausschreibende Verwaltung.<br />

Außerdem wird eine erhebliche Rechtsunsicherheit<br />

geschaffen. Unabhängig von den mit<br />

den vergabefremden Kriterien verfolgten konkreten<br />

politischen Zielen erweist sich das Vergaberecht<br />

nicht als probates Mittel zu deren Umsetzung. Die<br />

Berücksichtigung vergabefremder Aspekte, namentlich<br />

sozialer und umweltbezogener Aspekte,<br />

verfälscht den Wettbewerb um das wirtschaftlichste<br />

Angebot zu Lasten der öffentlichen Haushalte.<br />

Über allgemeinverbindliche Mindestlöhne nach<br />

dem Entsendegesetz hinaus besteht vor dem Hin-<br />

88 BDA | <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2008</strong> | Tarifpolitik

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