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Dokument 1.pdf - OPUS - Universität Würzburg

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Die Stille bei Daniel Maximin 183<br />

qu’implique le sens propre de certains mots: Renaissance antillaise, par exemple,<br />

c’est une très belle formule d’espoir que nous n’avons cessé de proférer depuis dix<br />

ans dans nos soirées d’étudiants, et il nous faut bien savoir quelle matérialité<br />

recèle cette utopie qui nous engage avec son cortège de chairs ouvertes, de<br />

poussées haletantes, de rêve avorté et de confiance violée, sans jamais oublier la<br />

terre à accoucher, les cyclones à respirer, le placenta thésaurisé des volcans…<br />

(Isolé 174f)<br />

Siméa nimmt hier nicht nur das Schicksal ihrer eigenen Tochter voraus – wobei<br />

interessanterweise Marie-Gabriel ihrer Mutter diese Worte in den Mund legt –, sondern betont<br />

auch die kollektive Bedeutung der Wiedergeburt nach dem Aufstieg aus dem Wasser.<br />

7.4 Das Strukturprinzip der Leere<br />

In einem Interview mit Alain Mabanckou findet sich folgende Bemerkung Maximins: „La<br />

nature n’est pas un décor de notre Histoire, elle en est une composante à part entière. C’est le<br />

réceptacle de notre identité. La géographie nous a donné le cadre de notre mesure<br />

humaine.“ 19 . Die Natur zeichne sich, so Maximin, als Behälter und Aufbewahrungsort der<br />

antillanischen Identität aus. Sie gebe den Rahmen vor, innerhalb dessen sich diese Identität<br />

manifestiere.<br />

Elisas Identität steckt seit dem Tod ihres Bruders und des verantwortungslosen<br />

Verschwindens ihrer Eltern in einer tiefen Krise. Sie verweigert das Sprechen, ist stumm. Von<br />

ihrem früheren Leben und ihrer früheren Identität hat sie nur zwei Gegenstände in ihre jetzige<br />

Existenz herübergerettet. Diese Gegenstände, die beide Lebensphasen miteinander<br />

verknüpfen, sind kontinuitätsbildend und spielen insofern eine große Rolle für Elisa. Es sind<br />

„la timbale cabossée de son père et la potiche de table en terre, seuls vestiges de sa première<br />

vie.“ (Soufrières 33f). Die Verbeulungen scheinen Elisas seelischen Zustand genauso<br />

verräumlichen zu wollen wie ihr beständiges Lied vom Loch im Eimer. Für Elisas Identität<br />

spielen Behälter also tatsächlich eine so große Rolle wie sie Maximin ihnen im obigen Zitat<br />

zugewiesen hat. Jedoch liegt die Wichtigkeit der Behälter für Elisa nicht im Inhalt, sondern in<br />

der nackten Gegenständlichkeit. Die Funktion als Behältnis wird zwar genutzt – Elisa isst aus<br />

ihrem Becher das geliebte Kokossorbet –, ist aber sekundär. Die Behälter sind leer und<br />

dennoch bedeutungsvoll. Dieses Motiv der bedeutungsvollen Leere nimmt in Maximins<br />

Trilogie einen wichtigen Platz ein und führt direkt zu Maximins Subjekt- und<br />

Identitätskonzept. Verräumlicht zum Kreis wiederholt es sich in der Naturdarstellung und in<br />

den Attributen und Aussagen der Romanfiguren.<br />

19 Alain Mabanckou, 1999/2000, 80.

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