Armen Oganessjan - Internationales Leben
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Digest, 2011<br />
Casus Libyen<br />
139<br />
Es ist nicht alles eindeutig auch in Washington mit dieser Frage. Zwei Wochen<br />
nach der Veröffentlichung des oben zitierten Artikels in der „Rossijskaja Gazeta“,<br />
als die Koalition der westlichen Großmächte im Laufe deren Handlungen in<br />
Libyen das obzwar provisorische, aber doch Fiasko erlitt, veröffentlichte N. Zlobin<br />
in derselben Zeitung einen neuen Beitrag mit den wesentlichen Korrekturen<br />
seines Standpunktes. Der Artikel heißt „Nochmals über die Weltordnung“, das<br />
Wesentliche von ihm besteht in einer von ihm erfundenen Maxime: „Bezüglich<br />
Libyens braucht man nicht nur die politische, sondern auch die öffentliche<br />
Legitimität.“<br />
„Die militärische Operation in Libyen, die auf Beschluss des UN-<br />
Sicherheitsrates durchgeführt wird (Die Resolution des UN-Sicherheitsrates<br />
1973 enthält kein Wort darüber, dass der UN-Sicherheitsrat die Kriegsoperation<br />
in Libyen genehmigt. — W.K.) stellt vor der Weltgemeinschaft viele neue und<br />
schwierige Fragen, auf die man auch Antworten finden muss. Es ist dabei erstens<br />
wünschenswert, nach diesen Antworten gemeinsam zu suchen, um unwillkürlich<br />
die noch größere Spaltung der Weltgemeinschaft nicht zu bewirken, die im großen<br />
Maßstab zur Destabilisierung der Welt führen wird, und zweitens diese schnellstens<br />
zu finden, weil die Unklarheit in der Auslegung der wichtigsten Regeln der neuen<br />
Weltordnung, der Grundlagen des Völkerrechtes eine mächtige Zeitbombe ist, die<br />
internationale Beziehungen unterminiert“ 8 .<br />
Er wiederholt erneut seine bewusst fehlerhafte Behauptung, dass „die<br />
Legitimität der internationalen militärischen Operation in Libyen in der neuesten<br />
Geschichte der Welt präzedenzlos ist“, muss trotzdem feststellen, dass die<br />
sogenannte „rechtliche Legitimität der UNO der Kriegsoperation in Libyen keine<br />
politische, öffentliche und einfach menschliche Legitimität verliehen hat“.<br />
„Im Ergebnisse dessen entstand die paradoxe Situation, da die völlig rechtmäßige<br />
und legitime Operation der internationalen Kräfte in Libyen (wie oben gesagt, wird<br />
der Standpunkt N.Zlobins durch den Wortlaut der Resolution 1973 selbst nicht<br />
bestätigt. — W.K.) fast wie eine provozierte Aggression aussieht und Proteste in<br />
verschiedenen Ländern der Welt hervorruft. Es scheint, dass in der modernen Welt der<br />
UN-Sicherheitsrat die Rolle des Oberreglers der internationalen Beziehungen nicht<br />
mehr übernehmen kann? Wenn es so ist, so sind wir mit dem Problem konfrontiert,<br />
dass die internationalen Institutionen, die uns von der Periode des Kalten Krieges<br />
hinterlassen wurden, ihre Übereinstimmung mit dem gegenwärtigen Weltprozess<br />
endgültig verloren haben. Dieses Problem muss nach Möglichkeit schnellstens gelöst<br />
werden, darunter eventuell durch die Initiierung der neuen, modernen internationalen<br />
Institutionen, sonst wird unsere gegenwärtige polenlose Welt zum globalen Chaos.“<br />
N. Zlobin beendet seine „Korrektur“ zum ersten Artikel über Libyen so, wie auch den<br />
ersteren mit den Worten: „So mindestens sehe ich das aus Washington.“