Kinder & Jugend
10-kinder-und-jugendbericht_nrw_web_0
10-kinder-und-jugendbericht_nrw_web_0
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
180 10. <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>bericht der Landesregierung Nordrhein-Westfalen<br />
können erreicht werden, wenn von Anfang an gezielt in<br />
jene <strong>Kinder</strong>, <strong>Jugend</strong>lichen und Familien investiert wird, die<br />
Unterstützung und Förderung am dringendsten benötigen.<br />
Es sind die jungen Menschen und Familien mit einem<br />
Armuts- und Bildungsrisiko, die besondere Solidarität und<br />
Stärkung brauchen. Armut und Bildungsarmut gehen oft<br />
Hand in Hand. Den Teufelskreis von sozialer Herkunft und<br />
Bildungschancen gilt es zu durchbrechen. Deshalb muss<br />
eine Erfolg versprechende Präventionspolitik gezielt diejenigen<br />
fördern, die aufgrund ihrer sozialen Lage besondere<br />
Bedarfe haben.<br />
Eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung einer<br />
präventiven <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>politik ist die verantwortliche<br />
kommunale Steuerung der Veränderungsprozesse.<br />
Hierbei kommt dem <strong>Jugend</strong>amt eine besondere Rolle<br />
und Funktion zu (s. Nr. 13 in diesem Kap.). Denn bei ihm<br />
liegt gemäß <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>hilfegesetz (SGB VIII) die<br />
Gesamtverantwortung für die Maßnahmen der <strong>Jugend</strong>hilfe.<br />
Das <strong>Jugend</strong>amt ist gefordert, zusammen mit den freien<br />
Trägern einen gemeinsamen Planungsprozess zu vollziehen.<br />
Dabei sind auch Partnerinnen und Partner außerhalb<br />
der <strong>Jugend</strong>hilfe wie die Schulen, das Gesundheitswesen,<br />
die gesundheitlichen Hilfen und insbesondere der Öffentliche<br />
Gesundheitsdienst (Gesundheitsamt) sowie Fachdienste<br />
für Migration und Integration, wie beispielsweise<br />
die Integrationsagenturen der Freien Wohlfahrtspflege,<br />
einzubeziehen. Das <strong>Jugend</strong>amt ist prinzipiell zur Partnerschaftlichkeit<br />
und zu einer kontinuierlichen Qualitätsentwicklung<br />
verpflichtet. Die Steuerungsverantwortung der<br />
<strong>Jugend</strong>ämter gründet somit auf einer breiten rechtlichen<br />
Basis. Allerdings verpflichtet das Gesetz zur Kooperation<br />
und Information im <strong>Kinder</strong>schutz (KKG) nur den öffentlichen<br />
Träger der <strong>Jugend</strong>hilfe und die Schwangerschaftsberatungsstellen<br />
zur Zusammenarbeit im Handlungsfeld<br />
der Frühen Hilfen. In anderen Handlungsfeldern gibt es<br />
unterschiedliche oder keine gesetzlichen Normierungen<br />
einer wechselseitigen Kooperationsverpflichtung. Hier<br />
besteht noch politischer Nachholbedarf, bei dem zunächst<br />
der Bundesgesetzgeber gefordert ist.<br />
5. Angebote der <strong>Kinder</strong>- und<br />
<strong>Jugend</strong>hilfe inklusiv gestalten<br />
Mit Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention<br />
in Deutschland ist deren Umsetzung zur verbindlichen<br />
Aufgabe für Politik und Gesellschaft geworden. Dabei<br />
kommt dem Lebensabschnitt der Kindheit und <strong>Jugend</strong><br />
eine besondere Bedeutung zu. Gelingt es für <strong>Kinder</strong> und<br />
<strong>Jugend</strong>liche ein Miteinander von Menschen mit und ohne<br />
Behinderung selbstverständlich werden zu lassen, ist<br />
ein wichtiger und grundlegender Schritt zur inklusiven<br />
Gesellschaft vollzogen. Neben der Schule übernimmt<br />
deshalb die <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>hilfe mit ihren Angeboten<br />
für <strong>Kinder</strong> und <strong>Jugend</strong>liche eine wesentliche Rolle bei der<br />
Umsetzung von Inklusion.<br />
Die Landesregierung hat die Anforderungen der UN-<br />
Behindertenrechtskonvention aufgegriffen und gesetzliche<br />
Rahmenbedingungen für die inklusive Ausgestaltung von<br />
<strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen, Schulen und Angeboten der<br />
<strong>Jugend</strong>arbeit geschaffen. Darüber hinaus wurden über den<br />
<strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>förderplan gezielt Mittel zum inklusiven<br />
Ausbau von Angeboten der <strong>Jugend</strong>arbeit zur Verfügung<br />
gestellt und von den Trägern abgerufen. Zudem hat die<br />
Landesregierung über Modellprojekte notwendige Impulse<br />
gegeben, um Inklusion in der <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>arbeit zu<br />
befördern. Damit ist eine wichtige Basis für eine inklusive<br />
<strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>arbeit gelegt worden. Zukünftige politische<br />
als auch gesamtgesellschaftliche Herausforderung<br />
wird es sein, auf dieser Grundlage die <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>arbeit<br />
so weiterzuentwickeln, dass sowohl ihre Strukturen<br />
als auch ihre Angebote inklusiv ausgerichtet sind.<br />
Die Kommunen als öffentliche Träger der <strong>Kinder</strong>- und<br />
<strong>Jugend</strong>hilfe stehen dabei ebenso wie die freien Träger der<br />
<strong>Jugend</strong>hilfe besonders in der Pflicht. Die von der Landesregierung<br />
geförderten Modellprojekte haben gezeigt, dass<br />
die Umsetzung von Inklusion damit beginnt, den ersten<br />
Schritt zu gehen. Ist ein inklusives Angebot erst einmal<br />
entwickelt und umgesetzt, empfindet die überwiegende<br />
Anzahl der daran Teilnehmenden die gemeinsamen Erfahrungen<br />
als bereichernd.<br />
Diese Umsetzung vor Ort kann nachhaltig nur durch die<br />
Kommunen und freien Träger erfolgen. Inklusion muss<br />
sowohl integraler Bestandteil der <strong>Jugend</strong>hilfeplanung<br />
werden als auch von der Leitungsebene kommunaler wie<br />
freier Träger selbstverständlich mitgedacht werden. Mit der<br />
Novellierung des § 3 Abs. 2 3. AG-KJHG hat das Land die<br />
Verpflichtung der kommunalen Träger, die Belange von<br />
<strong>Kinder</strong>n mit Behinderung zu berücksichtigen, bereits stärker<br />
betont. Die zukünftige Umsetzung inklusiver Angebote<br />
vor Ort wird zeigen, ob diese gesetzliche Vorgabe ausreicht<br />
oder es gegebenenfalls auch einer Weiterentwicklung<br />
des gesetzlichen Rahmens bedarf.<br />
Auch bei der Ausgestaltung einer inklusiven Offenen<br />
Ganztagsschule im Primarbereich (OGS) besteht weiterer<br />
Handlungsbedarf. Zwar ist sowohl in den <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen<br />
als auch in den Schulen Inklusion zum<br />
gesetzlichen Regelfall geworden. Die bundesgesetzlichen<br />
Vorgaben in den Sozialgesetzbüchern müssen jedoch<br />
so weiterentwickelt werden, dass die Teilhabechancen<br />
von <strong>Kinder</strong>n mit Behinderungen auch die nicht-pflichtigen<br />
außerunterrichtlichen Angebote umfassen.