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Kinder & Jugend

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120 10. <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>bericht der Landesregierung Nordrhein-Westfalen<br />

die Genderkategorie als Leitgedanke zu verstehen ist, wird<br />

auch die Arbeit der <strong>Jugend</strong>organisationen und der Offenen<br />

<strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>arbeit einbezogen. Beide Handlungsfelder<br />

sind in unterschiedlicher, aber vielfältiger Weise vor<br />

Ort und auf Landesebene an dieser Entwicklung beteiligt.<br />

Genderpädagogische Projekte spielen für die <strong>Kinder</strong>- und<br />

<strong>Jugend</strong>arbeit auch an der Schnittstelle mit der Schule eine<br />

bedeutende Rolle. Im Rahmen des Forschungsprojektes<br />

„Selbstbestimmung und Geschlecht. Bildungsqualitäten<br />

genderpädagogischer Angebote der <strong>Jugend</strong>arbeit und im<br />

Kontext der Ganztagsschule“ wird dazu an der Universität<br />

Bielefeld gegenwärtig eine ethnographische Feldforschung<br />

in der Praxis der Offenen <strong>Jugend</strong>arbeit in NRW in Kooperation<br />

mit Schulen durchgeführt. Ziel des Projektes ist es,<br />

einerseits Bildungsprozesse in der Mädchen- und Jungenarbeit<br />

und in gemischten geschlechterreflektierten Angeboten<br />

in der <strong>Jugend</strong>arbeit miteinander zu vergleichen.<br />

Andererseits geht es darum, die Praxis geschlechtsbezogener<br />

Angebote der <strong>Jugend</strong>arbeit in der Zusammenarbeit<br />

mit Schulen zu untersuchen. Im Ergebnis einer explorativen,<br />

begleitenden Online-Befragung von Einrichtungen<br />

der Offenen <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>arbeit (vgl. Graff/Kolodzig<br />

u.a. 2015) betonen die Autorinnen und Autoren, dass<br />

sich genderpädagogische Angebote über die Schultypen<br />

hinweg diversifiziert haben, dies vor allem mit Blick auf die<br />

weiterführenden Schulen. Eine Auswertung der beinahe<br />

300 gemeldeten genderpädagogischen Angebote der <strong>Jugend</strong>arbeit<br />

mit und/oder an Schulen zeigt, dass darin die in<br />

der Phase der Adoleszenz wichtigsten Fragen thematisiert<br />

werden, indem sie Geschlechterverhältnisse im Kontext<br />

von Körper, Sexualität, Arbeit und sozialen Beziehungen<br />

bearbeiten. Darüber hinaus greifen sie kreative Methoden,<br />

Medien, Spiel und Sport auf.<br />

Auf der Grundlage der ihnen vorliegenden Daten stellen<br />

die Autorinnen und Autoren ein eher geringes Interesse an<br />

geschlechterpädagogischen Angeboten in Offenen Ganztagsschulen<br />

fest – dies sowohl bei Lehrkräften als auch<br />

Fachkräften der <strong>Jugend</strong>hilfeträger. Man kann annehmen,<br />

dass ein Grund für diese Zurückhaltung insbesondere<br />

in der Altersgruppe der Grundschülerinnen und -schüler<br />

begründet liegt und eine geschlechterreflektierte Arbeit mit<br />

<strong>Kinder</strong>n bis zehn Jahren als noch nicht im Vordergrund<br />

stehend verstanden wird. Unabhängig davon gibt dieser<br />

Befund insgesamt für das Handlungsfeld der <strong>Kinder</strong>und<br />

<strong>Jugend</strong>arbeit, aber auch für die mit <strong>Kinder</strong>n und<br />

<strong>Jugend</strong>lichen pädagogisch arbeitenden Berufsgruppen<br />

den Hinweis, dass wirksame Qualifizierungsangebote für<br />

pädagogische Fachkräfte wichtig sind, um die besonderen<br />

Anforderungen, die dieses Thema mit sich bringt, erkennen<br />

und pädagogisch bearbeiten zu können.<br />

Die Angebote von FUMA e.V., der LAG Mädchenarbeit<br />

und der LAG Jungenarbeit leisten hier einen wichtigen<br />

Beitrag zur zunehmend sensibleren Wahrnehmung und<br />

auch politischen Ausgestaltung von genderbezogenen<br />

Fragestellungen in unserer Gesellschaft und insbesondere<br />

in den Institutionen des Aufwachsens. Denn die Auseinandersetzung<br />

mit Geschlechterverhältnissen – dem doing<br />

gender – berührt die Schule, den Beruf, die Institutionen<br />

der <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>hilfe ebenso wie die individuelle<br />

Lebens- und Berufsgestaltung des und der Einzelnen. Die<br />

Fortschreibung des Aktionsplans setzt weitere Akzente<br />

auch in der <strong>Jugend</strong>arbeit für LSBTI*-<strong>Jugend</strong>liche.<br />

19.3 Inklusive <strong>Jugend</strong>arbeit – Neue Wege, neue<br />

Herausforderungen<br />

Inklusive <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>arbeit hat mit der Ratifizierung<br />

der UN Behindertenrechtskonvention in Deutschland<br />

im Jahr 2009 einen neuen Schub bekommen. Zwar hat die<br />

<strong>Jugend</strong>arbeit immer schon mit <strong>Kinder</strong>n und <strong>Jugend</strong>lichen<br />

mit Behinderungen gearbeitet und auch – wenn auch nur<br />

vereinzelt – spezifische Angebote im Kontext der Regelangebote<br />

bereitgehalten. Das gilt für die offene <strong>Jugend</strong>arbeit<br />

in den <strong>Jugend</strong>zentren ebenso wie für die Ferienfreizeiten<br />

und den Alltag der <strong>Jugend</strong>verbände. Trotz vieler positiver<br />

Ansätze und bereits vorhandener Angebote besteht aber<br />

weiterhin Handlungsbedarf.<br />

Inklusion ist ein im Alltag und auf Dauer angelegter<br />

Prozess, der sich nicht allein in der Bereitstellung von<br />

barrierefreien Angeboten erschöpft. Er baut auf organisatorisch-strukturellen,<br />

handlungspraktischen und haltungsabhängigen<br />

Bedingungen sowie der Anerkennung der<br />

Unterschiedlichkeit der Menschen und ihrer Lebensformen<br />

auf. Inklusion soll eine gleichberechtigte Teilhabe für alle<br />

ermöglichen. Ihre Umsetzung hat einen wichtigen Anstoß<br />

durch den Aktionsplan der Landesregierung aus dem Jahr<br />

2012, „Eine Gesellschaft für alle – NRW inklusiv“, erhalten.<br />

Dieser beschreibt die Maßnahmen der Landesregierung,<br />

mit denen sie den von der UN-Behindertenrechtskonvention<br />

vorgenommenen Perspektivwechsel von der Integration<br />

zur Inklusion in konkretes politisches Handeln einleitet.<br />

Das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des<br />

Landes Nordrhein-Westfalen hat diesen Plan gemeinsam<br />

mit den anderen Ressorts der Landesregierung erarbeitet.<br />

Wichtige Maßnahmen und Zielsetzungen auf dem Weg zu<br />

einer umfassenden Inklusion in der <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>arbeit<br />

sind im Aktionsplan formuliert. Denn wenn Inklusion im<br />

Sinne aller jungen Menschen mit und ohne Behinderung<br />

gestaltet werden soll, bedürfen die Konzepte der <strong>Kinder</strong>und<br />

<strong>Jugend</strong>arbeit konkreter Ausformungen. Das heißt,<br />

dass in der <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>arbeit vorhandene Hemmnisse<br />

und mögliche „heimliche“ Exklusionsfaktoren erkannt<br />

und abgebaut werden müssen.

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