Kinder & Jugend
10-kinder-und-jugendbericht_nrw_web_0
10-kinder-und-jugendbericht_nrw_web_0
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
129 Entwicklungen in den Handlungsfeldern der <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>hilfe<br />
dem Lernort Schule weitere, für <strong>Kinder</strong> und <strong>Jugend</strong>liche<br />
relevante Bildungsorte und Lernwelten in den Blick zu<br />
nehmen und in einem Zusammenspiel zu betrachten.<br />
Dies geschieht im Sinne der Interessen von <strong>Kinder</strong>n und<br />
<strong>Jugend</strong>lichen an Ausbildung und Identitätsbildung, und wie<br />
beide in Bezug gesetzt und ausgestaltet werden können<br />
(vgl. Coelen/Otto 2008, S.17f).<br />
Unter dem Begriff „Ganztagsbildung“ wird darum in diesem<br />
Bericht insbesondere die Zusammenarbeit zwischen der<br />
<strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>hilfe und der Schule betrachtet. Seit<br />
vielen Jahren ist dies ein zentrales Thema in der Bildungsund<br />
der <strong>Jugend</strong>politik. Mit der Entwicklung von Ganztagsschulen<br />
in Nordrhein-Westfalen hat diese Kooperation<br />
noch einmal einen Bedeutungszuwachs erfahren, vor<br />
allem unter dem Aspekt der Beteiligung von Trägern der<br />
<strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>hilfe an der Umsetzung der Offenen<br />
Ganztagsschule im Primarbereich (OGS) sowie der<br />
Mitwirkung der offenen und verbandlichen <strong>Kinder</strong>- und<br />
<strong>Jugend</strong>arbeit an der Ausgestaltung der Ganztagsschule<br />
im weiterführenden Bereich. Die Landesregierung geht<br />
dabei von der Prämisse aus, dass für eine Ganztagsschule<br />
– will sie erfolgreich für <strong>Kinder</strong> und <strong>Jugend</strong>liche sein<br />
– eine enge Zusammenarbeit zwischen der <strong>Kinder</strong>- und<br />
<strong>Jugend</strong>hilfe und der Schule und weiteren Partnern aus der<br />
Kultur und dem Sport unumgänglich ist. Kooperation ist<br />
ein Handlungsprinzip geworden und prägt den Alltag in der<br />
Ganztagsschule wesentlich mit. Zugleich steht es für die<br />
Schulen wie für die <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>hilfe außer Frage,<br />
dass <strong>Kinder</strong> – und mehr noch <strong>Jugend</strong>liche – Freiräume<br />
benötigen, um sowohl im außerunterrichtlichen Bereich<br />
der Ganztagsschule als auch insbesondere im außerschulischen<br />
Bereich eigene Interessen selbsttätig zu verfolgen,<br />
sich ehrenamtlich zu betätigen oder in der <strong>Jugend</strong>arbeit zu<br />
engagieren etc.<br />
21.1 Die Rolle der <strong>Jugend</strong>arbeit in der<br />
Zusammenarbeit mit der Schule<br />
Die Rolle der <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>arbeit im Kontext von<br />
Schule ist in den letzten Jahren immer wieder Gegenstand<br />
intensiver Diskussionen gewesen. Dabei geht es im Kern<br />
zum einen um die Frage, ob die <strong>Jugend</strong>arbeit in der Schule<br />
oder in ihrem Umfeld eine eigenständige und relevante<br />
Funktion in der Beratung, Unterstützung und Förderung<br />
von <strong>Kinder</strong>n und <strong>Jugend</strong>lichen einnehmen kann und soll.<br />
Zum anderen, ob und wie sie mit ihren unterschiedlichen<br />
Formen der verbandlichen, der offenen oder der kulturellen<br />
<strong>Jugend</strong>arbeit am Ort der Schule als aktiver Partner tätig<br />
werden sollte. So wie es viele zögerliche bis ablehnende<br />
Positionen seitens der Träger der <strong>Jugend</strong>arbeit gibt, so<br />
gibt es auch zahlreiche zustimmende Haltungen in den<br />
Trägerkreisen und bei den in der <strong>Jugend</strong>arbeit beschäftigten<br />
Fachkräften.<br />
Dass das Meinungsbild sehr unterschiedlich ist, verwundert<br />
nicht, weil man nicht von der <strong>Jugend</strong>arbeit und<br />
nicht von der Schule sprechen kann. Es gibt ein breites<br />
Spektrum der Wirklichkeiten in den Einrichtungen und<br />
Erfahrungen in der Zusammenarbeit. Die entsprechenden<br />
Haltungen sind somit von den jeweiligen Bedingungen und<br />
den Erwartungen, die man mit einer engeren Kooperation<br />
verbindet, geprägt, wie schließlich auch vom gegenseitigen<br />
Engagement. Für die <strong>Jugend</strong>arbeit geht es z. B. um<br />
die Frage, ob das pädagogische oder Werte-Profil eines<br />
Verbandes oder einer offenen Einrichtung erhalten und<br />
erkennbar bleibt. Dies hängt davon ab, wie sich die <strong>Kinder</strong>-<br />
und <strong>Jugend</strong>arbeit in der Zusammenarbeit mit Schulen<br />
aufstellt, bzw. ob sie ihre konzeptionelle und pädagogische<br />
Eigenständigkeit erhalten kann. Es kommt auch darauf an,<br />
ob die <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>arbeit über ausreichende Ressourcen<br />
verfügt, sich personell längerfristig und verlässlich<br />
zu binden.<br />
Im <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>förderungsgesetz (3. AG-KJHG -<br />
KJFöG) Nordrhein-Westfalens hat der Gesetzgeber in § 7<br />
festgelegt, dass die Kooperation der <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>arbeit<br />
mit der Schule zu ihrem Aufgabenprofil gehört. § 5<br />
SchulG NRW erlegt den Schulen auf, „in gemeinsamer<br />
Verantwortung mit den Trägern der öffentlichen und der<br />
freien <strong>Jugend</strong>hilfe“ und mit anderen Partnern zusammenzuarbeiten.<br />
Hintergrund war und ist die Bedeutung von<br />
Schule im Alltag von <strong>Kinder</strong>n und <strong>Jugend</strong>lichen sowie der<br />
notwendige stärkere Einbezug non-formaler Bildungsorte,<br />
um Bildungsprozesse in und im Umfeld der Schule zu<br />
bereichern. Beide Systeme haben sich im Berichtszeitraum<br />
weiter angenähert. Im Kontext des Ausbaus der<br />
Ganztagsschulen in NRW sind viele Beispiele entstanden,<br />
die zeigen, dass die <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>arbeit an oder mit<br />
der Schule erfolgreich arbeiten kann. Ein genauer Überblick<br />
hierzu ist kaum möglich, zu heterogen sind die Orte<br />
und die Angebote. Die langjährige Praxis der <strong>Kinder</strong>- und<br />
<strong>Jugend</strong>arbeit zeigt, dass es verschiedene, auch über die<br />
Ganztagsschulen hinausgehende Formen gibt, in denen<br />
<strong>Jugend</strong>organisationen, <strong>Jugend</strong>bildungsstätten, Häuser<br />
der offenen Tür u.v.m. mit Schulen zusammenwirken (vgl.<br />
Deinet/Icking u.a. 2010, vgl. Landesjugendamt Westfalen-<br />
Lippe u.a. 2015). Sie führen spezifische Projekte durch,<br />
öffnen die Räume in den <strong>Jugend</strong>zentren für Schülerinnen<br />
und Schüler oder kooperieren im Kontext der Bildungsnetzwerke<br />
mit Schulen. Auch die <strong>Jugend</strong>kunstschulen und<br />
vielfältigen Organisationen der kulturellen Bildung werden<br />
von den Schulen angefragt und führen dort besondere<br />
kulturelle Projekte durch.<br />
Die Landesregierung sieht jedoch auch, dass die Möglichkeiten<br />
der <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>arbeit, in und im Umfeld von<br />
Schulen aktiv zu werden und sich z. B. an der Ausgestaltung<br />
des Ganztags zu beteiligen, ihre faktischen Grenzen