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Armen Oganessjan - Internationales Leben

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Digest, 2011<br />

Ungeordnetes Europa<br />

101<br />

einherging, erstarkten in der amerikanischen Außenpolitik Woodrow Wilsons<br />

Anhänger, die nach dem Zerfall der Sowjetunion am Steuer der amerikanischen<br />

Diplomatie einen festen Platz einnahmen und die Anhänger der Aufrechterhaltung<br />

der Kräftebalance verdrängten. In dem 1994 vorbereiteten Dokument der<br />

Administration von Präsident Bill Clinton (1993-2001) hieß es u.a.: Die Sicherheit<br />

der USA müsse „auf der Erweiterung des Kreises der marktwirtschaftlichen<br />

demokratischen Länder bei gleichzeitiger Eindämmung einer Reihe von Drohungen<br />

für unsere Verbündeten und unsere Interessen sowie auf dem Widerstand dagegen“<br />

beruhen. Betont wurde, dass Amerikas Sicherheit und Prosperität direkt verbunden<br />

seien mit der Festigung der Demokratie und der Vertiefung der Prozesse „der<br />

politischen und wirtschaftlichen Liberalisierung in der Welt, besonders in Ländern,<br />

die für die USA von geostrategischer Bedeutung sind“ 3 . Die Annahme dieses<br />

Dokuments spiegelte die Einstellung der amerikanischen Führung auf einen<br />

aggressiven Messianismus und auf einseitige Aktionen in der internationalen Arena,<br />

im Grunde ungeachtet von Russlands Reaktion, wider.<br />

Von der Stärke Amerikas als einzige Supermacht berauscht, fühlten sich die<br />

„Neokonservativen“ höchst versucht, die Welt nach dem amerikanischen Ebenbild<br />

umzugestalten. Die hegemonistischen Bestrebungen fanden ihren Ausdruck in<br />

dem Kurs auf das Unterspülung der UNO-Grundlagen. Diese waren für die ein<br />

„Muttermal“ aus der Epoche des Kräftegleichgewichts, und das äußerte sich<br />

denn auch in der Nato-Operation im ehemaligen Jugoslawien besonders deutlich.<br />

Zugleich befreiten die Vereinigten Staaten unter voller Unterstützung ihrer<br />

Linie durch England die atlantische Orientierung ihrer Verbündeten in Europa<br />

nicht von der Kontrolle. Es ging darum, die Prozesse der Nato-Festigung und<br />

der europäischen Integration eng miteinander zu verknüpfen, die überflüssige<br />

Selbstständigkeit der im Erstarken begriffenen Europäischen Union durch<br />

deren Auflockerung von den proamerikanisch gesinnten Ländern Zentral- und<br />

Osteuropas nicht zuzulassen und die EU-Tätigkeit lediglich auf Handels- und<br />

Wirtschaftsambitionen zu begrenzen.<br />

Die Aufgabe der USA, die Pläne der Weltherrschaft voranzubringen, war um<br />

so leichter, als mit dem Entfallen des Gegengewichts UdSSR das Gleichgewicht<br />

in Europa selbst gestört wurde, und das erhöhte die Zahl jener, die sich unter<br />

den „amerikanischen Schirm“ flüchten wollten. Russland, das sich unter den<br />

Trümmern der UdSSR hervorarbeitete, verlor, schwach, wie es war, und ohne eine<br />

innere konsolidierende Einstellung zum Inhalt der Außenpolitik, in den Augen<br />

der Nachkriegsgeneration der europäischen Politiker den Status als notwendige<br />

Komponente des Gleichgewichts auf dem Kontinent. Die „sowjetische Gefahr“<br />

gehörte nun der Vergangenheit an, und das wirkte sich auch auf das Verhältnis<br />

der Führer der westeuropäischen Länder zur Türkei aus und führte, nach allem

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