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Kinder & Jugend

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22 10. <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>bericht der Landesregierung Nordrhein-Westfalen<br />

Die meisten Unfälle passieren zuhause bzw. im privaten<br />

Umfeld (rund 44 %), in der Schule oder anderen Betreuungseinrichtungen<br />

(rund 24 %) sowie auf dem Spielplatz<br />

oder in Sporteinrichtungen (rund 17 %). Im Vergleich mit<br />

der KiGGS-Basiserhebung sind Unfallhäufigkeit, Unfallorte<br />

sowie Alters- und Geschlechtsverteilung weitgehend gleich<br />

geblieben.<br />

Anders scheint die Entwicklung psychischer Störungen<br />

bei <strong>Kinder</strong>n und <strong>Jugend</strong>lichen zu sein, denn besonders<br />

auffällig ist eine deutliche Verlagerung von somatischen zu<br />

psychischen Störungen. Dieses Phänomen wird als „neue<br />

Morbidität“ bezeichnet. Die Daten aus KiGGS zeigen, dass<br />

bei rund 20 Prozent der <strong>Kinder</strong> und <strong>Jugend</strong>lichen psychische<br />

Auffälligkeiten erfasst wurden, die mit einem erhöhten<br />

Risiko für eine psychische Störung einhergehen. Diese<br />

Auffälligkeiten umfassten emotionale und Verhaltensprobleme<br />

oder Hyperaktivitätsprobleme (vgl. Robert-Koch-<br />

Institut 2014a). Jungen sind davon stärker betroffen als<br />

Mädchen – insbesondere im jüngeren Alter.<br />

Gesundheitliche Belastungen und Einschränkungen haben<br />

immer auch Auswirkungen auf die Situation des einzelnen<br />

Kindes, teilweise auch – vor allem bei psychischen<br />

Problemen und gravierenden Krankheiten – auf die Eltern.<br />

So ist – dem Robert-Koch-Institut (2014b) zufolge – das<br />

„Risiko für einen nur mittelmäßigen bis sehr schlechten<br />

allgemeinen Gesundheitszustand (…) bei Jungen und<br />

Mädchen mit niedrigem sozioökonomischen Status um das<br />

3,4- bzw. 3,7-fache erhöht, im Vergleich zu <strong>Kinder</strong>n mit<br />

hohem sozioökonomischen Status“. Ein niedriger sozioökonomischer<br />

Status oder ein Migrationshintergrund der<br />

Familie kann darum eher einhergehen mit einer geringeren<br />

gesundheitsbezogenen Lebensqualität (vgl. MGEPA 2015,<br />

S.63). <strong>Kinder</strong> in schwierigen sozialen Umfeldern oder einer<br />

belastenden Lebenssituation zeigen häufiger psychische<br />

Störungen und Verhaltensauffälligkeiten und sind häufiger<br />

von Adipositas oder Übergewicht betroffen als andere <strong>Kinder</strong>.<br />

Insbesondere bei <strong>Kinder</strong>n mit starker Adipositas kann<br />

für sie selbst und für ihre Familien eine psychosoziale<br />

Belastung entstehen, die die Gesamtsituation der Familie<br />

beeinträchtigt (vgl. ebd., S.65). Auch mehrfach ungünstige<br />

Bedingungen können dazu beitragen, wie z. B. schlechte<br />

Wohnverhältnisse, Armut oder Bildungsbenachteiligung.<br />

Diese eindeutig als Risikofaktoren zu definierenden Lebensumstände<br />

bedingen dann häufig einen Kreislauf der<br />

Beeinträchtigungen, der auch im weiteren Prozess des<br />

Aufwachsens bestimmend sein kann.<br />

Ein besonderer Blick muss auf die Situation der <strong>Kinder</strong><br />

psychisch kranker Eltern gelegt werden. Dies ist eine Thematik,<br />

die seit einigen Jahren stärker wahrgenommen wird<br />

und der sich sowohl die Politik, etwa im Rahmen der Landesinitiative<br />

„Starke Seelen durch starke Netze“ (vgl. Kap.<br />

14.4), als auch Forschung und die <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>hilfe<br />

immer mehr genähert haben. So hat das Institut für soziale<br />

Arbeit (ISA) e. V. dieser Problematik bereits Anfang des<br />

letzten Jahrzehnts ein besonderes Projekt gewidmet (vgl.<br />

Schone/Wagenblass 2000). Im Rahmen einer landesweiten<br />

Tagung der <strong>Kinder</strong>schutzfachkräfte im November 2014<br />

wurde diese Thematik wieder aufgegriffen. Inzwischen<br />

zeigt sich, dass wichtige Erkenntnisse über die Situation<br />

der <strong>Kinder</strong> psychisch kranker Eltern vorliegen und die<br />

<strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>hilfe auch in NRW sich dieser Herausforderung<br />

stellt. So haben sich unterschiedliche Leistungsträger<br />

in der <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>hilfe damit befasst und<br />

engagieren sich mit Hilfeangeboten, die jeweils auf die<br />

spezifische Situation des Einzelfalls eingehen.<br />

2.4 <strong>Kinder</strong> in prekären Lebenslagen<br />

Der aktuelle Landessozialbericht NRW (vgl. MAIS 2016)<br />

zeigt: Die Schere zwischen Haushalten mit hohem und mit<br />

niedrigem Einkommen ist weiter auseinandergegangen.<br />

Der Anteil der Menschen, deren Lebenslage sich als prekär<br />

erweist, wächst. Insgesamt haben sich Armut und soziale<br />

Ausgrenzung verfestigt, die soziale Spaltung hat trotz<br />

der positiven Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt<br />

zugenommen. Das zeigt sich vor allem auf kommunaler<br />

Ebene in den unterschiedlichen Lebenslagen im Quartier.<br />

Etwa jeder sechste Einwohner (16,2 %) Nordrhein-Westfalens<br />

hatte im Jahr 2014 ein Einkommen, das unterhalb<br />

der Armutsgefährdungsschwelle lag (vgl. IT NRW 2015b).<br />

Die Armutsgefährdungsschwelle für Einpersonenhaushalte<br />

in NRW lag im Jahr 2014 bei monatlich 895 EUR, für zwei<br />

Erwachsene mit zwei <strong>Kinder</strong>n bis 14 Jahren bei 1.879<br />

EUR monatlich. Mit 42,6 Prozent lag die Armutsgefährdungsquote<br />

bei Alleinerziehenden mit Kind(ern) im Jahr<br />

2014 am höchsten.<br />

<strong>Kinder</strong> und <strong>Jugend</strong>liche sind dabei überdurchschnittlich<br />

häufig von relativer Einkommensarmut betroffen. Mehr als<br />

jede/r fünfte Minderjährige (21,9 %) und mehr als jede/r<br />

vierte junge Erwachsene (18 bis unter 25 Jahre, 25,8 %)<br />

lebte im Jahr 2014 in einem einkommensarmen Haushalt<br />

(vgl. ebd., vgl. MAIS 2016b). Besonders betraf dies <strong>Kinder</strong><br />

von Alleinerziehenden, aus kinderreichen Familien und<br />

aus Familien mit Migrationshintergrund. Problematisch ist,<br />

dass sich diese Situation im Verlauf der Lebensbiographie<br />

häufig auch in späteren Jahren fortsetzt.<br />

Seit 2005 stellen die SGB-II-Leistungen die mit Abstand<br />

wichtigste Mindestsicherungsleistung für Minderjährige<br />

dar. Von den 556.000 Minderjährigen, die Ende 2014 in<br />

Nordrhein-Westfalen in Bedarfsgemeinschaften mit Bezug<br />

von Mindestsicherungsleistungen lebten, erhielten rund 94<br />

Prozent SGB-II-Leistungen (Sozialgeld und Arbeitslosengeld<br />

II). Damit lebte beinahe jedes fünfte Kind im Alter von

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