Kinder & Jugend
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112 10. <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>bericht der Landesregierung Nordrhein-Westfalen<br />
besonderen Wert, drei Viertel bezogen Befragungen von<br />
<strong>Kinder</strong>n und <strong>Jugend</strong>lichen in das Projektdesign ein. Auch<br />
Kooperationen spielten in den Angeboten eine erhebliche<br />
Rolle: <strong>Jugend</strong>einrichtungen, die <strong>Jugend</strong>ämter, Beratungseinrichtungen<br />
und Schulen waren besonders häufig beteiligt.<br />
Der Kooperation mit den <strong>Jugend</strong>ämtern wurde dabei<br />
der höchste Stellenwert für das Gelingen des Projektes<br />
beigemessen, dies sicher auch vor dem Hintergrund des<br />
Wunsches, die Projekte fortsetzen zu können (s.o.). Darüber<br />
hinaus gelang es in den Maßnahmen, sowohl neue<br />
Gruppen von <strong>Jugend</strong>lichen bzw. Pools von Expertinnen<br />
und Experten aufzubauen als auch Netzwerke oder Runde<br />
Tische zu initiieren.<br />
Die Offene <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>arbeit hat sich darüber hinaus<br />
in den zurückliegenden Jahren auf neue gesellschaftliche<br />
und sozialpolitische Entwicklungen eingestellt. Gerade<br />
für junge Menschen, die bei der Optionsvielfalt im Freizeitbereich<br />
nicht oder nur geringfügig teilhaben können, ist die<br />
Offene <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>arbeit oftmals der einzige Ort,<br />
an dem sie sich treffen, ihre Freizeit verbringen und auch<br />
Hilfe und Beratung bei der Bewältigung ihrer Alltagskonflikte<br />
oder Fragen nach der beruflichen Zukunft erwarten<br />
und erhalten. In diesem Kontext machen sich viele Einrichtungen<br />
auf den Weg, z. B. im Bereich der kulturellen<br />
Bildung neue Angebotsformen oder -profile zu entwickeln.<br />
Beispielsweise ist im Rahmen des Landesprogramms Kulturrucksack<br />
NRW seit Beginn im Jahr 2012 viel Wert auf<br />
die Kooperation von Kultur- und <strong>Jugend</strong>einrichtungen vor<br />
Ort gelegt worden, um aus den spezifischen Erfahrungen<br />
beider Seiten in der Planung und Umsetzung von kulturellen<br />
Bildungsangeboten für zehn- bis 14-jährige <strong>Kinder</strong> und<br />
<strong>Jugend</strong>liche Synergien zu erzeugen. Die Zusammenarbeit<br />
der Einrichtungen (aber auch der kommunalen Verwaltungen<br />
für Kultur und <strong>Jugend</strong>) ist dadurch in Bewegung<br />
geraten. Im Rahmen der Initiative des Landes „<strong>Kinder</strong>- und<br />
<strong>Jugend</strong>kulturland NRW“ (s. Kap. 22) trägt auch die Arbeitsstelle<br />
für Kulturelle Bildung in Schule und <strong>Jugend</strong>arbeit bei<br />
der Akademie für Kulturelle Bildung des Bundes und des<br />
Landes NRW diesen Impuls voran: Sie führt Praxistage<br />
für <strong>Jugend</strong>einrichtungen („Tür auf für Kultur!“) durch und<br />
moderiert daraus entstehende regionale Arbeitskreise<br />
„Kulturelle Bildung in der <strong>Jugend</strong>arbeit“. Die Erfahrung<br />
ist, dass diese Vernetzungen, Austausch- und Qualifizierungsmöglichkeiten<br />
von den Einrichtungen gewünscht und<br />
genutzt werden.<br />
Auch sind <strong>Kinder</strong> und <strong>Jugend</strong>liche mit Migrationshintergrund<br />
in vielen Einrichtungen gut eingebunden und<br />
werden durch vorhandene Konzepte der interkulturellen<br />
Öffnung angesprochen. Dazu gehören Erweiterungsmöglichkeiten<br />
in der Raumnutzung, öffentliche Inszenierungen<br />
mit dem Ziel, sich öffentliche Räume anzueignen und die<br />
Deutungshoheit darüber zu gewinnen. Weiterhin entwickelt<br />
sich die Offene <strong>Jugend</strong>arbeit auch als sozialraumorientierte<br />
Arbeit weiter, d. h. sie stellt Verbindungen mit dem<br />
Stadtteil/der Lebenswelt her und wird zu einem Motor<br />
der Kooperation mit anderen Institutionen und Orten im<br />
Stadtteil. Dieser Prozess beschleunigt sich in jüngerer Vergangenheit<br />
durch die Arbeit mit neu zugewanderten und<br />
geflüchteten <strong>Kinder</strong>n. Eingebettet in den Stadtteil/Sozialraum<br />
sind die Einrichtungen bereits in vielfältige Aktivitäten<br />
eingebunden oder entwickeln z. T. aus bestehenden<br />
Ressourcen besondere Angebote, die einen Beitrag zur<br />
Integration der zugewanderten <strong>Kinder</strong> und <strong>Jugend</strong>lichen<br />
leisten und – z. B. über Spielangebote in Erstunterkünften<br />
– sie an die Regelangebote der Einrichtungen heranführen<br />
sollen. Mit ihren Erfahrungen im Bereich der interkulturellen<br />
<strong>Jugend</strong>arbeit erweitern die Fachkräfte das fachliche<br />
Spektrum ihrer Einrichtungen im Sozialraum und können<br />
eigene Impulse für die Weiterentwicklung aufgreifen.<br />
Damit kommt die Offene <strong>Jugend</strong>arbeit auch dem Auftrag in<br />
§ 1 Abs. 3 SGB VIII nach, eine Strategie der Teilhabe zur<br />
Revitalisierung von Stadtteilen aus dem Blick der <strong>Kinder</strong><br />
und <strong>Jugend</strong>lichen zu entwickeln und umzusetzen (Näheres<br />
in Deinet 2013). Hier entwickelt sie auch eine Nähe zu den<br />
Hilfen zur Erziehung, denn die Offene <strong>Jugend</strong>arbeit bietet<br />
auch Beratungs- und Hilfsangebote an, ohne dass sie sich<br />
als „Vorfeld“ der Hilfen zur Erziehung versteht. Dies wird<br />
an Beispielen wie sozialer Gruppenarbeit, Betreuungsangeboten<br />
für <strong>Kinder</strong>, mobiler aufsuchender <strong>Jugend</strong>arbeit,<br />
Präventionsangeboten in Zusammenarbeit mit der Schule,<br />
an „Mutter-Kind-Cafés“ u. a. m. bereits deutlich. Diese<br />
Positionierung der OKJA als präventives Hilfesystem bzw.<br />
als Schnittstelle zu anderen Hilfen stellt, wie die vom Land<br />
geförderte exemplarische Studie von Deinet/Nüsken u.a.<br />
(2015) zeigt, auch für kommunale Akteure der öffentlichen<br />
und freien Träger der <strong>Jugend</strong>hilfe eine Entwicklungsperspektive<br />
dar.<br />
Eine wesentliche Anforderung zur Weiterentwicklung der<br />
OKJA ergibt sich aus den Veränderungen im Schulsystem<br />
und im Rahmen der insgesamt wachsenden Bedeutung aller<br />
Formen von Bildung. Sie hat vor allem in der Kooperation<br />
mit den Ganztagsschulen Impulse entwickelt, die das<br />
Schulleben bereichern, aber auch sichtbar machen, welche<br />
besondere spezifische Kompetenz und Attraktivität sie<br />
einbringen kann. Darüber hinaus hat sich die OKJA z. B.<br />
mit dem Projekt „Bildung(s)gestalten“ der AGOT NRW auf<br />
den Weg gemacht, erste Elemente einer veränderten und<br />
in kommunalen Bildungslandschaften verorteten Offenen<br />
<strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>arbeit zu entwickeln (s. Kap. 21). Auch<br />
die öffentlichen Träger der OKJA haben begonnen, die<br />
Angebote einer kritischen Würdigung zu unterziehen und<br />
Impulse zur Weiterentwicklung herauszuarbeiten. Sieben<br />
NRW-<strong>Jugend</strong>ämter beteiligen sich im Rahmen einer KJFP-<br />
Förderinitiative bis 2017 an Praxisentwicklungsprojekten