Kinder & Jugend
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74 10. <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>bericht der Landesregierung Nordrhein-Westfalen<br />
11.2 <strong>Kinder</strong> im Alter von drei Jahren bis zum<br />
Schuleintritt<br />
Auch der Blick auf die Entwicklung der Platzzahlen bei den<br />
überdreijährigen <strong>Kinder</strong>n zeigt eine dynamische Entwicklung.<br />
<strong>Kinder</strong> ab dem dritten Lebensjahr haben bereits seit<br />
1996 einen Anspruch auf einen Kitaplatz. Nachdem in den<br />
ersten Jahren des U3-Ausbaus die Platzzahlen für überdreijährige<br />
<strong>Kinder</strong> vor Ort abgebaut wurden, zeigt sich ab<br />
dem <strong>Kinder</strong>gartenjahr 2014/2015 eine Trendwende.<br />
Der beginnende Aufwuchs der Ü3-Plätze im <strong>Kinder</strong>gartenjahr<br />
2014/2015 konnte im <strong>Kinder</strong>gartenjahr 2015/2016<br />
fortgesetzt werden. Insgesamt gab es für überdreijährige<br />
<strong>Kinder</strong> im Vergleich zum Vorjahr rund 3.200 zusätzliche<br />
Plätze. Für das <strong>Kinder</strong>gartenjahr 2016/2017 ist eine erneute<br />
große Steigerung bei den Ü3-Plätzen zu verzeichnen.<br />
Rund 11.300 Plätze mehr für Überdreijährige werden im<br />
<strong>Kinder</strong>gartenjahr 2016/2017 insgesamt hinzukommen.<br />
Dies erklärt sich zum einen aus dem Anstieg der Besuchsquote<br />
der Ü3-<strong>Kinder</strong> infolge des U3-Ausbaus der vergangenen<br />
Jahre. Außerdem erfordern die leicht wachsenden<br />
Jahrgangsstärken zusätzliche Plätze. Gleichzeitig schlägt<br />
sich darin aber die positive demografische Entwicklung<br />
durch Flüchtlingsfamilien nieder. Die Entwicklung der Geburtenzahlen<br />
sowie die <strong>Kinder</strong> aus geflüchteten Familien<br />
werden in den nächsten Jahren absehbar den Platzbedarf<br />
für überdreijährige <strong>Kinder</strong> weiter erhöhen.<br />
Hinsichtlich der Betreuungszeiten handelt es sich auch bei<br />
den überdreijährigen <strong>Kinder</strong>n bei einem großen Anteil um<br />
Ganztagesplätze.<br />
11.3 Sprachförderung im Elementarbereich<br />
Der Sprachförderung kommt eine bedeutende Rolle in der<br />
frühen Bildung zu. <strong>Kinder</strong> eignen sich bereits von Beginn<br />
an die Grundlagen für einen differenzierten Spracherwerb<br />
an. Die deutsche Sprache zu erlernen ist eine wesentliche<br />
Voraussetzung für einen erfolgreichen schulischen<br />
und beruflichen Weg eines jeden Kindes. Ausreichende<br />
Sprachkenntnisse sind zudem Grundlage für Partizipation<br />
und Teilhabe in unserer Gesellschaft. Das gilt für alle<br />
<strong>Kinder</strong>, besonders aber für <strong>Kinder</strong>, die nicht mit Deutsch<br />
als Muttersprache aufwachsen sowie – teilweise – auch<br />
für <strong>Kinder</strong> aus den sogenannten bildungsfernen Milieus.<br />
Deshalb gilt es, bereits frühzeitig einer entstehenden oder<br />
sich verfestigenden Benachteiligung in der Sprachentwicklung<br />
entgegenzuwirken. Die Unterstützung der Sprachentwicklung<br />
stellt eine der wesentlichsten Aufgaben im<br />
Alltag der <strong>Kinder</strong>tagesbetreuung, aber auch im familiären<br />
Bereich dar. Denn Sprache hat die „wichtige Funktion der<br />
Mitteilung und Verständigung sowie des Ausdrucks und<br />
der Äußerung von Bedürfnissen. Das Bewusstsein für die<br />
eigene Identität wird unter anderem im Verlauf der Sprachentwicklung<br />
ausgebildet“ (MFKJKS NRW 2014, S.5).<br />
Sprache ist kein „künstliches“ Produkt, sondern entsteht in<br />
der Auseinandersetzung im Alltag der Lebenswelten der<br />
<strong>Kinder</strong> an vielen Orten und auch in der <strong>Kinder</strong>tageseinrichtung.<br />
Für die dortigen Fachkräfte und in der <strong>Kinder</strong>tagespflege<br />
ist dabei wichtig zu erkennen, wie der Sprachstand<br />
sich bei jedem einzelnen Kind entwickelt und in welchem<br />
Fall eine besondere Förderung erforderlich ist. Dabei ist<br />
es Anliegen der Landesregierung, dass diejenigen, die<br />
tagtäglich mit den <strong>Kinder</strong>n zusammenkommen, die eine<br />
Beziehung zu ihnen aufgebaut haben und von ihnen akzeptiert<br />
werden, diejenigen sein sollten, die den Sprachstand<br />
feststellen und die <strong>Kinder</strong> entsprechend fördern.<br />
Mit dem ab dem 1. August 2014 in Kraft getretenen KiBiz-<br />
Änderungsgesetz hat die Landesregierung eine umfassende<br />
Neuausrichtung der Sprachförderung im Elementarbereich<br />
vorgenommen (§ 13c KiBiz). Sprachliche Bildung<br />
und Beobachtung werden als integraler Bestandteil einer<br />
ganzheitlich angelegten Förderung verstanden. Daher soll<br />
eine verstärkt in den Alltag integrierte Sprachbildung und<br />
-beobachtung erfolgen, die alle <strong>Kinder</strong> der Einrichtungen<br />
von Anfang an erreicht. Mit dieser Neuausrichtung der<br />
Sprachförderung hat das Land die Konsequenzen aus der<br />
jahrelangen und immer wieder fachlich fundiert vorgetragenen<br />
Kritik an dem bisherigen punktuellen Sprachtest<br />
gezogen. Die Erfahrungen, die mit dem 2006 bzw. 2007<br />
eingeführten Sprachtest „Delfin 4“ (Diagnostik, Elternarbeit,<br />
Förderung der Sprachkompetenz in Nordrhein-Westfalen<br />
bei 4-Jährigen) gemacht wurden, haben gezeigt,<br />
dass – unabhängig von der inhaltlichen Gestaltung dieses<br />
punktuellen Testes – die Einbeziehung von Lehrerinnen<br />
und Lehrern in das Testverfahren für die <strong>Kinder</strong> eher<br />
irritierend war. Denn gerade in diesem Alter benötigen die<br />
<strong>Kinder</strong> vertraute Personen, mit denen sie bereits Kontakt<br />
haben und die die <strong>Kinder</strong> kennen.<br />
Zahlreiche Expertinnen und Experten, vor allem aber die<br />
Fachkräfte und Träger der <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen,<br />
haben die Landesregierung in ihrer kritischen Haltung zu<br />
diesem Verfahren unterstützt und die Abschaffung des<br />
Tests „Delfin 4“ für <strong>Kinder</strong>gartenkinder befürwortet. Nach<br />
fachlicher Erkenntnis setzte der Test nicht nur zu spät<br />
an, sondern berücksichtigte zudem wesentliche Aspekte<br />
der Sprachentwicklung nicht, die für die Aneignung von<br />
Sprache unerlässlich sind. So fand beispielsweise die<br />
Herkunftssprache von <strong>Kinder</strong>n aus Zuwanderungsfamilien<br />
keine Entsprechung.<br />
Statt eines einmaligen punktuellen Verfahrens zwei Jahre<br />
vor der Einschulung erfolgt nunmehr eine von Anfang an<br />
kontinuierlich in den Alltag der <strong>Kinder</strong>tageseinrichtung