Kinder & Jugend
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187 Herausforderungen für die <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>hilfe in NRW<br />
Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die Ausgestaltung<br />
der Kooperation von Eltern und Institutionen eine<br />
wesentliche Aufgabe für die kommenden Jahre sein wird.<br />
Dabei können folgende Fragen von besonderer Bedeutung<br />
sein:<br />
• Welche neuen und wirksamen Kooperationsformen<br />
zwischen Institutionen und Eltern können entwickelt<br />
werden, um die unterschiedlichen Erwartungen in ein<br />
ausgewogeneres Verhältnis zueinander zu bringen?<br />
• Welcher organisatorischen Voraussetzungen – z. B. im<br />
Rahmen von Elternvertretungen, individuellen Beratungssettings,<br />
Mitbestimmungsregeln und Mitgestaltungsmöglichkeiten<br />
bei der Bestimmung pädagogischer<br />
Ziele und Angebote – bedarf es sowohl auf Seiten der<br />
Institutionen als auch auf Seiten „der“ Elternschaft, die<br />
sich hinsichtlich ihrer Erziehungsvorstellungen, kultureller<br />
Prägung und verfügbarer Ressourcen mannigfaltig<br />
unterscheiden?<br />
• Wie kann die Beteiligung und Mitwirkung auch jener<br />
Familien und Eltern unterstützt und aktiviert werden, die<br />
wenig beteiligungserfahren, in der Artikulation ihrer Interessen<br />
ungeübt sind oder aus unterschiedlichen Gründen<br />
Vorbehalte gegenüber Institutionen haben?<br />
• Wie kann – bei allen berechtigten Erwartungen von<br />
Eltern – gewährleistet werden, dass die Interessen und<br />
Bedürfnisse von jungen Menschen zentral für die Ausgestaltung<br />
dieser Angebote sind?<br />
Die Landesregierung sieht vor dem Hintergrund dieser<br />
Fragen die Notwendigkeit eines breiten gesellschaftlichen<br />
Diskurses über die Bedarfe, Erwartungshaltungen,<br />
Wünsche, Möglichkeiten und Grenzen der gesellschaftlich<br />
verantworteten Erziehung, Bildung und Betreuung junger<br />
Menschen bei gleichzeitiger zwingender Notwendigkeit<br />
einer Haushaltskonsolidierung aufgrund der verfassungsrechtlich<br />
vorgegebenen Einhaltung der Schuldenbremse<br />
im Jahr 2020.<br />
13. Rolle der <strong>Jugend</strong>ämter stärken<br />
Maßgeblich für die Ausgestaltung aller Leistungen der<br />
<strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>hilfe sind in Nordrhein-Westfalen die<br />
186 kommunalen <strong>Jugend</strong>ämter. Deren Fach- und Verwaltungsstrukturen<br />
sowie die zugehörigen <strong>Jugend</strong>hilfeausschüsse<br />
bilden das fachliche und administrative Rückgrat<br />
einer funktionierenden, auf Prävention, soziale Integration<br />
und Bildungsvermittlung orientierenden <strong>Kinder</strong>- und<br />
<strong>Jugend</strong>hilfe.<br />
Im vorliegenden Bericht ist an verschiedenen Stellen<br />
deutlich geworden, wie sehr sich die Anforderungen an<br />
die örtlichen öffentlichen Träger der <strong>Jugend</strong>hilfe in den<br />
zurückliegenden Jahren verändert und z. T. auch erweitert<br />
haben. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Größe ist die<br />
Leistungsfähigkeit der einzelnen <strong>Jugend</strong>ämter dabei differenziert<br />
zu bewerten. Die <strong>Jugend</strong>ämter in kleinen Mittleren<br />
kreisangehörigen Städten (ab 20.000 Einw.) verfügen zwar<br />
über eine größere Nähe zu ihren Klienten, können aber<br />
insbesondere aufgrund der Zahl der dort Beschäftigten<br />
nicht die fachliche Qualität erreichen, die in <strong>Jugend</strong>ämtern<br />
in Kreisen oder Großstädten eher zu finden ist. Auch ist<br />
zu bedenken, dass im Hinblick auf die Kooperation mit<br />
anderen Institutionen und Ämtern wie Schulen, Sozialund<br />
Gesundheitsämtern <strong>Jugend</strong>ämter in kleinen Mittleren<br />
kreisangehörigen Städten wenig vorteilhafte Ausgangsbedingungen<br />
haben.<br />
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal im Hinblick auf die<br />
Leistungsfähigkeit von <strong>Jugend</strong>ämtern ist die finanzielle<br />
Ausstattung, die oftmals von der finanziellen Gesamtsituation<br />
der jeweiligen Kommune abhängig ist. Seltener<br />
mit Blick auf die <strong>Kinder</strong>tagesbetreuung und die Hilfen zur<br />
Erziehung, dafür aber häufiger in Bezug auf die <strong>Kinder</strong>-<br />
und <strong>Jugend</strong>arbeit, die <strong>Jugend</strong>sozialarbeit und den<br />
erzieherischen <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>schutz lassen sich<br />
signifikante Unterschiede feststellen. So finden sich immer<br />
wieder Beispiele dafür, dass die <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>arbeit<br />
reduziert oder nicht weiter ausgebaut wird, weil sie nicht<br />
als Leistung eingestuft wird, die nach pflichtgemäßem<br />
Ermessen und vorheriger <strong>Jugend</strong>hilfeplanung zu erbringen<br />
ist.<br />
Die Weiterentwicklung der kommunalen Gestaltungsfähigkeit<br />
im Bereich der <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>hilfe wird auch<br />
davon abhängen, ob es gelingt, die örtlichen <strong>Jugend</strong>ämter<br />
zu stärken. Die Landesregierung ist der Überzeugung,<br />
dass starke, engagierte und kompetente <strong>Jugend</strong>ämter und<br />
leistungsfähige soziale Dienste die Voraussetzung dafür<br />
sind, die Leistungen und die notwendigen Prozesse des<br />
Wandels zu steuern. Dabei werden nach Einschätzung der<br />
Landesregierung folgende Fragen von Bedeutung sein:<br />
• Auf welchem Weg kann es gelingen, die Leistungsfähigkeit<br />
und die Steuerungsmöglichkeiten der – insbesondere<br />
„kleiner“ – <strong>Jugend</strong>ämter zu stärken?<br />
• Wie kann unter Moderation und Letztverantwortung der<br />
<strong>Jugend</strong>ämter der systematische Einbezug von Trägern,<br />
<strong>Kinder</strong>n, <strong>Jugend</strong>lichen und Eltern in die Bedarfsermittlungen,<br />
Planungsverfahren und konkreten fachlichen<br />
Ausgestaltungen weiterentwickelt werden? Welcher<br />
ggf. auch gesetzlichen Rahmenbedingungen bedarf es<br />
hierfür?