Kinder & Jugend
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46 10. <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>bericht der Landesregierung Nordrhein-Westfalen<br />
z. B. bezogen auf Moschee-Bauvorhaben oder über die<br />
Flüchtlings- und EU-Zuwanderungsdebatte.<br />
6.4 Islamismus/gewaltbereiter<br />
verfassungsfeindlicher Salafismus als<br />
Risikolage<br />
In den letzten Jahren ist in Deutschland ein größerer<br />
Zulauf zu entsprechenden salafistischen Netzwerken zu<br />
beobachten. Nordrhein-Westfalen ist im Bundesvergleich<br />
in besonderer Weise betroffen. Die Sicherheitsbehörden<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen weisen schon länger<br />
darauf hin, dass sich im Hinblick auf die Anhängerschaft<br />
des gewaltbereiten verfassungsfeindlichen Salafismus<br />
eine besorgniserregende Entwicklung vollzieht. Orte wie<br />
Bonn, Dinslaken, Duisburg, Düsseldorf, Solingen und<br />
Wuppertal geraten immer wieder in die Schlagzeilen im<br />
Zusammenhang mit diesen Netzwerken. Durch intensive<br />
mediale Berichterstattung gerät der extremistische Salafismus<br />
immer weiter in den öffentlichen Fokus. Anschläge<br />
und Anschlagsversuche aus jüngster Zeit verursachen<br />
Unsicherheiten und Ängste innerhalb der Bevölkerung.<br />
Rechtspopulisten und -extremisten profitieren von dieser<br />
Entwicklung, indem sie salafistische Radikalisierung<br />
nutzen, um den Islam in Deutschland in Gänze zu<br />
diskreditieren.<br />
Neben repressiven Maßnahmen der Sicherheitsbehörden<br />
gewinnt die Prävention von extremistischem Salafismus<br />
an Bedeutung. Eine effektive Präventionsarbeit ist eine<br />
gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Radikalisierung<br />
erfolgt heute in großen Teilen durch das Internet und<br />
soziale Netzwerke, durch Kontakte im Sozialraum und<br />
durch Kontakte zu extremistischen Netzwerken, die in der<br />
Öffentlichkeit agieren. Vermehrt sind auch Anwerbungsversuche<br />
von Flüchtlingen bekannt geworden, teils innerhalb<br />
von Unterkünften, zum großen Teil aber durch soziale<br />
Kontakte außerhalb der Unterkünfte und in den sozialen<br />
Netzwerken im Internet.<br />
Junge Menschen sind in besonderer Weise gefährdet sich<br />
zu radikalisieren. Die Suche nach Orientierung, Versagensängste<br />
oder ein instabiles soziales Umfeld bieten<br />
einen Nährboden für Anwerbungsversuche aus der extremistischen<br />
salafistischen Szene.<br />
Dabei folgt die Anwerbung und Radikalisierung meist einem<br />
Muster: Extremistischer Salafismus wird als Erlebniswelt<br />
„verkauft“, die insbesondere auf junge Menschen einen<br />
großen Reiz ausübt. Als <strong>Jugend</strong>kultur bedient sie sich<br />
eigener Sprache und Symbolik mit dem Ziel, bei jungen<br />
Menschen ein neues Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen.<br />
Präventive Ansätze müssen dieser vermeintlichen Attraktivität<br />
salafistischer Gruppen Alternativen entgegensetzen<br />
und Perspektiven aufzeigen. Sie müssen neben den<br />
Betroffenen selbst auch die Eltern, Lehrkräfte, das soziale<br />
Umfeld, die Fachkräfte der <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>arbeit<br />
und die Zivilgesellschaft als Ganzes in ihren Konzepten<br />
berücksichtigen. Die Einbindung muslimischer Akteurinnen<br />
und Akteure und deren Wissen sollte dabei eine besondere<br />
Bedeutung zukommen. Es bedarf eines gemeinsamen<br />
Vorgehens zur Förderung der Persönlichkeitsentwicklung<br />
und Demokratiebildung junger Menschen und zur Erkennung<br />
und Vermeidung von Radikalisierungsprozessen.<br />
6.5 Gewaltbetroffene Mädchen<br />
Ein Leitziel des Landes Nordrhein-Westfalen liegt im<br />
besonderen Schutz von Mädchen vor häuslicher und<br />
sexualisierter Gewalt. Eine Reihe von <strong>Jugend</strong>hilfeträgern<br />
befasst sich mit der Beratung und Unterstützung von<br />
Mädchen und jungen Frauen, die von Gewalt bedroht<br />
oder betroffen sind. Hierbei werden Betroffene durch<br />
geschlechtsspezifische Beratung befähigt, Bedrohungen<br />
durch Gewalt zu erkennen und zu lernen, sich durch entsprechende<br />
Hilfeangebote zu schützen. Hierzu bieten die<br />
LAG Autonome Mädchenhäuser, die LAG Mädchenarbeit,<br />
FUMA sowie örtliche <strong>Jugend</strong>hilfeträger in den Kommunen<br />
Kurse zur Selbststärkung und Selbstverteidigung speziell<br />
für Mädchen und junge Frauen an.<br />
So beraten und unterstützen auch die Mädchenhäuser in<br />
Bielefeld und Düsseldorf Mädchen ab zwölf Jahren und<br />
junge Frauen, die sich in einer schwierigen oder bedrohlichen<br />
Lebenslage befinden und sexualisierte, körperliche<br />
und seelische Gewalt erlebt haben. Darüber hinaus sollen<br />
sie darin gestärkt werden, neue Zukunftsperspektiven<br />
für sich zu entwickeln. Beratung für Angehörige und<br />
Bezugspersonen von Mädchen sowie Fallsupervision für<br />
Fachkräfte gehören ebenso zum Angebot der Mädchenhäuser<br />
wie die Unterstützung im Umgang bei Verdacht auf<br />
sexualisierte Gewalt.<br />
Die <strong>Jugend</strong>hilfeträger sind oft auch interkulturell und z. T.<br />
auch inklusiv ausgerichtet. Das Mädchenhaus Bielefeld<br />
entwickelt und erprobt dabei mit dem Modellprojekt „Gewaltprävention<br />
und Gewaltschutz für Mädchen und junge<br />
Frauen mit Behinderung/chronischer Erkrankung – Aufklärung,<br />
Sensibilisierung, Vernetzung und Hilfe; Entwicklung<br />
von Unterstützungsangeboten für Beratungseinrichtungen“<br />
passgenaue inklusive Angebote für Mädchen und junge<br />
Frauen zum Thema Gewaltprävention und Gewaltschutz<br />
insbesondere durch das Internet.<br />
6.6 Zwangsheirat<br />
Zwangsheirat manifestiert sich zum einen darin, dass<br />
in Deutschland lebende Migranten Mädchen oder junge