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Vergleich der Jugendhilfesysteme - Landschaftsverband Rheinland

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me, indem die Freiwilligkeit belanglos ist. Dies ist so mit Pflege- und Betriebserlaubnissen,<br />

Mitwirkung in Gerichtsverfahren, staatlicher Rechtsfürsorge (Vormundschaft,<br />

Pflegschaft, Beistandschaft) und urkundlicher Tätigkeit. Wenn man es vom Ergebnis<br />

her sieht, könnte man allerdings auch alle (freiwilligen) Hilfen, d.h. alle Leistungen <strong>der</strong><br />

Jugendhilfe (D. II.), dazu rechnen, die gegen den Willen des Personensorgeberechtigten<br />

erbracht werden, nachdem diesem das Recht <strong>der</strong> Inanspruchnahme von Hilfe zur<br />

Erziehung (= Teil <strong>der</strong> elterlichen Sorge) gemäß § 1666 BGB entzogen und auf einen<br />

Pfleger (§ 1909 BGB) übertragen worden ist.<br />

Der Begriff des Staatlichen Wächteramts ist nur teilidentisch mit den „an<strong>der</strong>en Aufgaben“.<br />

Das Wächteramt ist weiter. Es wirkt auch bei <strong>der</strong> Gewährung von Hilfen, indem<br />

es beobachtet und Unterstützung anbietet. Es entfaltet sich auch schon vorbeugend<br />

und wartet nicht, bis „das Kind in den Brunnen gefallen ist“<br />

II. Intervention bei Gefährdung<br />

1. Einordnung<br />

Die staatliche Intervention bei Gefährdung eines Kindes ist die offensichtlichste Form<br />

des Staatlichen Wächteramts. Dieses ist nicht „an<strong>der</strong>e Aufgabe“, son<strong>der</strong>n permanenter<br />

und allseitiger Arbeitsauftrag aller staatlichen Behörden, die mit Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen<br />

zu tun haben. Es ist integraler Bestandteil aller sozialen Arbeit. Es ist daher folgerichtig<br />

im Allgemeinen Teil des SGB VIII (Erstes Kapitel: §§ 1-10 SGB VIII) geregelt,<br />

und hier in § 1 III Nr.3 und § 8a. Beide Paragrafen gehen davon aus, dass das Jugendamt<br />

- und nicht nur dieses - einen Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung hat,<br />

<strong>der</strong> jegliche fachliche Tätigkeit begleitet. Wie an dem a-Paragrafen ersichtlich, ist dieser<br />

erst später eingefügt worden, und zwar 2005. Anlass war die traurige Tatsache,<br />

dass in den letzten Jahren immer wie<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> zu Tode kamen o<strong>der</strong> völlig verwahrlost<br />

aufgefunden wurden, obwohl die Familien oftmals mit dem Jugendamt Kontakt hatten.<br />

Er wurde deshalb, obwohl dieser Auftrag des Jugendamtes nach § 1 III Nr.3 schon<br />

immer existiert hatte, noch einmal in einer neuen Vorschrift hervorgehoben, um dem<br />

letzten Jugendamt und dem letzten Jugendamtsmitarbeiter deutlich zu machen, was<br />

für eine Verpflichtung er hat. Darüber hinaus hat <strong>der</strong> Gesetzgeber diese Novelle dazu<br />

genutzt, auch freien Trägern <strong>der</strong> Jugendhilfe diese Aufgabe aufzuerlegen und sich<br />

nicht hinter seiner Schweigepflicht (§ 203 StGB) verschanzen zu können.<br />

2. Abschätzung des Gefährdungsrisikos<br />

Im Einzelnen sieht § 8a Folgendes vor:<br />

- Werden dem Jugendamt wichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls<br />

eines Kindes o<strong>der</strong> Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken<br />

mehrerer Fachkräfte abzuschätzen.<br />

- Soweit <strong>der</strong> wirksame Schutz des Kindes o<strong>der</strong> Jugendlichen nicht in Frage gestellt<br />

wird, sind die Personensorgeberechtigten sowie das Kind o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Jugendliche einzubeziehen.<br />

- Hält das Jugendamt zur Abwendung <strong>der</strong> Gefährdung die Gewährung von Hilfen für<br />

geeignet und notwendig, so hat es diese den Personensorgeberechtigten anzubieten<br />

(Abs.1).<br />

- Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erfor<strong>der</strong>lich, so hat es<br />

das Gericht anzurufen.<br />

- Das Gericht ist auch anzurufen, wenn die Personensorgeberechtigten nicht bereit<br />

o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Lage sind, bei <strong>der</strong> Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken.<br />

- Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet<br />

werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind o<strong>der</strong> den Jugendlichen<br />

in Obhut zu nehmen (Abs.3).

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