Kinder & Jugend
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32 10. <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>bericht der Landesregierung Nordrhein-Westfalen<br />
Raum. Unterschiedliche modische oder jugendkulturelle<br />
Stilrichtungen, musik- und medienbezogene Angebote,<br />
kommerzielle und nicht-kommerzielle Treffpunkte, Reisen,<br />
Sportvereine und Trendsportarten etc. kennzeichnen eine<br />
Szene, die einen „Markt der Möglichkeiten“ zur Selbstentfaltung<br />
und Identitätsbildung bietet. Die oft gehörte<br />
Annahme, <strong>Jugend</strong> sei eher auf Kommerz orientiert und<br />
konzentriere sich in ihrer Freizeit auch darauf, kann nicht<br />
bestätigt werden.<br />
Die Freizeitindustrie lockt mit attraktiven Angeboten und<br />
<strong>Jugend</strong>liche sind auch bereit, für deren Angebote viel Geld<br />
auszugeben. Aber es gibt auch Szenen vor allem in den<br />
Bereichen Kultur und Sport, die auf <strong>Jugend</strong>liche anziehend<br />
wirken und sie zu Eigenaktivität und Gestalten auffordern.<br />
Und diese Formen und Angebote werden auch nach wie<br />
vor angenommen. In Kern hat sich das Freizeitverhalten<br />
von <strong>Jugend</strong>lichen (hier: zwölf- bis 25-Jährige) wenig<br />
verändert. Die aktuelle Shell-Studie (vgl. 2015, S.112f)<br />
zeigt, dass im Vergleich zu 2002 „sich mit Leuten treffen“<br />
(57 %) und „Musik hören“ (54 %) zwar abgenommen, aber<br />
dennoch nur die Spitzenplätze getauscht haben. „Im Internet<br />
surfen“ (52 %) an Platz drei hat stark zu-, „Fernsehen<br />
gucken“ (51 %) und „in die Disco, zu Partys oder Festen<br />
gehen“ eher stark abgenommen. Die Nutzung sozialer Medien<br />
an Platz fünf war in Jahr 2002 noch gar kein Thema.<br />
„Etwas mit der Familie unternehmen“ (24 %) steht demnach<br />
gegenüber der Studie von 2002 (16 %) wieder höher<br />
im Kurs. Gegenüber dem Jahr 2010 kann in der aktuellen<br />
Shell-Studie damit eine „in ihrem Freizeitverhalten etwas<br />
anders konturierte Gruppe“ ausgemacht werden, die der<br />
„Familienorientierten“ (ebd., S. 115), zu der 24 Prozent<br />
der <strong>Jugend</strong>lichen zwischen 12 und 25 Jahren gerechnet<br />
werden. Die weiteren Freizeittypen sind demnach die<br />
„Geselligen <strong>Jugend</strong>lichen“ (30 %), die „Medienfreaks“ (27<br />
%) sowie die „kreative Freizeitelite“ (19 %). Damit weisen<br />
die Studien (vgl. auch JIM-Studie 2015) auf Unterschiede<br />
in den sozialen Milieus hin, denn auch im Freizeitverhalten<br />
kann der sozialen Herkunft der <strong>Jugend</strong>lichen eine nicht<br />
unerhebliche Wirkung zugeschrieben werden.<br />
Die JIM-Studie (vgl. mpfs 2014, 2015) zeigt, dass Musikmachen<br />
gerade in der Altersgruppe der Zwölf- bis 19-Jährigen<br />
deutlich zugenommen hat. Teilweise unterstützt wird<br />
dieser Befund durch Studien im <strong>Jugend</strong>kulturbereich.<br />
Danach üben rund 23 Prozent der 14- bis 24-Jährigen<br />
Musik als aktives Hobby aus (vgl. ebd., S.9), 13 Prozent<br />
das Fotografieren (vgl. Grgic/Züchner 2013 unter Verweis<br />
auf andere Studien). <strong>Jugend</strong>liche nutzen darüber hinaus<br />
musisch-künstlerische Angebote wie z. B. Musikschulen,<br />
<strong>Jugend</strong>kunstschulen, aktuelle Tanzformate etc., wobei<br />
Mädchen diese Angebote häufiger in Anspruch nehmen als<br />
Jungen. Mädchen sind kreativen Bereichen oftmals offener<br />
und offensiver zugetan. Der Bildungsbericht 2012 sieht<br />
rund 55 Prozent der <strong>Jugend</strong>lichen/jungen Erwachsenen<br />
im Alter zwischen 13 und 21 Jahren aktiv in Vereinen und<br />
Gruppen der Kunst und Kultur außerhalb von Schule tätig.<br />
Die Gruppe der <strong>Jugend</strong>lichen mit Migrationshintergrund<br />
weist hier gegenüber der Gesamtkohorte keine Unterschiede<br />
auf. Die gibt es allerdings im Vergleich zu <strong>Jugend</strong>lichen<br />
mit niedrigem sozioökonomischem Status. Diese<br />
sind eher in informellen Bereichen kulturell aktiv (Autorengruppe<br />
2012, S.166).<br />
<strong>Jugend</strong>liche sind auch sportlich aktiv, sowohl im Rahmen<br />
des organisierten Sports als auch in selbstorganisierten<br />
Formen und im öffentlichen Raum. 30 Prozent der Zwölfbis<br />
25-Jährigen gehen zum Training oder aktiven Sporttreiben<br />
in ein Fitness-Studio oder den Sportverein, 26 Prozent<br />
treiben Sport in der Freizeit (Radfahren, Skaten, Fußball,<br />
etc.) (vgl. Shell 2015, S. 113). Außerdem wenden sich<br />
<strong>Jugend</strong>liche zu Trendsportarten bzw. jugendkulturell hoch<br />
affinen urbanen Bewegungskünsten hin. Dazu zählen z. B.<br />
Parkour, Slacklining, Freerunning, BMX, Hip Hop Battles<br />
u.ä., die vor allem immer auch experimentellen Charakter<br />
haben. Sie eignen sich gut zum Ausprobieren und so<br />
etwas wie Versuchslabore dar, „in denen Heranwachsende<br />
sich und ihre Körperlichkeit erproben und auch darstellen<br />
können, ihren Anspruch auf eigene Stile anzeigen und eigene<br />
Bewegungstechniken und Bedeutungen“ entwickeln<br />
(Grgic/Züchner 2013, S.95). Noch immer aber ist das Fußballspielen<br />
eines der wichtigsten Hobbys vor allem bei den<br />
männlichen <strong>Jugend</strong>lichen (41 %), während dies bei den<br />
Mädchen neun Prozent angeben (vgl. Maschke/Stecher<br />
u.a. 2013, S.89). Entsprechend korrespondiert damit in der<br />
NRW-Studie die Mitgliedschaft in Sportvereinen, wobei der<br />
Fußballverein von 32 Prozent und das Schwimmen bzw.<br />
der Wasserball im Verein von elf Prozent der Befragten<br />
angegeben wird (vgl. ebd., S.124f). Bei einem Angebot von<br />
über 19.000 Sportvereinen in NRW (s. Kap. 20.7) ist das<br />
Sportangebot für <strong>Kinder</strong> und <strong>Jugend</strong>liche auch darüber<br />
hinaus sehr reichhaltig.<br />
4.4 Die engagierte <strong>Jugend</strong><br />
Heranwachsende sind aktiver Bestandteil der demokratischen<br />
Bürgergesellschaft. Dabei verstehen sie Teilhabe<br />
und Partizipation nicht allein bzw. nicht insbesondere als<br />
politische Beteiligung. Es gilt viele Orte in der Gesellschaft,<br />
an denen Beteiligung möglich und nötig ist. So engagieren<br />
sich <strong>Jugend</strong>liche freiwillig in verschiedenen Bereichen. In<br />
der Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen lag im Jahr 2014<br />
der Anteil freiwillig Engagierter mit rund 47 Prozent am<br />
höchsten (gemeinsam mit dem Anteil in der Gruppe der<br />
30- bis 49-Jährigen, vgl. BMFSFJ 2016, S.2f). <strong>Jugend</strong>liche<br />
engagieren sich dabei freiwillig in Verbänden und Organisationen,<br />
für soziale, kulturelle und sportliche Zwecke,