26.01.2017 Aufrufe

Kinder & Jugend

10-kinder-und-jugendbericht_nrw_web_0

10-kinder-und-jugendbericht_nrw_web_0

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

50 10. <strong>Kinder</strong>- und <strong>Jugend</strong>bericht der Landesregierung Nordrhein-Westfalen<br />

45 Stunden pro Woche. Vor dem Hintergrund der deutlich<br />

gestiegenen Anwesenheitszeiten der <strong>Kinder</strong> gehört in einer<br />

wachsenden Zahl an Kitas ein gemeinsames warmes<br />

Mittagessen mittlerweile zum Alltag.<br />

War noch bis Mitte des letzten Jahrzehnts eher eine Distanz<br />

zu einer ganztägigen Nutzung einer außerfamiliären<br />

Einrichtung bestimmend, so hat sich diese Einstellung in<br />

NRW verändert. Immer mehr Frauen wollen auch nach<br />

der Geburt ihres Kindes berufstätig bleiben, zumindest<br />

aber nach der Elternzeit in ihren Beruf zurückkehren. Der<br />

Anteil der Mütter mit <strong>Kinder</strong>n unter 18 Jahren, der aktiv<br />

erwerbstätig ist, ist in NRW von 54,6 Prozent im Jahr 2008<br />

auf 56,3 Prozent in 2015 angestiegen. Viele Familien im<br />

unteren Einkommensbereich, vor allem aber Familien<br />

Alleinerziehender, sind auf das Erwerbseinkommen der<br />

Mutter finanziell angewiesen.<br />

Ein zweites Motiv für eine ganztägige Betreuung dürfte im<br />

Wunsch der Eltern liegen, ihrem Kind von Anfang an bestmögliche<br />

Bildung anzubieten. Dabei spielen die positiven<br />

Erfahrungen, die <strong>Kinder</strong> in der <strong>Kinder</strong>tageseinrichtung machen,<br />

sowie deren Entwicklungsfortschritte eine wichtige<br />

Rolle. Zunehmend gibt es auch die Sorge der Eltern, „sie<br />

könnten in entscheidenden Lernphasen ihrer <strong>Kinder</strong> etwas<br />

verpassen und damit Chancen vergeben, ihren Nachwuchs<br />

ausreichend zu fördern“ (Berth 2012, S.102f). Als<br />

weiteres Motiv kommt die Sicherheit hinzu, dass das Kind<br />

mit anderen gleichaltrigen <strong>Kinder</strong>n zusammenkommt und<br />

nicht seine Zeit allein zu Hause verbringt.<br />

Aus bildungspolitischer Sicht kommt der frühen Bildung<br />

eine eminent wichtige Bedeutung für ein gelingendes Aufwachsen<br />

zu. Das gilt nicht nur für diejenigen <strong>Kinder</strong>, die in<br />

sogenannten bildungsfernen Milieus aufwachsen, sondern<br />

für alle. Gerade für die frühe Bildung gilt es, <strong>Kinder</strong> nicht<br />

zu überfordern, denn ihre Entwicklung zu eigenständigen<br />

und selbstverantwortlichen Persönlichkeiten ist das Ergebnis<br />

eines komplexen Geflechtes und das „Resultat aus<br />

unterschiedlichsten Lernorten, Bildungswelten, Gelegenheiten,<br />

Übungsfeldern und Erfahrungsräumen“ (Rauschenbach<br />

2009, S.25). Die frühe Förderung in den <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen,<br />

die sich in der offenen Ganztagsschule<br />

im Primarbereich fortsetzt, ist dabei von grundlegender<br />

Bedeutung. Hier kommen <strong>Kinder</strong> zusammen, lernen sich<br />

kennen, eignen sich Fertigkeiten und Fähigkeiten im Umgang<br />

miteinander und mit dem Alltag in ihren Lebenswelten<br />

an und entfalten ein hohes Maß an Kompetenzen.<br />

Die Landesregierung hat der frühen Bildungsförderung seit<br />

dem Jahr 2010 eine herausragende Rolle eingeräumt, hält<br />

es aber zugleich für bedeutend, den Blick nicht auf formale<br />

Bildungsorte wie Kita und Schule zu verengen, denn <strong>Kinder</strong><br />

bilden sich an vielen Orten.<br />

7.2 Der Wandel der Schule und seine Bedeutung<br />

für junge Menschen<br />

Dieser Prozess der neuen Ausrichtung und eines erweiterten<br />

Verständnis von Bildung prägt auch die aktuellen<br />

Diskussionen um die Weiterentwicklung der Schule. Dabei<br />

ist das Bild keinesfalls allein von Reformen des Schulsystems<br />

bestimmt, vielmehr geht es um das Selbstverständnis<br />

von Schule, um ihre Öffnung für die Lebenswelt<br />

junger Menschen und ihre Funktion als Weichenstellerin<br />

für das Gelingen sozialer und beruflicher Integration in die<br />

Gesellschaft.<br />

Der Blick auf die Schule hat sich in den letzten Jahren<br />

auch wegen der Diskussionen um eine Beschleunigung<br />

von Bildungsprozessen verändert. Neue Herausforderungen<br />

sind auf sie zugekommen und haben den Schulalltag<br />

vielfältiger werden lassen. Ein Beispiel hierfür ist die<br />

Entwicklung von Ganztagsschulen und die Kooperation<br />

von Schule mit Akteuren aus den Bereichen <strong>Kinder</strong>- und<br />

<strong>Jugend</strong>hilfe, Kultur und Sport. Ein anderes Beispiel ist die<br />

Öffnung der Regelschule für <strong>Kinder</strong> mit Behinderungen.<br />

Schule ihrerseits versteht Bildung immer mehr als einen<br />

offenen Prozess der Befähigung junger Menschen durch<br />

die Aneignung von Kenntnissen und Wissen einerseits,<br />

und die Herausbildung personaler und kultureller Fähigkeiten<br />

andererseits. Längst ist ihre Rolle als Ort der sozialen<br />

Selektion erkannt, auch wenn sie immer noch durch das<br />

Spannungsverhältnis zwischen Zertifikatsorientierung<br />

einerseits und Kompetenzorientierung andererseits, „also<br />

zwischen der schulischen Notengebung und einer damit<br />

keineswegs immer deckungsgleichen fach- und bereichsspezifischen<br />

Kompetenzmessung“ (BMFSFJ 2013, S.157),<br />

bestimmt wird.<br />

In ihrem offenen und breit angelegten Bildungsverständnis<br />

sieht sich die Landesregierung durch die Autorengruppe<br />

Bildungsberichterstattung (zuletzt 2014, 2016) bestätigt.<br />

Es ist davon geprägt, neben der (Ganztags-)Schule ausdrücklich<br />

auch den Bereich der Bildung in der Familie, der<br />

frühkindlichen Bildung, der außerschulischen non-formalen<br />

Bildung und des informellen Lernens in ihr Verständnis<br />

von Bildungsorten und Lernwelten einzubeziehen. Auch<br />

der Bildungsbericht des Regionalverbands Ruhr (RVR)<br />

aus dem Jahr 2012 weist auf die Notwendigkeit eines<br />

erweiterten und offenen Bildungsverständnisses hin, dies<br />

schon deshalb, weil die wachsende gesellschaftliche<br />

Relevanz „der Förderung der Fähigkeiten, Kenntnisse und<br />

Kompetenzen (...), die Schule und Berufsausbildung nicht<br />

abdecken, die aber für die zukünftige Gestaltung einer globalisierten<br />

Welt sowie für die Möglichkeiten der individuellen<br />

Entfaltung des Einzelnen sowie sein gesellschaftliche,<br />

wirtschaftliche, politische und kulturelle Teilhabe wesentliche<br />

Voraussetzung sind.“ (RVR 2012, S.187). Aus Sicht

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!