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Artykuły - Zbliżenia Interkulturowe

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ne Speer-Biografie (1999) nachgeschoben;<br />

auch die konserviert bestimmte blinde<br />

Flecken: es fehlen u.a. die toten oder lebenslang<br />

geschädigten Zwangsarbeiter,<br />

die dem Effizienzwahn des Rüstungsministers<br />

geopfert wurden. Zu Recht<br />

musste sich nun Fest dem Vorwurf von<br />

ZEIT, SPIEGEL, SZ und auch von Reich-<br />

Ranicki aussetzen, dass er an dieser Legende<br />

vom „anständigen Nazi“ kräftig mitgestrickt<br />

und damit Tätern und Mitläufern<br />

eine Entschuldungs-Ikone geliefert<br />

habe. Das ist m. E. die eigentliche und<br />

beabsichtigte geschichtspolitische Pointe:<br />

wenn jemand aus der Spitze der Nazi-<br />

Hierarchie nichts von den schrecklichen<br />

Verbrechen gewusst hat, wie konnten wir,<br />

durchschnittliche Volksgenossen, davon<br />

Kenntnis haben? In dieser Perspektive ist<br />

der riesige Erfolg der „Erinnerungen“<br />

kein Geheimnis mehr.<br />

Dass die Auseinandersetzung mit der<br />

nationalsozialistischen Vergangenheit<br />

für Fest zum Lebensthema geworden ist,<br />

hat in den Anfängen sicher mit dem<br />

Schicksal seiner Familie in dieser Zeit zu<br />

tun: sein Vater, Mitglied der katholischen<br />

Zentrumspartei und des republikanischen<br />

Reichsbanner, bald aus dem Schuldienst<br />

entfernt, lehnte es ab, sich dem<br />

neuen Regime anzupassen. Ein Onkel<br />

zahlte Internat und Gymnasium für den<br />

Neffen. Die WELT macht in ihrem Nachruf<br />

zudem geltend, dass ihm als einem<br />

führenden Publizisten im Nachkriegsdeutschland<br />

eine andere Wahl praktisch<br />

verwehrt gewesen sei. Im Zentrum seiner<br />

Befassung steht dabei die Person Hitler.<br />

Das gebrochene Verhältnis der Deutschen<br />

zu ihrer Geschichte werde nirgends<br />

so deutlich wie im unsicheren Urteil über<br />

Hitler, so hatte Fest in einem seiner Leit-<br />

Helmut Skowronek: Joachim Fest: „Ich nicht“<br />

artikel für die FAZ festgestellt. Doch welcher<br />

Hitler? Für Fest war der Führer „in<br />

einem wohl beispiellosen Grade alles aus<br />

sich und alles in einem“ gewesen, wie er<br />

zu Beginn seiner Hitler-Biographie (1973)<br />

feststellt – und zitiert bekräftigend Jacob<br />

Burckhardt: „Die Geschichte liebt es bisweilen,<br />

sich auf einmal in einem Menschen<br />

zu verdichten, welchem hierauf die<br />

Welt gehorcht.“ Hitler ist also „alles aus<br />

sich“ und nicht etwa als „Instrument<br />

fremder Zwecke“ aufgestiegen? Haben<br />

also nicht reaktionäre und demokratiefeindliche<br />

politische auf das Ende der<br />

Weimarer Republik und auf Hitler als<br />

Umsturzkanzler gesetzt, um ihn nach<br />

getanem Dienst abzuservieren – was sich<br />

allerdings als Fehleinschätzung ersten<br />

Ranges erweisen sollte? Die bewusste Abkoppelung<br />

von sozialen Bedingungen<br />

und Verstärkungen ist ja auch für die<br />

nachfolgende Speer-Biographie charakteristisch.<br />

1986 eröffnete Fest ein weiteres Kapitel<br />

seines geschichtspolitischen oeuvres.<br />

Er verantwortete in der FAZ die Veröffentlichung<br />

eines Artikels von Ernst<br />

Nolte, Geschichtsprofessor in Berlin, zur<br />

Vergangenheit, die nicht vergehen will. Hitlers<br />

Krieg wird hier zum Präventivschlag gegen<br />

den Europa bedrohenden Bolschewismus<br />

stilisiert; der Holocaust und die<br />

anderen Verbrechen des Dritten Reichs<br />

avancieren zu einer Art Notwehr. Auschwitz<br />

muss nach Nolte womöglich als Tat<br />

Stalins verstanden werden, da doch sein<br />

„Gulag“ vorausging und die „asiatische“<br />

Tat Hitlers irgendwie rechtfertigte. Nach<br />

einer energischen Replik von Habermas,<br />

in der ZEIT, entwickelte sich daraus der<br />

sog. Historikerstreit, der über die Fachwissenschaft<br />

hinaus in den Medien ein an-<br />

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