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Dokument 1.pdf - OPUS - Universität Würzburg

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Die Natur der Antillen im Spiegel der Kolonialliteratur 41<br />

végétal, obscur, humide, bruissant, surgit la plus claire et la plus ravissante des<br />

visions, telle que ceux qui croient au Paradis Terrestre en imaginent un coin.<br />

(Antilles 95)<br />

Der Weg zum Paradies auf Erden führt durch einen Tunnel, der durch seine Eigenschaften<br />

sowohl an das weibliche Geschlecht als auch an den durch das Bild der Schlange evozierten<br />

Sündenfall denken lässt. Kontrastiv führt er aus der Dunkelheit nach oben in die Helligkeit,<br />

ins Paradies. Die Natur erhebt sich aus ihrer natürlichen Wesenhaftigkeit und strebt wie auf<br />

einer Himmelfahrt der Perfektion des Göttlichen entgegen:<br />

Au dehors s’épandait un de ces après-midi des Tropiques où le soleil et le silence<br />

d’un ciel sans nuage suspendent une harmonie dorée vers laquelle les arbres<br />

semblent monter pour y épanouir leur perfection. (Ulysse 237)<br />

Der Rausch der irdischen Natur wird durch christliches Vokabular der Mystik in den<br />

himmlischen Bereich verpflanzt und damit wieder abgetötet:<br />

Durant ces jours, trop rapides jours, Laure se sentira entraînée dans un vertige de<br />

beauté.<br />

Chez elle et aux entours, ces vertes barrières, auxquelles elle n’a jamais pris<br />

garde, elle les verra porter vers le ciel, très haut, comme des cierges de prière, la<br />

rose gloire de leurs hampes. Ce sont les Cesrams, princes des haies, qui dressent,<br />

aux portes des demeures, de somptueux reposoirs.<br />

Puis viendront les grands lis, les beaux lis, rouge mandarine, largement<br />

ouverts, livrant, dans leur pureté, les secrets de leur cœur, blanc et vert, jusqu’à la<br />

petite couronne posée, au plus profond, comme un sceau mystique.<br />

Par brassées, mis sur les autels, aux pieds de la Vierge, leur flamme<br />

symbolique traduira la ferveur des oraisons. (Antilles 144f)<br />

Nun ist ja bereits die Beschreibung der Natur in der literarischen Form ein Akt der<br />

Bändigung, eine Überführung in den Bereich der Kunst, ins Dasein als Objekt, sozusagen eine<br />

Fixierung oder auch ein „Stillstellen“. Darüber hinaus lässt sich beobachten, dass die<br />

Beschreibungen der Natur per se Zeichen der Künstlichkeit tragen. Nur die Natur scheint<br />

perfekt, die ins Bild gesetzt, beschnitten, eingegrenzt, verkleinert, verniedlicht und damit<br />

womöglich nur Rahmen für das Menschliche ist: „Elle est délicieuse,“ heißt es von einer der<br />

weiblichen Hauptfiguren in Antilles…, „à tous les instants du jour; mais il y a un moment où<br />

elle atteint la perfection. C’est lorsqu’elle se tient, debout, au soleil, dans le cadre vivant,<br />

étincelant et odorant des roses.“ (Antilles 127). Nach Lévi-Strauss, der in der Verkleinerung<br />

den „Typus des Kunstwerks überhaupt“ 28 sieht, bestehe „die innere Kraft des Modells“, also<br />

des die Wirklichkeit verkleinernden Kunstwerks, darin, „daß sie den Verzicht auf sinnliche<br />

Dimensionen durch den Gewinn intellektueller Dimensionen ausgleicht“ 29 . Da die Gefahr der<br />

unbeherrschten Natur gerade in der erhabenen, erschreckenden Wirkung der sinnlichen<br />

28 Lévi-Strauss, 1968, 36.<br />

29 Ibid. 38.

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