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Artykuły - Zbliżenia Interkulturowe

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minderwertig betrachtet wird oder als etwas<br />

Fremdes, das nicht hier hergehört<br />

und wieder „nach Hause“ gehen sollte.<br />

Die Erfahrung, zu einer Minderheit zu<br />

gehören und eine gefährdete Identität zu<br />

haben, die man vor der Mehrheit verteidigen<br />

muss, ist also in unserer globalisierten<br />

Welt allgemein geworden. Deshalb<br />

können gerade die Erfahrungen von<br />

Minderheiten oder Migranten als prototypisch<br />

dafür genommen werden, wie<br />

Interkulturalität heutzutage am häufigsten<br />

passiert und erlebt wird.<br />

Der zweite Grund dafür, warum die<br />

Literatur von Minderheiten und Migranten<br />

in Werner Wintersteiners Konzeption<br />

von interkultureller Literaturdidaktik so<br />

wichtig ist, scheint mir darin zu liegen,<br />

dass er um eine grundsätzliche Politisierung<br />

oder Repolitisierung der Literaturdidaktik<br />

bemüht ist. Die Schüler/Schülerinnen<br />

oder Studenten/Studentinnen<br />

sollen lernen, dass es nicht hauptsächlich<br />

oder gar ausschließlich um die eine Kultur<br />

versus die andere geht, sondern eher<br />

um das Große versus das Kleine, das Geschützte<br />

versus das Gefährdete. Große<br />

Kulturen unterdrücken kleine Kulturen<br />

allein durch ihre Größe und Ressourcen;<br />

nationale Literaturgeschichtsschreibungen<br />

unterdrücken die Literaturen<br />

von Minderheiten durch Nichtwahrnehmung<br />

und Nichterwähnung. Die Repolitisierung<br />

des Literaturunterrichts soll<br />

die Lernenden einerseits dafür sensibilisieren,<br />

dass sich hinter kulturellen Unterschieden<br />

oft Machtunterschiede und<br />

ökonomische Dominanz- und Abhängigkeitsverhältnisse<br />

verbergen; gleichzeitig<br />

sollen die kulturellen Unterschiede<br />

aber nicht in bloße Machtunterschiede<br />

aufgelöst werden, sondern es soll im Ge-<br />

Helmut Hofbauer: Über Werner Wintersteiners Konzept…<br />

genteil darauf hingewiesen werden, wie<br />

wichtig es gerade für kleine Gruppen ist,<br />

dass auch sie Mittel zur literarischen und<br />

kulturellen Repräsentation finden.<br />

Wiederum finde ich mich hier sehr<br />

ansprechenden und zum Teil auch sehr<br />

richtigen Grundgedanken gegenüber: Für<br />

sehr wichtig halte ich zum Beispiel den<br />

Gedanken, dass die Literaturdidaktik<br />

(endlich) zur Kenntnis nehmen sollte,<br />

dass sich die Welt heute durch weltweite<br />

Wanderungsbewegungen grundlegend<br />

geändert hat und dass das Interkulturelle<br />

in Form von Minderheiten, Migranten<br />

und Heimatlosen zwischen den Kulturen<br />

heute ubiquitär geworden ist; als wichtig<br />

für die Lernenden erscheint es mir, wenn<br />

sie durch konkrete literarische Beispiele<br />

von Minderheiten- oder Migrantenliteratur<br />

in ihrer Reflexionsfähigkeit eine<br />

andere Stufe erreichen, auf der sie in der<br />

Lage sind, gleichsam durch die (heute allgegenwärtige)<br />

Rede von den interkulturellen<br />

Unterschieden hindurch zu sehen<br />

auf das Gewebe aus, dem sie gemacht<br />

sind: auf diese Dynamik aus sozialen und<br />

ökonomischen Unterschieden und dem<br />

Kampf um Anerkennung und Repräsentation<br />

als Reaktion auf diese Unterschiede.<br />

Das ist die eine Seite, die positive, die<br />

andere sieht wiederum so ähnlich aus wie<br />

im Falle des weiter oben schon kritisierten<br />

sehr persönlichen Literaturbegriffs: Werner<br />

Wintersteiners Konzeption scheint<br />

darauf hinauszulaufen, den Menschen<br />

beibringen zu wollen, das Kleine mehr als<br />

das Große zu ehren, sich umzuorientieren<br />

von der den großen Literaturen auf<br />

die kleinen – und das wiederum dürfte<br />

eine „Umwertung aller Werte“ darstellen,<br />

die mit den Menschen nicht leicht zu<br />

bewerkstelligen sein wird. Die Aufhe-<br />

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