Kinder & Jugend
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134 10. <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>bericht der Landesregierung Nordrhein-Westfalen<br />
Die offene Ganztagsschule im Primarbereich wird also in<br />
gemeinsamer Verantwortung von Schule und <strong>Jugend</strong>hilfe<br />
umgesetzt. Die Trägerlandschaft wird dabei im Wesentlichen<br />
bestimmt von einer Vielfalt an Trägern aus dem Bereich<br />
der freien <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>hilfe. Ihr Anteil macht<br />
mit Stand Schuljahr 2013/2014 gut vier Fünftel aus. Neben<br />
diesen Trägern sind noch schulische Fördervereine und<br />
einzelne vor Ort in diesem Feld engagierte Vereine bzw.<br />
Zusammenschlüsse zu nennen sowie Kommunen selbst.<br />
Sowohl die Schule als auch der Träger behalten gleichermaßen<br />
ihre Eigenständigkeit. Der Träger des Ganztags<br />
übernimmt die Generalverantwortung für das außerunterrichtliche<br />
Angebot auf der Grundlage eines schriftlichen<br />
Kooperationsvertrages zwischen dem Schulträger und<br />
ihm selbst unter enger Einbeziehung der Schulleitung (vgl.<br />
ebd., Nr. 2, Punkte 6.8/6.9). Diese Entwicklung hat gegenüber<br />
Vorläufermodellen wie „Dreizehn Plus“ und „Schule<br />
von acht bis eins“ zu einer deutlichen Professionalisierung<br />
des Ganztags in den Grundschulen geführt.<br />
Dies heißt aber nicht, dass allein der Einbezug von<br />
Trägern der <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>hilfe die Ganztagsschule<br />
gewissermaßen automatisch verändert bzw. weiterentwickelt.<br />
Es kommt im Wesentlichen darauf an, ein zwischen<br />
Schule und Träger abgestimmtes Ganztagskonzept zu entwickeln,<br />
dass auch eine sozialpädagogische Handschrift<br />
trägt und dann realisiert und durchgehalten werden kann.<br />
In dieser fachlichen Profilierung bedarf es einer offensiven<br />
Unterstützung durch das örtliche <strong>Jugend</strong>amt. Es zeigt sich,<br />
dass die damalige Landesregierung mit der Grundkonstruktion<br />
des sogenannten nordrhein-westfälischen „Trägermodells“<br />
die richtige Entscheidung getroffen hat. Auch hat<br />
es dadurch keine rechtlichen Fragestellungen gegeben im<br />
Kontext der Arbeitsnehmerüberlassung, wie dies in anderen<br />
Bundesländern der Fall war und ist (vgl. Gesetzesentwurf<br />
der Bundesregierung vom Juni 2016 zur Änderung<br />
des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes). In Nordrhein-<br />
Westfalen gehört die Übernahme der Trägerschaft im<br />
Ganztag zu den genuinen Aufgaben der freien <strong>Jugend</strong>hilfe.<br />
Die Träger, die seit 2003 im außerunterrichtlichen<br />
Bereich Partner der Schule geworden sind, erfahren nicht<br />
nur die Zustimmung und Anerkennung seitens der Lehrkräfte,<br />
sondern vor allem der <strong>Kinder</strong> und Eltern. Sie sind<br />
mit ihrer hohen Zuverlässigkeit und sozialpädagogischen<br />
Kompetenz – unter nicht immer einfachen Bedingungen<br />
– zu einem weiteren Standbein der Schule geworden und<br />
haben zu ihrer Profilierung beigetragen.<br />
Das liegt auch am hohen Stellenwert der multiprofessionellen<br />
Zusammensetzung des Personals in der Offenen<br />
Ganztagsschule im Primarbereich. Es überwiegt deutlich<br />
die unverzichtbare sozialpädagogische Profession<br />
(Berufsgruppe der Erzieherinnen und Erzieher sowie<br />
der Sozialpädagoginnen und -pädagogen), jedoch ist<br />
die Personalstruktur insgesamt breit angelegt. Gerade<br />
unterschiedliche Professionen aus verschiedenen pädagogischen<br />
Handlungsfeldern machen den Kern einer<br />
Ganztagsschule aus. Für den Prozess der individuellen<br />
Förderung der <strong>Kinder</strong> – gerade auch, wenn es sich z. B.<br />
um eine inklusive OGS handelt – ist diese erweiterte Fachkräftestruktur<br />
besonders bedeutsam.<br />
21.3.2 Offene Ganztagsschule im Primarbereich –<br />
Ausbau und Finanzierung<br />
Nordrhein-Westfalen ist – wie die amtliche Statistik der<br />
Kultusministerkonferenz (KMK) zeigt – das Bundesland,<br />
das im Jahr 2014 im Vergleich aller Bundesländer absolut<br />
über die meisten Ganztagsschulen wie auch die meisten<br />
Ganztagsschülerinnen und Ganztagsschüler in der Primarund<br />
Sekundarstufe verfügt (vgl. Autorengruppe 2016,<br />
S. 262). Insgesamt 73 Prozent der allgemeinbildenden<br />
Schulen in öffentlicher und freier Trägerschaft, im Primarbereich<br />
über 90 Prozent, sind in NRW Ganztagsschulen,<br />
wobei der Bundesdurchschnitt 59,5 Prozent beträgt. Demnach<br />
besuchen 40 Prozent aller Schülerinnen und Schüler<br />
im Land eine Ganztagsschule, im Schuljahr 2010/11<br />
betrug der Anteil noch gut 26 Prozent (vgl. MSW 2016a, S.<br />
32).<br />
Laut den Zahlen des NRW-Schulministeriums für das<br />
Schuljahr 2015/16 (vgl. MSW 2016a) besuchen insgesamt<br />
769.400 Schülerinnen und Schüler die Ganztagsangebote<br />
im Land, eine Zunahme um vier Prozent gegenüber<br />
dem Vorjahr. Im Schuljahr 2015/2016 zählt NRW 2.889<br />
Grund- und Förderschulen als offene Ganztagsschulen<br />
im Primarbereich, die 282.600 Schülerinnen und Schülern<br />
einen Platz anbieten. Ab dem Schuljahr 2016/17 stehen<br />
insgesamt 305.100 Plätze zur Verfügung, was einem weiteren<br />
Aufwuchs um 22.500 Plätze entspricht. Gegenüber<br />
dem Schuljahr 2010/11 wurde der offene Ganztag damit<br />
um 80.100 Plätze ausgebaut.<br />
Im Schuljahr 2016/17 wird die Durchführung der OGS<br />
von Landesseite mit Mitteln i.H.v. 994 EUR pro Kind und<br />
Jahr gefördert (einschließlich der i. d. R. von den Kommunen<br />
kapitalisierten Lehrerstellenanteile). Förderschulen<br />
erhalten den doppelten Betrag. Nach der 14-prozentigen<br />
Anhebung der Fördersätze des Landes zum 1. Februar<br />
2011 sind sie somit in den Jahren 2015 und 2016 insgesamt<br />
um jeweils weitere drei Prozent angehoben worden.<br />
Erstmals ist ebenfalls zum 1. August 2016 festgeschrieben<br />
worden, dass die Fördersätze jährlich um drei Prozent<br />
steigen. Dies gilt sowohl für die Mittel des Landes als auch<br />
für die Eigenanteile der Kommunen. Diese belaufen sich<br />
ab dem Schuljahr 2016/17 auf den Mindestbetrag von 435<br />
EUR, so dass pro Kind und Jahr ein Grundförderbetrag<br />
von 1.429 EUR zur Verfügung steht. Ergänzt werden die