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Artykuły - Zbliżenia Interkulturowe

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Sylwetki<br />

Musil sprach von einem „anderen Zustand“<br />

und ordnete ihn der erotischen<br />

Liebe zu.<br />

Mit der Figur des Taugenichts greift<br />

Eichendorff aber auch den Archetyp des<br />

jugendlichen Tölpels auf, dem alles<br />

glückt. Denn der Müllersohn ist sowohl<br />

ein „linkischer Märchenhans“, wie aus<br />

dem Grimmschen Repertoire, wie auch<br />

eine dem Parzival verwandte Figur, dem<br />

tumben Tor, der schuldlos schuldig wird<br />

und erst durch Mitgefühl Würde findet<br />

und die Erlösung im christlichen Sinne.<br />

Sie verkörpern den reinen schlichten<br />

Menschen, der in seinem inneren Wesen<br />

einer höheren Wirklichkeit verbunden<br />

ist. Im Gegensatz zum Parzival ist aber der<br />

Taugenichts keine Figur, die sich entwikkelt.<br />

Er bleibt wie er war, trotz aller Erfahrungen<br />

- naiv, nur aufs Erleben begierig,<br />

auf neue Reisen, neue Impulse. Von<br />

Eichendorffs vagabundierendem Müllersohn<br />

könnte man das gleiche sagen, was<br />

Hermann Hesse dem Autor selbst bescheinigte<br />

- eine unveränderbare traumhafte<br />

Sicherheit seines Kindesherzens.<br />

Damit bestätigt sich diese Figur nochmals<br />

als Traumbild seines Schöpfers. Der<br />

unbekümmerte Vagabund verkörpert<br />

eine nur der Kunst gewidmete Lebensweise,<br />

von der der Beamte Eichendorff nur<br />

allzu gut wusste, dass sie für ihn ein<br />

Traum bleiben musste.<br />

Der Taugenichts ist also, wie die biblischen<br />

Vögel des Himmels, ein Gotteskind.<br />

Allerdings kein frömmelndes.<br />

Denn ein Kirchengänger ist der Bursche<br />

durchaus nicht. Er lässt den herausgeputzten<br />

Bauern am Sonntag zur Kirche<br />

ziehen. Er selbst aber legt sich lieber wohlig<br />

auf einen Rasen, auf den durch das<br />

Geäst der Bäume die Sonne ihre Muster<br />

92<br />

wirft, so dass er wie mit bunten Teppichen<br />

bedeckt scheint. Er schaut ins Tal, hört<br />

von weitem dem Glockengeläut zu und<br />

fängt an, von seiner schönen Frau zu träumen.<br />

In Rom verschlägt es ihm den Atem<br />

vor Bewunderung. Er schaut von einem<br />

Zaun herab in die morgendlich prächtige<br />

Stadt, „da blitzte und funkelte die<br />

Morgensonne über die Dächer und langen<br />

Straßen, dass ich aufjauchzen musste<br />

vor lauter Freude“. Aber die Kirchen frequentiert<br />

er auch hier nicht, sondern<br />

sucht im Biergarten nach seinem Ideal,<br />

der schönen Frau, und singt und fiedelt<br />

und lässt Blumen auf sich herabfallen,<br />

denn er ist außerdem noch ein hübscher<br />

Junge.<br />

Aber hier, in der Fremde, packt ihn<br />

das Heimweh. Als er plötzlich von einem<br />

jungen Mann deutsch angesprochen<br />

wird „war es nicht anders im Herzen, als<br />

wenn die Glocke aus meinem Dorfe am<br />

stillen Sonntagmorgen plötzlich zu mir<br />

herüber klänge.“ Und er grüßt danach<br />

seine schöne Heimat in der Ferne noch<br />

viel tausendmal. Er verließ sein Dorf, um<br />

sein Glück in der Welt zu machen, aber<br />

in der fernen Welt träumt er von seinem<br />

Dorf.<br />

Der Inhalt ist simpel. Ein Müllersohn<br />

zieht aus dem Vaterhaus, von der Mühle<br />

im kühlen Grunde hinweg, die wir auch<br />

aus dem zerbrochenen Ringlein kennen,<br />

mit seiner Geige unterm Arm. Und wie<br />

es so im Märchen zu sein hat, weckte der<br />

lustig singende und fiedelnde Wanderbursche<br />

das Interesse zweier schöner Damen,<br />

die in einer Kutsche hinter ihm herfahrend<br />

eine Zeit lang seinem Lied gelauscht<br />

haben. Aber es war nicht irgendein<br />

Liedchen, sondern das später allbekannte:

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