Armen Oganessjan - Internationales Leben
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Digest, 2011<br />
Ungeordnetes Europa<br />
115<br />
Zusammenarbeit, wie es Afghanistan, Iran und Naher Osten sind, schuf in der<br />
muslimischen Welt, noch dazu durch einen vertieften Dialog über Russlands<br />
Teilnahme an der europäischen ABM (natürlich zum Schutz vor der Gefahr<br />
von Ost und Süd) ergänzt, einen beständigen Eindruck, dass Russland in die<br />
antiislamische Strategie des Westens einbezogen wird. Indien und besonders<br />
China zeigten Besorgnis, da sie in der Annäherung zwischen Russland und der<br />
Nato ein kaum getarntes Bestreben der westlichen Länder sahen, Russland zur<br />
Befriedung des „aufständischen Asien“ heranzuziehen. Auf dem Symposium<br />
„Regulierung von Russlands innerem und äußerem Kurs: Perspektiven und<br />
Gegenmaßnahmen“, das im Oktober 2010 von dem Zentrum für Russland-<br />
Studien und dem Zentrum zum Studium Eurasiens bei der Shanghaier Akademie<br />
für Gesellschaftswissenschaften organisiert wurde, versuchte die chinesische<br />
Seite, durch ihre Wissenschaftler Russlands Führung vor übereilten Schritten<br />
zum Westen hin zu warnen. Die Teilnehmer des Symposiums betonten, dass die<br />
gegenwärtige Politik möglicherweise damit enden, dass „Russland wieder einmal<br />
denselben Fehler begehen“ werde; sie meinten damit, dass der auf den Westen<br />
orientierte außenpolitische Kurs aus den ersten Jahren der Präsidentschaft von<br />
Gorbatschow, Jelzin und Putin zum Zerfall der UdSSR, zur Finanzkrise von 1998<br />
und zu ‚farbigen Revolutionen‘ führte“ 15 .<br />
In Russland selbst findet die neue außenpolitische Linie der russischen<br />
Führung ebenfalls keine einmütige Einschätzung. Sehr verbreitet ist insbesondere<br />
der Standpunkt, die Behörden des Landes würden durch ihre Zustimmung zum<br />
möglichen Nato-Beitritt Russlands den Kurs der USA darauf fördern, die Allianz<br />
zur Stütze des weltweiten Sicherheitssystems zu machen, und Dmitri Medwedews<br />
Initiative zum Aufbau einer neuen Architektur der europäischen Sicherheit faktisch<br />
zu Grabe tragen.<br />
RUSSLAND UND EUROPA: UNVEREINBARKEIT DER WERTE?<br />
In der vom Europa-Rat im Dezember 2003 gebilligten europäischen<br />
Sicherheitsstrategie ist die Perspektive der Herstellung näherer Beziehungen zu<br />
Russland eng mit der „Respektierung der gemeinsamen Werte“ verbunden 16 .<br />
Während der Kaukasus-Krise 2008 lautete einer der Hauptpunkte der antirussischen<br />
Kampagne im Westen dahin, dass Russland die Werte der Demokratie, der<br />
Menschenrechte und der Rechtnormen missachte (obwohl die westlichen Länder<br />
genau genommen solche Bezichtigungen nach der Bombardierung Jugoslawiens<br />
gegen sich selbst hätten vorbringen sollten). Zugleich damit haben die Ausbrüche<br />
einer äußerst negativen Einstellung des Westens zu Russland weit tiefere Wurzeln,<br />
ihr Ursprung ist bis ins 18. Jahrhundert zurückzuverfolgen, da Russland zu einem<br />
festen Bestandteil des europäischen Gleichgewichts aufstieg.