Armen Oganessjan - Internationales Leben
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Digest, 2011<br />
Zentralasien in der Geopolitik<br />
das Außenministerium aktiv die amerikanischen Öl- und Gaskonzerne, die die<br />
Erschließung der überaus reichen Vorräte an Kohlewasserstoffen in der Region<br />
einleiteten. Als Antwort lösten die Unternehmen dort die eigenen korporativen<br />
Aufgaben, mehr noch, sie trugen zur Erreichung der außenpolitischen Ziele der USA<br />
bei, die übrigens darin bestanden, durch Teilnahme an der Entwicklung der Öl- und<br />
Gasindustrie in den Wirtschaften der zentralasiatischen Länder zur Festigung ihrer<br />
Unabhängigkeit und zu ihrer Annäherung an den Westen beizutragen. 16 Auf diese<br />
Weise begann eine neue Etappe in Washingtons Eneregiepolitik, und die russischen<br />
Wissenschaftler S. Schilzow und I. Sonn nannten die Etappe „Jagd nach dem Kaspi-<br />
Raum“. 17 In ihrem Rahmen stellten sich die USA die Aufgabe, unter ihre Kontrolle<br />
nicht nur die Erkundung und Gewinnung der zenralasiatischen Kohlewasserstoffe,<br />
sondern auch ihren Transport zu den ausländischen Märkten zu nehmen. Aus diesem<br />
Grund gingen die Amerikaner daran, Projekte des Baus von neuen Rohrleitungen<br />
unter Umgehung von Russland auszuarbeiten.<br />
In der Amtszeit von Präsident Clinton verstärkte sich merklich die<br />
„demokratisierende“ und rechtsschützetische Komponente des US-Kurses in<br />
Zentralasien. Die Leistung verschiedener Formen der wirtschaftlichen und finanziellen<br />
Förderung der Staaten der Region wurde so oder anders mit dem Fortschritt<br />
verbunden, den sie auf besagten Gebieten erreichten. Da dieser Fortschritt im großen<br />
Ganzen als ungenügend eingeschätzt wurde, war der Umfang der amerikanischen Hilfe<br />
dementsprechend relativ gering. Deswegen wurde in jenen Jahren das für Washingtons<br />
gesamte außenpolitische Strategie charakteristische Dilemma von „Werten und<br />
Interessen“ an der zentralasiatischen Richtung oft zugunsten der unversalen Werte<br />
gelöst. Mit Rücksicht auf die örtliche Spezifik minderte das die Attraktivität der<br />
amerikanischen Politik. Die Zeit sollte zeigen, dass sich das Bestehen besagten<br />
Dilemmas auch weiter auf die Entwicklung der Beziehungen zwischen den USA und<br />
den zentralasiatischen Länder auswirken wird, was den wellenartigen Charakter dieser<br />
Beziehungen mit den unvermeidlichen Fluten und Ebben vorausbestimmte.<br />
An der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert wurden die Aufgaben der USA in<br />
Zentralasien ungefähr folgenderweise formuliert:<br />
— eine Situation nicht zulassen, in der eine Macht oder eine Gruppe von<br />
Mächten, etwa Russland und die VR China, in der Region in einem Grad<br />
dominieren würden, der die amerikanische Präsenz dort ausschließe;<br />
— einer Transformation Zentralasiens in eine Basis für die Entfaltung der<br />
extremistischen islamischen Kräfte vorbeugen;<br />
— die Umwandlung der Region in einen Korridor für illegale Drogenverbreitung<br />
verhindern;<br />
— den amerikanischen Unternehmen den Zugang zu den Energieressourcen<br />
Zentralasiens sichern;<br />
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