02.01.2013 Aufrufe

Armen Oganessjan - Internationales Leben

Armen Oganessjan - Internationales Leben

Armen Oganessjan - Internationales Leben

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

78<br />

Sergej Nikolajew<br />

Ohne uns in eine schon zu weit entrückte Vergangenheit zu vertiefen, wollen<br />

wir einige wichtige Marksteine auf dem Wege des Einstiegs der Region in die<br />

Geopolitik betrachten.<br />

Wohl erstmalig sprach man von Zentralasien aktiv im 19. Jahrhundert, als das<br />

Russische Reich an die Formierung seiner Südgrenzen ging. Die Lösung dieser<br />

Aufgabe hing mit seinen Beziehungen nicht nur zu den asiatischen Nachbarn —<br />

dem Qing-Reich, zu Afghanistan, dem Iran und der Türkei — zusammen,<br />

sondern auch mit den europäischen Mächten. Die Rede ist vor allem vom British<br />

Empire, das seine Kolonialbesitzungen auf Kosten von Indiens Anrainern zu<br />

erweitern suchte. Die Kollision der Interessen von Sankt Petersburg und London<br />

im ausgedehnten zentralasiatischen Raum in der zweiten Hälfte und am Ende des<br />

19. Jahrhunderts und ihre Suche nach gegenseitig annehmbaren Kompromissen<br />

zwecks Regelung der entstandenen Probleme erhielt die Bezeichnung des „Großen<br />

Spiels“ 1 . Dieser Terminus wird bisher gebraucht, wenn es sich um Rivalität der<br />

weltführenden Spieler um den Einfluss in Zentralasien handelt.<br />

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fand die strategische Bedeutung besagter<br />

Region eine neue Bestätigung. Hier sind unbedingt die konzeptuellen Ideen eines<br />

Klassikers der Geopolitik, des britischen Geografen und Historikers Halford J.<br />

Mackinder, zu erwähnen. Am 25. Januar 1904 hielt er in der Royal Geografical<br />

Society den Bericht „Die geografische Achse der Geschichte“, welcher der<br />

vielfältigen Verknüpfung von Geografie mit Geschichte und Politik gewidmet<br />

war. Seine Publikation wird häufig der Ausgangspunkt der Entwicklung der<br />

Geopolitik als Wissenschaft genannt (obwohl dieser Terminus selbst im Text nicht<br />

vorkam). Bei seinen Erwägungen über die Kräftebilanz zwischen den See- und<br />

den Landmächten äußert Mackinder die Vermutung, dass nach 1900, dem Jahr,<br />

das für das Ende der Epoche der großen geografischen Entdeckungen („Columbus`<br />

Epoche“) seht, sich besagte Bilanz zugunsten der letzteren verändern werde. In<br />

den Vordergrund treten werde hierbei Eurasien (im Bericht: Euro-Asien) und<br />

innerhalb seiner ein an Naturressourcen reicher, von Bergen umgebener und den<br />

Flotten unzugänglicher nordöstlicher Raum, der Zentralasien einschließt, sowie<br />

ein Teil des Urals und Sibiriens, wo sich in raschem Tempo ein transkontinentales<br />

Eisenbahnnetz entwickeln werde. Der britische Wissenschaftler definiert ihn als<br />

„Achsenraum“ in der Weltpolitik, in dem die Hauptrolle Russland gehöre. 2<br />

1919 ersetzt Mackinder in seiner späteren Arbeit „Demokratische Ideale und<br />

Realität“ den „Achsenraum“ durch den Begriff „Heartland“. Ebenfalls damals wird<br />

seine berühmte Formel geprägt: „Wer Osteuropa beherrscht, kontrolliert Heartland.<br />

Wer Heartland beherrscht, kontrolliert die Welt-Insel (d. h. Eurasien und Afrika).<br />

Wer die Welt-Insel beherrscht, kontrolliert die Welt.“ 3<br />

Mackinders Anschauungen fanden mit verschiedenen Variationen in den Werken<br />

einer Reihe anderer bekannter Geopolitiker ihre Widerspiegelung, z. B. denen<br />

<strong>Internationales</strong> <strong>Leben</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!