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Vergleich der Jugendhilfesysteme - Landschaftsverband Rheinland

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III. Mitwirkung <strong>der</strong> Jugendbehörden bei den Aufgaben <strong>der</strong> Gerichte<br />

1. Allgemeines<br />

45<br />

Sowohl die Vormundschafts- und Familiengerichte als auch die Jugend(straf)gerichte<br />

haben - neben den natürlich weiterhin in Einzelfällen notwendigen gerichtlichen Sachverständigen<br />

- einen einzigen Ansprechpartner, <strong>der</strong> ihnen hilft, psychosoziale Sachverhalte<br />

zu ermitteln und zu beurteilen, nämlich das Jugendamt (§§ 50-52 SGB VIII und<br />

die korrespondierenden Normen in den gerichtlichen Verfahrensgesetzen FGG und<br />

JGG). Dieses ist in den Verfahren vor den genannten Gerichten, sobald Min<strong>der</strong>jährige<br />

beteiligt sind, obligatorisch vom Gericht „anzuhören“. Ein Verstoß gegen diese Pflicht<br />

stellt die Verletzung verfahrensrechtlicher Bestimmungen dar und ist daher ein möglicher<br />

Anlass, eine ergangene Entscheidung aufzuheben. Für das Gericht bedeutet diese<br />

Regelung, dass es die Sachkunde des Jugendamtes anfor<strong>der</strong>n muss.<br />

Wie das Jugendamt darauf reagieren muss, ist nicht so klar. Immerhin sagt das Gesetz,<br />

dass das Jugendamt das Gericht „unterstützen“ muss. Aus <strong>der</strong> Tatsache, dass<br />

nur die Unterstützung als solche gefor<strong>der</strong>t wird, ist zu folgern, dass das „Wie“ <strong>der</strong> Unterstützung<br />

<strong>der</strong> Fachlichkeit <strong>der</strong> Jugendbehörden überlassen ist. Jedenfalls besteht<br />

zwischen Gericht und Jugendamt keine Weisungsgebundenheit in <strong>der</strong> Weise, dass das<br />

Gericht dem Jugendamt vorschreiben könnte, was es zu tun hat. Vielmehr entscheidet<br />

dies das Jugendamt, das Teil <strong>der</strong> Exekutive ist, unabhängig von den Wünschen <strong>der</strong><br />

Gerichte, die <strong>der</strong> Jurisdiktion angehören.<br />

2. Vormundschafts- und Familiengerichtshilfe<br />

Allerdings enthält § 50 SGB VIII, <strong>der</strong> die Familien- und Vormundschaftsgerichtshilfe<br />

betrifft, durchaus einige „Eckpunkte“, mit denen auf <strong>der</strong> Basis des sozialarbeiterischen<br />

Fachwissens gewisse Standards erarbeitet werden können.<br />

(1) So ist es klar, dass eine gutachtliche Stellungnahme (sozialpädagogisches/ psychosoziales<br />

Gutachten) des Jugendamtes 57 auf Fakten beruhen muss, die sich in<br />

<strong>der</strong> sog. Vorgeschichte wie<strong>der</strong> finden.<br />

(2) Ferner sollten die Fakten zu einem Befund verarbeitet werden, <strong>der</strong> das relativ konstante<br />

Erleben und Verhalten <strong>der</strong> Beteiligten beschreibt.<br />

(3) Dieses sollte, soweit es abweichend ist, diagnostiziert, d.h. fachlich erklärt und<br />

kategorisiert werden.<br />

(4) Ferner sollte das im Befund Festgestellte in die Zukunft projiziert und darauf hin<br />

untersucht werden, wie es sich mutmaßlich mit und ohne Intervention des Gerichts<br />

entwickeln wird (Prognose).<br />

(5) Schließlich sollten diese Erkenntnisse unter die Rechtsnorm subsumiert werden,<br />

um die es in dem jeweiligen Verfahren geht (z.B. Sorgerechtsregelung bei Scheidung,<br />

Umgangsregelung, Eingriffe ins Sorgerecht, Adoption, Ersetzung <strong>der</strong> Einwilligung<br />

in eine Adoption) (Zusammenfassende Beurteilung)<br />

(6) und es sollte daraus ein Entscheidungsvorschlag für das Gericht gewonnen werden.<br />

Vereinfachend kann man sagen, dass es in den Verfahren vor dem Familien- und vor<br />

dem Vormundschaftsgericht im Wesentlichen um die Frage geht, ob etwas dem Kindeswohl<br />

dient, ihm wi<strong>der</strong>spricht, im Interesse des Kindeswohls erfor<strong>der</strong>lich ist etc.<br />

3. Jugendgerichtshilfe (JGH)<br />

Um an<strong>der</strong>es geht es in den Jugendstrafverfahren. Hier ist es das Ziel, dem Gericht<br />

einen fachlich qualifizierten Vorschlag hinsichtlich einer Sanktion zu machen. Inhaltlich<br />

57 Vgl. Hierzu Oberloskamp/ Balloff/ Fabian (2001), (2007 in Vorbereitung)

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