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Dokument 1.pdf - OPUS - Universität Würzburg

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Das Romanwerk von Jacques Stephen Alexis 64<br />

nul ne voit plus Toussaint nul ne voit l’avenir dans l’étendue tourmentée ils<br />

ne voient pas touristes chasseurs levant les yeux sur la route au-dessus de<br />

Port-au-Prince l’énorme lèpre de l’érosion du déboisement qui mange la<br />

grande montagne qui te serre le cœur de toute la misère présente de toutes<br />

celles à venir 1<br />

EDOUARD GLISSANT<br />

3 La marche en avant de l’humanité: das Romanwerk von Jacques Stephen Alexis<br />

1955 erscheint Compère Général Soleil als erster Roman des haitianischen Neurologen und<br />

Psychiaters Jacques Stephen Alexis und wird in kurzer Zeit ein Welterfolg. Zu diesem<br />

Zeitpunkt hat sich Alexis, ein Schüler und Freund von Jacques Roumain und Jean Price-Mars,<br />

bereits einen Namen als junger Intellektueller der Linken Haitis gemacht.<br />

In den 40er Jahren schrieb er unter dem Pseudonym Jacques la Colère für das<br />

studentische sozialistische Oppositionsblatt „La Ruche“, das den französischen Surrealisten<br />

sehr nahe stand. Darin veröffentlichte Alexis regelmäßig seine Glossen „Lettres aux hommes<br />

vieux“, die die Stimmung im Land gegen die von den USA unterstützte Regierung aufheizten.<br />

Die Gruppe um „La Ruche“ war maßgeblich an der Studentenbewegung beteiligt, die 1946<br />

den haitianischen Präsidenten Lescot zu Fall brachte. Trotz dieses großen Erfolges konnte die<br />

Bewegung in der Führung des Landes nicht Fuß fassen. Statt der Sozialisten ergriffen die<br />

Nationalisten die Macht, die das Feld für Duvaliers Griot-Bewegung ebneten. Alexis wie auch<br />

sein Freund René Depestre mussten ins Exil gehen.<br />

In Paris lernt Alexis die führenden Intellektuellen Europas kennen und wird bald selbst<br />

zur Hoffnung der linken Kunstszene. Innerhalb kurzer Zeit veröffentlicht er mit großem<br />

Erfolg drei Romane und einen Band mit Kurzgeschichten. Die Phase dichterischer Kreativität<br />

wird jedoch jäh unterbrochen. Als Alexis 1961 nach Haiti zurückkehren will, um zum<br />

Widerstand gegen Duvalier aufzurufen, werden er und seine Begleiter abgefangen und<br />

ermordet 2 .<br />

Die Emanzipation der haitianischen Literatur, die mit Gouverneurs de la rosée ihren<br />

Anfang genommen hatte, erreicht mit Alexis’ Romanen eine neue Qualität. Es gelingt ihm,<br />

sich von der Literatur des bovarysme collectif freizuschreiben, ohne deren Werte einfach<br />

umzukehren und einer Idealisierung und Mythisierung Afrikas oder „des Schwarzen“ anheim<br />

zu fallen. Der Weg, den es dabei zurückzulegen gilt, ist am besten im Vergleich zu dem 1933<br />

erschienen Roman Le Nègre masqué von Alexis’ Vater Stephen Alexis zu ermessen, wie<br />

René Depestre vorschlägt:<br />

1 Edouard Glissant, Malemort (Paris: Gallimard, 1997): 179.<br />

2 Einen guten Überblick über die politische Situation Haitis der 1930er bis 1960er Jahre und die Rolle, die<br />

Jacques Stephen Alexis darin einnahm, geben René Depestre (1980, 197-226) und Michael Dash (1975, 5-16).

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