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Vergleich der Jugendhilfesysteme - Landschaftsverband Rheinland

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III. Verfahren und gerichtliche Kontrolle<br />

1. Behördliches Verfahren<br />

Das Verfahren <strong>der</strong> Gewährung von Leistungen setzt voraus, dass <strong>der</strong> Wunsch auf eine<br />

Leistung zumindest konkludent geäußert wird. Ein förmlicher Antrag muss nicht gestellt<br />

werden.<br />

Die Gewährung einer Leistung setzt ein bestimmtes methodisches Vorgehen voraus,<br />

nämlich die individuelle Hilfeplanung (Prozess), die ggfs. in einen fortzuschreibenden<br />

Hilfeplan (Ergebnis des Prozesses) (§ 36 SGB VIII) einmündet. An den Hilfeplangesprächen<br />

haben<br />

- <strong>der</strong> Personensorgeberechtigte,<br />

- <strong>der</strong> Min<strong>der</strong>jährige (§ 36 I 1 SGB VIII),<br />

- <strong>der</strong> zuständige Mitarbeiter des Jugendamtes sowie<br />

- ggfs. die übrigen Teammitglie<strong>der</strong> (§ 36 II 1 SGB VIII) und<br />

- alle für eine Entscheidung bedeutsamen Personen [z.B. Lehrer, bisheriger Beistand,<br />

evtl. künftiger Heimleiter (§ 36 II 3 SGB VIII), evtl. Richter etc.] teilzunehmen. Vor und<br />

während einer langfristig zu gewährenden Hilfe außerhalb <strong>der</strong> eigenen Familie ist zu<br />

prüfen, ob die Annahme als Kind in Betracht kommt (§ 36 I 2 SGB VIII). Am Ende <strong>der</strong><br />

Hilfeplanung steht die Entscheidung des zuständigen Jugendamtsmitarbeiters, ob sie<br />

eine Hilfe o<strong>der</strong> die beantragte Hilfe gewähren. Soll sie gewährt werden, so erlässt das<br />

Jugendamt einen entsprechenden begünstigenden Verwaltungsakt (§ 31 S.1 SGB<br />

X). Es ist also nicht <strong>der</strong> Richter, <strong>der</strong> die erzieherische Hilfe anordnet, son<strong>der</strong>n es ist<br />

die Behörde, die die Hilfe gewährt. Im Anschluss daran schließt <strong>der</strong> Personensorgeberechtigte<br />

mit <strong>der</strong> Person o<strong>der</strong> Institution, die die Hilfe durchführt, einen Vertrag.<br />

2. Fehlende Mitwirkungsbereitschaft<br />

Kommt <strong>der</strong> Jugendamtsmitarbeiter zu dem Ergebnis, dass ein junger Mensch Hilfe<br />

braucht, <strong>der</strong> gesetzliche Vertreter jedoch nicht bereit ist, diese in Anspruch zu nehmen,<br />

so ist zu prüfen, ob <strong>der</strong> Min<strong>der</strong>jährige ohne die Hilfe gefährdet ist (§ 8a I SGB VIII).<br />

Trifft das zu, so kann ein Verfahren zur Einschränkung des Sorgerechts (§ 1666 BGB)<br />

eingeleitet werden, indem das Jugendamt das Familiengericht (FamG) „anruft“ (§ 8a III<br />

SGB VIII). Diese Anrufung ist eine Anregung an das Gericht, tätig zu werden. Das Jugendamt<br />

legt dem Gericht in einer gutachtlichen Stellungnahme (§ 50 SGB VIII, § 49a<br />

FGG) dar, warum es <strong>der</strong> Meinung ist, dass das Kind ohne Hilfe gefährdet ist. Zu den<br />

Details s. u. unter E.III. Das FamG prüft nun in eigener Verantwortung - es gilt <strong>der</strong><br />

Amtsermittlungsgrundsatz (§ 12 FGG) -, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt. Hält<br />

es sie für gegeben, erlässt es entwe<strong>der</strong> eine einstweilige Anordnung (wenn es sehr<br />

dringend ist) o<strong>der</strong> einen Beschluss in einem normalen Verfahren, womit den Eltern<br />

Teile des Sorgerechts weggenommen werden (§ 1666 BGB: erfor<strong>der</strong>liche Maßnahme).<br />

Anstelle <strong>der</strong> Eltern wird in diesem Bereich ein Ergänzungspfleger (§ 1909 BGB) eingesetzt.<br />

Dieser entscheidet nunmehr in eigener Verantwortung, ob die angebotene Hilfe<br />

für das Kind beantragt wird. Ggfs. bittet er um diese Hilfe.<br />

3. Örtliche Zuständigkeit des Jugendamtes<br />

Die örtliche Zuständigkeit des Jugendamtes für Leistungen ergibt sich aus den §§ 86 -<br />

86d SGB VIII. Das Grundprinzip ist eine Anlehnung an Art.6 GG, d.h. die Verknüpfung<br />

<strong>der</strong> Zuständigkeit mit dem gewöhnlichen Aufenthalt <strong>der</strong> Eltern. Dieses Prinzip funktioniert<br />

nicht, wenn die Eltern verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben. § 86 sieht<br />

daher zahlreiche Einzelkonstellationen und -reglungen vor, die sich dem Grundprinzip<br />

nicht fügen. Grundsätzlich än<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Umzug <strong>der</strong> Eltern nichts an <strong>der</strong> Zuständigkeit des<br />

bisherigen Jugendamtes (§ 86c SGB VIII). Die Unterbringung des Kindes außerhalb<br />

des Jugendamtsbezirks än<strong>der</strong>t auch nichts an <strong>der</strong> Zuständigkeit; nur bei <strong>der</strong> Unterbrin-

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