Kinder & Jugend
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82 10. <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>bericht der Landesregierung Nordrhein-Westfalen<br />
Das Wahlverhalten und die Bedarfe von Eltern bezogen<br />
auf die Betreuung ihrer <strong>Kinder</strong> in einer <strong>Kinder</strong>tageseinrichtung<br />
oder <strong>Kinder</strong>tagespflege sind mit den Begriffen<br />
„früher – mehr und länger“ (Sell 2012, S.30) am zutreffendsten<br />
beschrieben. Vor diesem Hintergrund ist es<br />
sicher richtig anzunehmen, dass die Erwartungshaltungen<br />
hinsichtlich der Qualität der Einrichtungen nicht zuletzt<br />
bei Eltern mit einem höheren Bildungsstand ausgeprägt<br />
sein dürften. Entsprechende Schlussfolgerungen aus dem<br />
gesellschaftlichen Wandel und den wachsenden Anforderungen<br />
an die frühe Bildung wurden schließlich auch<br />
durch eine Verbesserung der Ausbildung gezogen. Mit<br />
dem Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung<br />
vom 22. Mai 2014 wurde ein neuer Lehrplan für<br />
die Fachschulausbildung für Erzieherinnen und Erzieher<br />
in Kraft gesetzt. Dieser seit dem 1. August 2014 geltende<br />
‚Lehrplan zur Erprobung‘ greift die neueren Forschungsergebnisse<br />
im Bereich sozialpädagogischer Praxis sowie<br />
grundlegende strukturelle Fragestellungen auf und hat<br />
das Ziel, die Handlungskompetenzen und Fähigkeiten der<br />
sozialpädagogischen Fachkräfte zu stärken. Damit wird<br />
auch das kompetenzorientierte Qualifikationsprofil auf der<br />
Grundlage der Beschlüsse der Kultusministerkonferenz<br />
(Beschluss vom 14. Dezember 2010) und der <strong>Jugend</strong>- und<br />
Familienministerkonferenz (Beschluss vom 16. September<br />
2010) berücksichtigt. Dort finden nun vor allem auch Querschnittsaufgaben<br />
Eingang, die in den vergangenen Jahren<br />
immer bedeutender geworden sind: Die Themen Prävention,<br />
Inklusion, Partizipation, Sprachbildung, Medienkompetenz<br />
und Wertevermittlung.<br />
12.5 Bedarfsentwicklung bei den Fachkräften<br />
Seit einigen Jahren wird in der Fachöffentlichkeit immer<br />
wieder die Frage diskutiert, ob die vorhandenen und die<br />
in den kommenden Jahren ausgebildeten Erzieherinnen<br />
und Erzieher angesichts des Ausbaus an Plätzen in den<br />
Einrichtungen und des steigenden Bedarfs – aktuell auch<br />
angesichts der neuen Zuwanderung und der dadurch in<br />
der <strong>Kinder</strong>tagesbetreuung zusätzlich erforderlichen Plätze<br />
– ausreichen. In Nordrhein-Westfalen hat sich der Personalausbau<br />
in den <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen in den vergangenen<br />
Jahren erheblich beschleunigt (vgl. Abbildung 21).<br />
Demnach ist die Anzahl der insgesamt tätigen Personen<br />
zwischen 2006 und 2015 um 41 Prozent gestiegen, die<br />
Anzahl der Erzieherinnen und Erzieher um 50 Prozent.<br />
Stellt man sich die Frage des zukünftigen Fachkräftebedarfs<br />
in der <strong>Kinder</strong>tagesbetreuung in NRW, so begegnet<br />
man dazu unterschiedlichen Einschätzungen. Die Weiterbildungsinitiative<br />
Frühpädagogische Kräfte kam im Jahr<br />
2010 mittels dreier Modellrechnungen zu dem Ergebnis,<br />
dass – unter bestimmten Voraussetzungen – allein für die<br />
westdeutschen Bundesländer bis zum Jahre 2015 „ein<br />
aufsummierter Fehlbedarf von rund 25.000 Personen in<br />
den <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen entstehen würde, der einem<br />
jährlichen Volumen von mehr als 4.000 Fachkräften entspricht“<br />
(Rauschenbach/Schilling 2010, S.34).<br />
Der bis heute erfolgte Ausbau an Plätzen hat – bei regionalen<br />
und z. T. auch örtlichen Unterschieden – wachsende<br />
Bedarfe bei den Fachkräften ergeben. Die Ausbildungskapazitäten<br />
für die Erzieherinnen- und Erzieherausbildung in<br />
NRW sind erheblich erhöht worden (vgl. Abb. 22 und 23).<br />
Im Jahr 2015 wurden bis zu 4.000 Absolventinnen und<br />
Absolventen erwartet, die in das Arbeitsfeld der <strong>Kinder</strong>tagesbetreuung<br />
übergehen. Auch die Zahl der Studierenden<br />
an den Fachschulen konnte in den letzten Jahren deutlich<br />
ausgeweitet (von rund 15.200 Plätzen in 2008/2009 auf<br />
rund 23.800 Plätze in 2015/2016) und damit das Potenzial<br />
an Fachkräften beträchtlich erhöht werden. Angesichts der<br />
Anzahl der jährlich neu aufgenommenen Studierenden von<br />
4.500 und von Berufsaustritten von rund 1.600 wird sich<br />
die Zahl der Fachkräfte auch weiterhin erhöhen (vgl. hierzu<br />
ausführlich Schilling 2014).<br />
Im <strong>Kinder</strong>gartenjahr 2015/2016 konnte der Fachkräftebedarf<br />
gedeckt werden. Durch die stark ausgeweiteten<br />
Ausbildungskapazitäten sowie die Aufstockung von<br />
Teilzeit-Beschäftigungsverhältnissen stehen auch in den<br />
nächsten Jahren Fachkräfte für weiter steigenden Bedarf<br />
zur Verfügung. Für die kommenden Jahre wird man allerdings<br />
beobachten müssen, wie sich der Ausbau der Plätze<br />
für unter dreijährige <strong>Kinder</strong>, steigende <strong>Kinder</strong>zahlen aufgrund<br />
jüngst wieder ansteigender Geburtenrate und neuer<br />
Zuwanderung sowie auch der Ausbau bei den offenen<br />
Ganztagsschulen im Primarbereich auf den Fachkräftebedarf<br />
auswirken werden.<br />
12.6 Entwicklungen in der Akademisierung der<br />
Ausbildung<br />
Die qualitative Weiterentwicklung in den Ausbildungsgängen<br />
der Fachkräfte ist eine wichtige Bedingung für die<br />
Verbesserung der frühen Bildung. Veränderungen in den<br />
Lebenswelten, den Familienstrukturen und den sozialen<br />
Rahmenbedingungen führen zu steigenden Anforderungen<br />
an Bildung, Erziehung und Betreuung bereits im frühen<br />
Kindesalter, auf die Fachkräfte vorbereitet werden müssen.<br />
Gerade weil bereits im frühen Kindesalter für alle <strong>Kinder</strong><br />
die Grundsteine zukünftiger Bildungschancen gelegt<br />
werden, kommt der Ausbildung sowohl in den Fachschulen<br />
wie in den Hochschulen eine zentrale Rolle zu. Denn sie<br />
prägt die Fachkräfte, vermittelt die erforderlichen Kenntnisse<br />
und Fertigkeiten und schafft so die entscheidende<br />
Grundlage für eine engagierte pädagogische Beziehungsarbeit<br />
in der Praxis.