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Vergleich der Jugendhilfesysteme - Landschaftsverband Rheinland

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Kin<strong>der</strong> sich oftmals in gefährlichen Situationen befinden, die von den Eltern verursacht<br />

sein, aber auch völlig ohne ihr Zutun entstanden sein können. Die Vorschrift des<br />

§ 42 SGB VIII sieht für alle drei Fallkonstellationen Lösungen <strong>der</strong> Jugendhilfe (nicht <strong>der</strong><br />

Polizei, die kann sowieso handeln) vor. Daneben bleiben selbstverständlich alle beschriebenen<br />

gerichtlichen Befugnisse bestehen.<br />

(1) Kommt ein Min<strong>der</strong>jähriger ins Jugendamt und macht glaubhaft, dass er nicht zu<br />

seinen Eltern zurückkehren wolle (sog. Selbstmel<strong>der</strong>), dann ist das Jugendamt zunächst<br />

verpflichtet, den Min<strong>der</strong>jährigen in Obhut zu nehmen (d.h. in einer Bereitschaftspflegestelle,<br />

einer Einrichtung o<strong>der</strong> einer sonstigen betreuten Wohnform vorläufig<br />

unterzubringen), bis die pädagogische und juristische Situation des jungen Menschen<br />

geklärt ist. In jedem Fall muss mit den Eltern Kontakt aufgenommen werden.<br />

Der „Fall“ kann sich nun in verschiedene Richtungen entwickeln.<br />

- Die schwierige Situation, die <strong>der</strong> Min<strong>der</strong>jährige behauptet, stellt sich als richtig heraus.<br />

Bei einer Rückkehr wäre er gefährdet. Die Eltern wi<strong>der</strong>sprechen einer Fremdunterbringung<br />

ihres Kindes nicht. Dann kann das Kind ohne Einschaltung des Gerichts<br />

untergebracht werden.<br />

- Wie im Fall vorher, jedoch die Eltern wi<strong>der</strong>sprechen. Dann muss das Gericht eingeschaltet<br />

und den Eltern zumindest ein Teil ihres Sorgerechts weggenommen<br />

werden. Anschließend kann das Kind unter Zustimmung eines Pflegers (§ 1909<br />

BGB) untergebracht werden.<br />

- Die schwierige Situation besteht nicht o<strong>der</strong> kann mit Zustimmung und Beteiligung<br />

<strong>der</strong> Eltern beseitigt werden. Das Kind ist bereit zurückzugehen. Dann wird das Gericht<br />

nicht eingeschaltet.<br />

- Wie im Fall vorher, aber das Kind ist nicht bereit zurückzugehen. Die Eltern stimmen<br />

einer Unterbringung zu. Dann kann das Kind trotzdem nicht im Rahmen von<br />

Jugendhilfe untergebracht werden, weil es an einem erzieherischen Defizit fehlt.<br />

- Die Eltern sind gar nicht auffindbar. Dann ist das Gericht einzuschalten und hat<br />

über die Unterbringung und die elterliche Sorge zu entscheiden.<br />

(2) Das Kind o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Jugendliche befindet sich an einem an<strong>der</strong>en Ort als das Jugendamt<br />

in dringen<strong>der</strong> Gefahr (z.B. Zehnjährige nachts um ein Uhr im Bahnhofsgelände<br />

einer Großstadt; Zweijährige unbeaufsichtigt im Elternhaus; Einjähriges in <strong>der</strong> Wohnung<br />

seiner völlig betrunkenen Mutter). Dann kann das Jugendamt (die Polizei sowieso),<br />

das eigentlich keine polizeilichen Kompetenzen hat, den Min<strong>der</strong>jährigen in Obhut<br />

nehmen, sofern die Eltern nicht wi<strong>der</strong>sprechen o<strong>der</strong> das FamG nicht erreichbar ist. Die<br />

vorher dargestellten Sachverhaltskonstellationen sind hier genauso zu behandeln.<br />

Im Normalfall hat das Jugendamt - wie schon dargestellt - keine Möglichkeiten in Elternrechte<br />

einzugreifen. Wenn es einen Eingriff für erfor<strong>der</strong>lich hält, muss es das Familiengericht<br />

einschalten. In den Fällen <strong>der</strong> Inobhutnahme hat das Jugendamt jedoch<br />

vorübergehend Eingriffskompetenzen. Es muss aber, wenn <strong>der</strong> Eingriff auf Dauer Bestand<br />

haben soll, nachträglich das Gericht einschalten und zwar „unverzüglich“ (Abs.3<br />

Satz 2 Nr. 2).<br />

Aufgrund <strong>der</strong> Inobhutnahme hat das Jugendamt bestimmte Kompetenzen. Diese sind<br />

in Abs. 2 beschrieben. Es hat in gewisser Hinsicht Befugnisse wie Eltern. Dies gilt alles<br />

so lange bis endgültig geklärt ist, was mit dem Kind o<strong>der</strong> dem Jugendlichen geschehen<br />

wird.

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