Kinder & Jugend
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43 Allgemeiner Teil<br />
diese Initiativen in 19 Kreispolizeibehörden in Nordrhein-<br />
Westfalen durchgeführt. Multiprofessionelle Teams konzentrieren<br />
sich vor allem auf die Entwicklung von wirksamen<br />
Präventionsstrategien, arbeiten in einen Netzwerk der<br />
kurzen Wege mit anderen Stellen, wie z. B. dem <strong>Jugend</strong>amt<br />
zusammen und bieten individuelle Förderprogramme<br />
an, die sich auf Lernhilfen, Sprachförderung etc. konzentrieren.<br />
Damit sollen den Betroffenen neue Chancen eingeräumt<br />
werden, ihr Verhalten zu ändern und zu lernen, den<br />
Alltag zu meistern, ohne straffällig zu werden.<br />
Auf der Grundlage der Vereinbarungen des Koalitionsvertrages,<br />
in dem die Landesregierung die Bewältigung der<br />
<strong>Jugend</strong>gewalt- und Intensivkriminalität als eine zentrale<br />
kriminalpolitische Aufgabe benannt hat, soll der Kriminalität<br />
von jugendlichen und heranwachsenden Mehrfachtätern<br />
insbesondere durch die intensive Zusammenarbeit<br />
und Vernetzung aller an der <strong>Jugend</strong>kriminalprävention und<br />
am <strong>Jugend</strong>strafverfahren beteiligten Einrichtungen in sog.<br />
„Häusern des <strong>Jugend</strong>rechts für Intensivtäter“ begegnet<br />
werden. In Häusern des <strong>Jugend</strong>rechts arbeiten die am <strong>Jugend</strong>strafverfahren<br />
beteiligten Institutionen (Staatsanwaltschaft,<br />
Polizei und <strong>Jugend</strong>amt) unter einem Dach intensiv<br />
zusammen. Die hierdurch geschaffenen institutionsübergreifenden<br />
und partnerschaftlichen Organisationsstrukturen<br />
erlauben es, sowohl schnell als auch abgestimmt und<br />
angemessen auf <strong>Jugend</strong>delinquenz zu reagieren. Kriminalitätsursachen<br />
können ganzheitlich betrachtet und Lösungen<br />
gemeinsam und zeitnah gefunden werden.<br />
Häuser des <strong>Jugend</strong>rechts gibt es in Nordrhein-Westfalen<br />
bisher an drei Standorten: seit Juni 2009 in Köln, seit<br />
Januar 2014 in Paderborn und seit Juni 2016 in Dortmund.<br />
Weitere Einrichtungen sind für Düsseldorf und Essen<br />
geplant.<br />
Einen weiteren wichtigen Baustein im Gesamtkonzept der<br />
Landesregierung zur Bekämpfung der <strong>Jugend</strong>gewalt und<br />
Intensivtäterkriminalität stellt das Konzept „Staatsanwältin/<br />
Staatsanwalt für den Ort“ dar, dessen Einführung aus einer<br />
von der Landesregierung initiierten ressortübergreifenden<br />
Arbeitsgruppe zum Thema <strong>Jugend</strong>kriminalität hervorgegangen<br />
ist.<br />
Nach diesem Konzept richtet sich die Zuständigkeit der<br />
<strong>Jugend</strong>staatsanwältinnen und <strong>Jugend</strong>staatsanwälte<br />
primär nach dem Wohnort des/der Beschuldigten und<br />
nicht mehr wie zuvor nach dem Anfangsbuchstaben<br />
des Nachnamens. Eine <strong>Jugend</strong>staatsanwältin oder ein<br />
<strong>Jugend</strong>staatsanwalt führt alle Ermittlungsverfahren gegen<br />
jugendliche und heranwachsende Beschuldigte aus einer<br />
ihr oder ihm zugewiesenen Gemeinde. Diese Form der<br />
umfeldbezogenen Zuständigkeitsgestaltung ermöglicht es,<br />
umfassende Erkenntnisse über die örtlichen Strukturen der<br />
<strong>Jugend</strong>szene und das soziale Umfeld der Beschuldigten<br />
zu erlangen, so dass kriminogene Strukturen frühzeitiger<br />
erkannt werden können. Mit der wohnortbezogenen<br />
Strafverfolgung ist eine durch kurze Wege gekennzeichnete<br />
enge Kooperation mit den Vertretern der Polizei, des<br />
<strong>Jugend</strong>amtes, der Schule und weiteren mit den Belangen<br />
der <strong>Jugend</strong>lichen befassten Stellen verbunden. Nach dem<br />
Abschlussbericht zur Begleitforschung des Modellprojekts<br />
durch das Kriminologische Institut der Universität Bonn<br />
beträgt die Verfahrensbeschleunigung durchschnittlich 15<br />
Tage. Aufgrund der positiven Erkenntnisse ist das Konzept<br />
2012 landesweit eingeführt worden.<br />
Die Grundsätze der Zusammenarbeit zwischen den mit<br />
<strong>Kinder</strong>n und <strong>Jugend</strong>lichen befassten Institutionen und<br />
Einrichtungen (<strong>Jugend</strong>ämter, Schulen, Polizei- und Justizbehörden)<br />
sind in dem gemeinsamen Runderlass des<br />
Ministeriums für Inneres und Kommunales, des Justizministeriums,<br />
des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation,<br />
Pflege und Alter, des Ministeriums für Familie, <strong>Kinder</strong>,<br />
<strong>Jugend</strong>, Kultur und Sport und des Ministeriums für Schule<br />
und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen niedergelegt,<br />
der am 1. September 2014 in Kraft getreten ist.<br />
6.2 Suchtgefahren im Kindes- und <strong>Jugend</strong>alter<br />
Die Suchtforschung hat gezeigt, dass <strong>Jugend</strong>liche in einer<br />
bestimmten Lebensphase mit Rauschmitteln experimentieren,<br />
unabhängig davon, ob ihr Konsum gesundheitsschädigend<br />
und ob der Konsum legal oder illegal<br />
ist. Gleichzeitig weist besonders der frühe Umgang mit<br />
Sucht- und Rauschmitteln für <strong>Kinder</strong> und <strong>Jugend</strong>liche ein<br />
hohes Gefährdungspotenzial auf. Dies gilt besonders bei<br />
denjenigen, die psychischen Belastungen ausgesetzt sind.<br />
Besonders dann, wenn diese zu groß werden und die Familie<br />
und andere Sozialisationsinstanzen keine angemessene<br />
Hilfe geben können, ist der Schritt zu legalem wie<br />
illegalem Rauschmittelkonsum oft nicht weit. Umgekehrt<br />
kann der Suchtmittelkonsum im <strong>Jugend</strong>alter auch psychische<br />
Belastungen oder Erkrankungen auslösen.<br />
Die Gefährdung junger Menschen durch Suchtmittel wie<br />
Alkohol und illegale Drogen ist weiterhin ein wichtiges<br />
Thema. Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2015 zeigt für<br />
NRW im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang bei<br />
Rauschgiftkriminalität um sieben Prozent auf jetzt 13.882<br />
(2014: 14.923) Tatverdächtige unter 21 Jahren an. Fälle<br />
von Rauschgiftkriminalität beginnen in der Altersgruppe<br />
zehn bis 12 Jahre, rund 60 Prozent der Fälle treten dann<br />
im Alter zwischen 18 und unter 21 Jahren auf. Allgemeine<br />
Verstöße i. S. §29 BtMG (Straftaten im Verkehr mit Betäubungsmitteln)<br />
mit Cannabis sowie biogenen Drogen und<br />
ihren Zubereitungen wurden im Jahr 2015 von 9.136 unter<br />
21-Jährigen begangen, davon waren 3.904 Personen