Armen Oganessjan - Internationales Leben
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Digest, 2011<br />
Russische Föderation — Europäische Union: Hinter den Klammern der Foren<br />
151<br />
Ju. Schafranik: Es gibt dafür mehrere Gründe. Ohne auf ihre vollständige<br />
Beschreibung und die tadellose Auslegung Anspruch zu erheben, verbleibe ich darauf,<br />
was mir für das Verständnis der entstandenen Situation am wichtigsten scheint.<br />
Es handelt sich erstens um einen sehr prinzipiellen Fehler, der 1986 begangen<br />
wurde, als Michail Sergejewitsch Gorbatschow in seiner Ansprache im britischen<br />
Parlament erklärte: „Europa ist unser gemeinsames Haus.“ Dieser Fehler drückt bis<br />
jetzt auf uns psychologisch, politisch und sogar weltanschaulich: da das Fundament<br />
des vereinigten Kontinents heute noch nicht errichtet ist und die 1993 gegründete<br />
Europäische Union und das Russland von heutesehr verschiedene Häuser sind.<br />
Niemand lässt aber jemanden einfach so in sein Haus hinein und wird es nie tun.<br />
Wir versuchen dessen ungeachtet die Europäer (und sich selbst) zu überzeugen,<br />
dass die Russen ihnen in ihrem Gemeinsamen Haus notwendig sind.<br />
Es ist etwas anderes notwendig. Man muss sich endlich auf den Problemen<br />
des eigenen Hauses konzentrieren, darauf, wie es Alexander Issajewitsch<br />
Solschenizyn für das Wichtigste hielt, wie wir Russland, unsere Gesellschaft und<br />
unsere Wirtschaft einrichten können. Es ist verständlich, dass die Nachbarn das<br />
solide, gemütliche und gastfreundliche Haus gerne besuchen. Wobei meist nicht<br />
mit leeren Händen. Wenn wir also uns selbst einrichten, würde es keine Probleme<br />
mit Investitionen und mit dem Zustrom der hochqualifizierten Kader geben. (Und<br />
unsere Häuser werden sich befreunden und möglicherweise gemeinsame Vorhaben<br />
realisieren.) Wir beobachten jedoch bisher die ständige Flucht des geistigen und<br />
Finanzkapitals aus dem eigenen Haus.<br />
Der zweite Fehler. Wir versuchen immer unverständlicherweise den Europäern<br />
zu beweisen, dass die Zusammenarbeit mit uns außerordentlich günstig ist, und<br />
werfen ihnen die Annahme der für uns ungünstigen Beschlüsse vor, nehmen wir im<br />
Einzelnen unsere Einstellung zum „Dritten Energiepaket der EU“<br />
<strong>Internationales</strong> <strong>Leben</strong>: Dieses Paket ist wirklich „giftig“ für uns…<br />
Ju. Schafranik: Es geht nicht darum. Die Europäer gehen ihres Weges, auf<br />
dem, wie man sagt, jeder Schritt ausführlich besprochen und von der Mehrheit<br />
gebilligt, also legitimiert ist. Es kann gefallen oder nicht gefallen, aber es soll als<br />
eine Gegebenheit wahrgenommen werden. Man darf nicht ihre Entscheidungen<br />
kritisieren, man muss ielmehr unter Berücksichtigung dieser Entscheidungen den<br />
eigenen Gewinn finden.<br />
<strong>Internationales</strong> <strong>Leben</strong>: Trotzdem erschienen nach dem Forum viele<br />
Publikationen, die eventuell die Tür ins europäische Haus öffnen. Als ob mit jedem<br />
Treffen die Positionen einander nähergebracht werden und sich die gegenseitige<br />
Verständigung festigt. Stimmt das denn nicht?<br />
Ju. Schafranik: Gerade auf den Foren, in den Ansprachen der Partner ist etwas<br />
möglich, aber die Politik und Wirtschaft wird von Trends und Vektoren bestimmt,