Artykuły - Zbliżenia Interkulturowe
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der meist in den Vernichtungstod führte.<br />
Dieses „Wort“ ist beladen mit dem unausgesprochenem<br />
Vorwurf, das erhoffte<br />
Wort (hier wohl ein Wort des Einspruchs)<br />
verweigert zu haben, wie der Kommentar<br />
zu diesem Text nahe legt, der auf das Ereignis<br />
von 1950 in Prag rekurriert, als Eluard<br />
verbale Solidarität verweigerte. „Blut“ und<br />
„Bäume“, die auch als Galgenbäume deutbar<br />
sind, legen eine solche Lesart nahe.<br />
Die dritte Strophe wird vom Adverb<br />
„vielleicht“ regiert und übernimmt von<br />
der zweiten Strophe das Nomen „Zukunft“<br />
im Sinne einer Wunschwirklichkeit,<br />
gleichsam eines Fortlebens, wobei in<br />
einem „Wir“ zusammengeführt wird,<br />
wofür im nachfolgenden Gedicht „Schibboleth“<br />
das antifaschistische Losungswort<br />
„No parsaran“ steht, flankiert von<br />
der „Zwillingsröte in Wien und Madrid“<br />
in den Jahren 1934 und 1936.<br />
Huchels Gedicht folgt mit dem Titel<br />
„In memoriam Paul Eluard“ zwar Celans<br />
Gedichtüberschrift nach, ist aber anderen<br />
geschichtlichen Daten und Ereignissen<br />
verpflichtet, wie sie einem einstigen<br />
Soldaten der Hitler-Wehrmacht moralisch<br />
gut zu Gesicht stehen. Sein Memorial<br />
folgt im Gedichtband „Chausseen<br />
Chausseen“ der „Warschauer Gedenktafel“,<br />
worauf ebenfalls die jüdischen Opfer<br />
wie bei Celan in Erinnerung gerufen<br />
werden. Im II. Teil heißt es da:<br />
O heilig Blut,<br />
Es brannte<br />
In allen Adern der Stadt.<br />
Ein Wall<br />
Wunden Fleisches<br />
War der Mund.<br />
Am Schweigen<br />
Hinter den Zähnen<br />
Zerbrach das Eisen.<br />
Klaus Schuhmann: Spuren der Zeitgeschichte in Gedichten…<br />
Das Gedenkgedicht für Eluard aber<br />
lässt das Erinnern an vergleichbare Massaker<br />
in Frankreich – man denkt dabei an<br />
Oradour – auf bezeichnende Weise aus<br />
und bezieht sich allein auf das Titel- und<br />
Grundnomen des Gedichts von Eluard,<br />
indem es die dort genannte Freiheit zum<br />
Himmelsstern erhebt und auf ihn Zukunftshoffnungen<br />
überträgt, die noch<br />
verwirklicht werden müssen:<br />
Freiheit, mein Stern,<br />
Nicht auf den Himmelsgrund gezeichnet,<br />
Über den Schmerzen der Welt<br />
Noch unsichtbar<br />
Ziehst du die Bahn<br />
Am Wendekreis der Zeit.<br />
Ich weiß, mein Stern,<br />
Dein Licht unterwegs.<br />
Wird bei Celan eine als das eigene Ich<br />
oder als Du angeredete Person zur Totenzeremonie<br />
aufgefordert, beginnt Huchel<br />
mit einer Anrede, die einem Abstraktum<br />
gilt, das, um poetischen Glanz ausstrahlen<br />
zu können, auf ein fassbares<br />
Konkretum bezogen ist, um im dichterischen<br />
Bild sinnfällig zu machen, worauf<br />
sich das Hoffen gründet: dass der Freiheitsstern<br />
hell am Horizont aufgehen<br />
wird. Da er schon sein „Licht“ vorausschickt,<br />
also Freiheit auf dem Weg ist, ist<br />
sich der Autor der Ankunft des Sterns<br />
gewiss.<br />
Diese Erwartungshaltung ist jedoch<br />
mehr und mehr enttäuscht worden, wie<br />
Huchels Gedichte aus den sechziger Jahren<br />
bezeugen, die er in der DDR schrieb.<br />
„Traum im Tellereisen“ beginnt nun mit<br />
den Worten:<br />
Gefangen bist du, Traum.<br />
Dein Knöchel brennt,<br />
Zerschlagen im Tellereisen.<br />
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