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Dokument 1.pdf - OPUS - Universität Würzburg

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Einleitende Überlegungen 13<br />

Mit dem einsetzenden Bewusstwerdungsprozess der Schwarzen in den 30er Jahren des 20.<br />

Jahrhunderts versuchen die Autoren der Antillen, sich von den Einflüssen der europäischen<br />

Literatur und ihren verfremdenden Bildwelten zu lösen, um zu einer authentischen<br />

Wiedergabe des Selbstverständnisses zu gelangen. Hatte die erste Generation dieser Autoren<br />

im Bannkreis der Négritude-Bewegung mit Aimé Césaire an ihrer Spitze die Rückbesinnung<br />

auf ihre afrikanischen Wurzeln gefordert, so konzentrieren sich die nachfolgenden<br />

Generationen auf die Verankerung im Raum der Karibik. Die Umorientierung lässt eine<br />

überaus reiche Erzählliteratur entstehen, in der sich der neue Blick auf das Hier-und-Jetzt des<br />

Lebens- und Naturraums zu Metaphern, Motiven und Erzählweisen verdichtet, die im Dienste<br />

einer neu zu suchenden und zu erfindenden Identität stehen.<br />

Im Zentrum des zweiten Teils steht die frankophone Romanproduktion der Antillen von<br />

den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Die Auswahl der Texte, die hier<br />

untersucht werden, möchte zum einen die Entwicklung dieses Romantyps in seiner<br />

geschichtlichen Entwicklung zeigen, zum anderen liegt ihr der Wunsch zugrunde, die<br />

aktuellen Tendenzen der antillanischen Literatur wie der Bewegung der Créolité in einem<br />

geschichtlichen Kontext zu begreifen. Das vehemente Interesse, das diese Autoren aktuell in<br />

der Forschung hervorrufen, lässt oft die Schriftsteller vergessen, die die Erarbeitung eines<br />

„kreolischen“ Identitätskonzeptes wesentlich vorbereitet und vorgedacht haben. Aus diesem<br />

Grund bezieht die Arbeit auch einige Texte der Literatur Haitis ein – eines Einflussbereichs,<br />

der in der Forschung gerne vernachlässigt wird.<br />

Ein Autor, der die Anfänge der antillanischen Erzählliteratur mitprägte, ist Joseph Zobel aus<br />

Martinique. Er überträgt das Erbe der Négritude, die vor allem in der Lyrik nach neuen<br />

Ausdrucksmöglichkeiten suchte, auf den Bereich der Prosa. In den Romanen Diab’là und Les<br />

jours immobiles führt er vor, wie sich die Landbevölkerung auf ihre afrikanischen Wurzeln<br />

besinnt und symbolisch die Verwurzelung im antillanischen Boden gelingt. Die Natur ist<br />

mehr als nur Dekor einer paradiesischen Insel, sie wird zum lebensspendenden Lebensraum<br />

aufgewertet. Indem das Dorf sich nicht mehr nur durch die Fischerei ernährt, sondern auf die<br />

traditionellen Bearbeitungsweisen des Bodens zurückgreift, wird der Kontakt zur Erde und zu<br />

den verschütteten kollektiven Ausdrucksformen wiederhergestellt. Trotz dieses<br />

wegweisenden Perspektivenwechsels scheinen in Zobels Texten bisweilen koloniale<br />

Denkmuster durch, die mit Motiven wie dem des guten Wilden an die romantisierende und<br />

verklärende Literatur Europas erinnern. Auch die im Roman eingenommenen

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