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Dokument 1.pdf - OPUS - Universität Würzburg

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Edouard Glissant: hagiographe des sites 145<br />

Béluse die erste Gelegenheit, um ihre Auseinandersetzung fortzusetzen, als ob unterdessen<br />

nichts geschehen wäre.<br />

Die Redundanz, mit der das Thema des Bruderverrats in Glissants Romanwerk<br />

wiederkehrt, legt nahe, dass auch der Kampf zwischen Thaël und dem Verräter Garin vor<br />

diesem Hintergrund zu verstehen ist. Die ritualisierte Wanderung entlang des Flusses und der<br />

Tod im Meer wären insofern eine Wiederholung des vorgeschichtlichen Zwistes zweier<br />

Brüder, die ihren Streit mit in die neue Welt gebracht haben. In der gleichen Weise lässt sich<br />

die Prügelei zwischen Thaël und Mathieu verstehen. Beide werden im Laufe von La Lézarde<br />

immer wieder als Gegenspieler charakterisiert 16 und würden durch ihre Abstammung den<br />

Streit fortführen. Schließlich ist Thaël, dessen eigentlicher Name Raphaël Targin zu seinem<br />

Rufnamen komprimiert wurde, durch Papa Longoués Heirat mit Edmée Targin mit der<br />

Familie Longoué verschwägert. Der Verrat bildet das Bindeglied zwischen Afrika und den<br />

Antillen und fungiert als Brücke über das „grand trou que le temps a sauté d’un seul coup“<br />

(Siècle 281). Indem Glissant diese mythologisch aufgeladene Szene immer wieder neu vor der<br />

Kulisse der Natur Martiniques in Szene setzt, schreibt er der Insel die geschichtliche Tiefe<br />

ein, die durch die Vernichtung der Ureinwohner und der Ansiedelung der Sklaven abhanden<br />

gekommen war.<br />

Toute l’histoire s’éclaire dans la terre que voici: selon les changeantes<br />

apparences de la terre au long du temps. 17<br />

6.4 Le quatrième siècle (1964): le Temps noué à la terre<br />

EDOUARD GLISSANT<br />

Der Antagonismus von Longoué und Béluse – zwischen „ceux qui refusèrent et ceux qui<br />

acceptèrent“ (Siècle 66) – wird in der neuen Umgebung verankert und in der Natur<br />

verräumlicht. Der Bergwald, Heimat der Familie Longoué und der anderen nègres marrons,<br />

steht der Ebene gegenüber, wo die Sklaven in den Feldern arbeiten. Der Streit beider Familien<br />

spiegelt sich in der Inszenierung der Ebene während der Gespräche zwischen Papa Longoué<br />

und Mathieu wider. Sie sitzen vor Papa Longoués Hütte auf einer freien Fläche, auf die sich<br />

Longoué am ersten Tag seiner Flucht vor dem béké flüchtete und die insofern traditionell ein<br />

Ort der Freiheit ist. Der Blick auf die Ebene wird durch kleine Fenster, „lucarnes sur la plaine<br />

lointaine“ (Siècle 34), im Blattwerk des Waldes freigegeben, als ob der Betrachter durch eine<br />

16 Mathieu sieht Thaël als seinen Gegenspieler an: „Mathieu pense que Thaël est comme son double nocturne,<br />

essentiel: un Mathieu de la nuit profonde;“ (Lézarde 119). Mathieu und Thaël werden einem Begriffspaar<br />

zugeordnet, dessen Elemente der Roman als konträr interpretiert. Zum Beispiel ist Mathieu der Vertreter der<br />

Stimme (cf. Lézarde 141) und des Tages (cf. Lézarde 198), während Thaël die Erde und die Nacht repräsentiert.<br />

17 Siècle 53.

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