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Artykuły - Zbliżenia Interkulturowe

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Teksty<br />

Grubenlicht geheimnisvoll umschattet.<br />

Man denkt zuviel dort unten, dachte er,<br />

man grübelt zuviel, man hat ja Zeit, sich<br />

mit sich selber zu beschäftigen. Und im<br />

Unterbewussten schwelte immer dieser<br />

Funken Angst.<br />

Man muss lernen sich zu bescheiden,<br />

dachte er. Das sagte sonntags der Pfarrer<br />

und das hatte schon der Vater gesagt.<br />

Mehr hinnehmen sollte man, demütig<br />

sein und mehr vertrauen. Vertrauen auf<br />

Gott und auf die Welt. Darauf, dass einem<br />

nichts zustößt, dass man keine Witwe mit<br />

hungrigen Kindern zurücklässt. Vertrauen<br />

darauf, dass es mit den Arbeitsbedingungen<br />

und mit den Sicherheitsvorkehrungen<br />

besser würde, dass die Gesellschaft ihnen<br />

mehr Lohn zahlen würde. Man müsste viel<br />

demütiger sein, dachte er. Es nützt sowieso<br />

nichts, wenn man sich auflehnt.<br />

Der Aufstand fiel ihm ein. Vor einigen<br />

Jahren, da hatten sie ihre Forderungen<br />

durchsetzen wollen, hatten sogar Zusagen<br />

erhalten. Aber dann war Militär aus<br />

der Kreisstadt gekommen und hinterher<br />

war alles genauso gewesen wie vorher.<br />

Nichts hatte sich geändert, nur einige der<br />

anderen waren nicht mehr da gewesen.<br />

Nichts war erreicht worden. Man muss<br />

eben sein Schicksal tragen, dachte er. Die<br />

Unzufriedenheit macht einen nur mürbe.<br />

Dieses Auflehnen gegen sich selbst<br />

und gegen andere, die im Schloss wohnen<br />

oder in einer Villa, und nicht wissen was<br />

Hunger heißt. Die noch nie in einem<br />

engen Stollen gehockt und Erz aus der<br />

Wand geschlagen haben. Die aber trotzdem<br />

besser leben, im Überfluss, nach Berlin<br />

fahren oder nach Paris.<br />

Er verabschiedete sich von den Kumpeln<br />

und kroch in den Stollen hinein,<br />

den Karren mit dem Werkzeug vor sich<br />

152<br />

her schiebend. Heute war er allein. Karl,<br />

mit dem er sonst zusammenarbeitete, lag<br />

zu Hause mit Fieber, und Thomas würde<br />

erst mit dem nächsten Korb runterkommen.<br />

Später sollten noch einige<br />

Stempel gesetzt werden, aber bis dahin<br />

musste etwas geschafft werden, wenn man<br />

nicht gemaßregelt, womöglich entlassen<br />

werden wollte. In ein paar Stunden würde<br />

der Steiger seine Kontrolle vornehmen,<br />

der wollte etwas sehen.<br />

Den flachen Wagen vor sich, kroch er<br />

weiter in die Dunkelheit, die nur wenige<br />

Meter vom schwachen Schein der Lampe<br />

erhellt wurde. Eng war es und still,<br />

unheimlich. Der Fels drückte. Immer<br />

mangelte es an Luft, das Blätterrauschen<br />

fehlte, der Himmel, das Geriesel des Baches.<br />

Doch ihm war heute, als spüre er<br />

den Duft von Gartenblumen, das betäubende<br />

Aroma dunkelvioletter Veilchen.<br />

Er setzte sich aufrecht und begann seine<br />

Arbeit. Und jedes Mal, wenn er den<br />

Hammer sinken ließ, hörte er ein schwaches<br />

Klopfen im Berg. Das sind die anderen,<br />

dachte er und lauschte auf das monotone<br />

Klopfen. Das Geräusch aus dem<br />

Nachbarstollen beruhigte, es ließ einen<br />

nicht allein sein. Von Zeit zu Zeit horchte<br />

er auf dieses Pochen, minutenlang, und<br />

es beruhigte ihn. Gleich würde Thomas<br />

nachkommen, dann konnte einer am<br />

Berg arbeiten und der andere das gehauene<br />

Gut nach vorn schaffen.<br />

Die Luft war stickig, voller Staub. Er<br />

atmete schwer, hustete, der Schweiß lief<br />

in Strömen. Es fehlte an ausreichender<br />

Bewetterung. Man musste vorsichtig brechen,<br />

damit es nicht so viel von diesem<br />

Staub gab, der sich auf die schweißnasse<br />

Haut legte, in die Poren eindrang, die<br />

Lunge nach und nach besetzte.

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