Vergleich der Jugendhilfesysteme - Landschaftsverband Rheinland
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Ein Anspruch auf Jugendhilfe i.e.S. besteht gem. Art. 3 Abs. 2 b UWjz auch dann nicht,<br />
wenn die Probleme des Jugendlichen durch psychiatrische Erkrankungen (mit-) verursacht<br />
werden, die einen psychiatrischen Ansatz erfor<strong>der</strong>lich machen. In solchen Fällen<br />
sind Maßnahmen psychischer Gesundheitsfürsorge zu ergreifen.<br />
1.2 Unterbringung<br />
Gem. Art. 4 Abs. 1 UWjz ist die Unterbringung (verblijf) das Angebot eines stationären<br />
o<strong>der</strong> teilstationären Aufenthalts mit passen<strong>der</strong> pädagogischer Umgebung bei Pflegeeltern<br />
o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Einrichtung eines Leistungserbringers (Internat) o<strong>der</strong> auch in Form des<br />
selbständigen Wohnens in einer Wohngemeinschaft. Auch hier gilt <strong>der</strong> oben beschriebene<br />
Subsidiaritätsgrundsatz. Über den Subsidiaritätsgrundsatz hinaus ist die Unterbringung<br />
nachrangig gegenüber <strong>der</strong> Jugendhilfe i. e. S. Jugendliche mit einer geistigen,<br />
körperlichen Behin<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> einer Behin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Sinnesorgane o<strong>der</strong> mit<br />
psychiatrischen Krankheiten o<strong>der</strong> Einschränkungen, die aufgrund ihrer Behin<strong>der</strong>ung<br />
einer Unterbringung mit persönlicher Versorgung, unterstützen<strong>der</strong> o<strong>der</strong> aktivieren<strong>der</strong><br />
Begleitung und Behandlung gem. Art. 2 Abs. 1 Besluit Zorgaanspraken AWBZ bedürfen,<br />
haben keinen Anspruch auf Unterbringung auf <strong>der</strong> Rechtsgrundlage des Wet op<br />
de Jeudzorg, son<strong>der</strong>n aufgrund <strong>der</strong> krankenversicherungsrechtlichen Regelung.<br />
1.2.1 Unterbringung bei Pflegeeltern<br />
Bei <strong>der</strong> Unterbringung bei Pflegeeltern 124 geht es im Kern um Versorgung und Erziehung<br />
eines Kindes in einer häuslichen Umgebung durch Privatpersonen unter <strong>der</strong> Verantwortung<br />
eines Leistungserbringers <strong>der</strong> Jugendhilfe. Die Unterbringung kann in Vollzeit<br />
erfolgen, aber auch nur für einzelne Tage in <strong>der</strong> Woche, z.B. am Wochenende.<br />
Pflegeeltern sind gem. Art. 1u Wjz Personen, die im Rahmen <strong>der</strong> Jugendhilfe 125 einen<br />
Jugendlichen, <strong>der</strong> nicht das eigene o<strong>der</strong> Stiefkind ist, als zu ihrer Familie gehörend<br />
versorgen und erziehen. Voraussetzung für diese Art von Jugendhilfe ist immer ein<br />
Indikationsbeschluss des Büros für Jugendhilfe (Bureau Jeugdzorg). 126 Die im Wet op<br />
de Jeugdzorg enthaltenen Regeln für die Pflegesorge (Art. 22 f. Wjz) gelten für alle<br />
Formen von Pflege, die aufgrund eines Indikationsbeschlusses des Büros für Jugendhilfe<br />
erfolgen. 127<br />
Die Pflegeeltern müssen nicht <strong>der</strong> Familie des Kindes o<strong>der</strong> dem sozialen Umfeld des<br />
Kindes angehören. Sie können dem Kind auch völlig fremd sein.<br />
In <strong>der</strong> aktuellen Diskussion um Innovation und Qualitätsverbesserung in <strong>der</strong> Pflege<br />
werden zwei Typen von Pflege unterschieden: kurzfristige Pflege als Teil <strong>der</strong> Jugendhilfe<br />
und die dauerhafte Unterbringung in einer Pflegefamilie als Erziehungsarrangement.<br />
128 Die kurzfristige Pflege dient <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Familiensituation des Kindes.<br />
Durch intensive Hilfe für die Eltern des Kindes soll die Situation soweit verbessert<br />
werden, dass das Kind wie<strong>der</strong> in die Familie zurückkehren kann. Nur wenn dies nicht<br />
möglich ist, kommt eine dauerhafte Unterbringung in einer Pflegefamilie mit dem Ziel<br />
<strong>der</strong> Schaffung einer neuen primären Umgebung des Kindes in Betracht.<br />
124 Mit Pflegeeltern sind in diesem Text auch Alleinerziehende gemeint.<br />
125 Neben <strong>der</strong> Unterbringung in einer Pflegefamilie als Leistung <strong>der</strong> Jugendhilfe können Kin<strong>der</strong> auf <strong>der</strong><br />
Grundlage privater Absprachen zwischen den Eltern (bzw. dem Vormund) und Dritten, diesen für eine<br />
bestimmte Zeit anvertraut werden. Vgl. Broek/Vlaardingerbroek, S. 269. Eine Pflegeelternschaft kann<br />
auch <strong>der</strong> Adoption vorausgehen. Vgl. Broek/Vlaardingerbroek, S. 272.<br />
126 Vgl. Art. 19 Abs. 1 UWjz.<br />
127 Für Unterbringungen aufgrund privater Verträge gilt das Pflegekin<strong>der</strong>gesetz vom 21.12.1951 (pleegkin<strong>der</strong>enwet),<br />
Stb. 1951, 595, das die Möglichkeit kommunaler Kontrolle privater Pflegeelternschaft regelt. Es<br />
gilt auch für die durch ihre potentiellen Adoptiveltern aufgenommen ausländischen Pflegekin<strong>der</strong>.<br />
128 Eine Untersuchung von E.C.C. Punselie, Pleegzorg met visie. Juridische haken en ogen. On<strong>der</strong>zoeksrapport<br />
(Universiteit Leiden: VOG Utrecht, März 2000), beschreibt die rechtlichen Möglichkeiten und<br />
Grenzen <strong>der</strong> Umsetzung dieses Konzepts. Problematisch sind die fehlenden gesetzlichen Grundlagen<br />
für die Übertragung des Sorgerechts auf die Pflegeeltern, aber auch für die Entziehung des Sorgerechts.<br />
Vgl. auch <strong>der</strong>s., FJR 2000 (11), S. 245 – 251.