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Dokument 1.pdf - OPUS - Universität Würzburg

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Mangrove urbaine et poétique: Texaco von Patrick Chamoiseau 287<br />

11.6 Texaco, poème urbain<br />

Bisher war von Texaco immer nur als quartier populaire die Rede. Texaco vereint in sich<br />

jedoch zwei weitere Aspekte. Texaco ist der geheime Name Marie-Sophies in ihrem Kampf<br />

gegen l’En-ville, der ihr durch seine Geheimhaltung Kraft verleihen soll. Texaco ist<br />

schließlich auch der Titel des Romans ist, der diesen Kampf erzählt und bezeichnenderweise<br />

in seinem ‚Auf-Bau’ der Chronologie von architektonischen bzw. an den historischen<br />

Materialien ausgerichteten Bau-Einheiten folgt. Obwohl dabei die Natur nur indirekt, nämlich<br />

als wesentlicher Bestandteil Texacos, „non-ville de terre et d’essence“ (Texaco 132), zum<br />

Tragen kommt, wird doch die ihr genuine Kraft des Schöpferischen, das Prinzip der natura<br />

naturans im „lieu vivant“ (Texaco 19) des durch Buchstaben wie Bausteinen aufgebauten<br />

Texacos widergespiegelt.<br />

Serge Dominique Ménager geht der Frage nach, ob sich Texaco, das Viertel,<br />

metaopoetisch lesen lässt, und sucht nach Hinweisen, ob die Bauweise des Viertels Texaco im<br />

Aufbau des Romans Texaco reflektiert wird und in die Architektur eine Poetik des „quartier<br />

populeux“ eingeschrieben ist. Er arbeitet aus dem „discours caché sous l’architecture“ 44 die<br />

Realisationen des Konzeptes der Créolité heraus. Über die Bauweise der Häuser Texacos auf<br />

der inhaltlichen Ebene hinaus folge auch die Anordnung des Textes auf der Seite und die<br />

Auflösung in sich gegenseitig infiltrierende Haupt- und Nebentexte dieser Struktur. Wie<br />

Texaco in l’En-ville intergriert wird, verschränke Chamoiseau Text und Infratext, das<br />

Französische und das Kreolische, écriture und parole, Grammatik und Hieroglyphen, Gesetz<br />

und Poesie, Ordnung und Wucherung, Stadt und Natur 45 .<br />

Nach der Natur und ihren „paysages qui gardent mémoire“ (Texaco 46) fungiert nun<br />

Texaco als „port d’attache des mémoires“ (Texaco 190), als Ort, in den die kreolische<br />

Memoria eingeschrieben ist. Der Roman spiegelt diese Bewegung. Texaco wird zum<br />

virtuellen Ort der Erinnerung, des Sich-Erinnerns. Die Materialisierung der lebendigen parole<br />

endet nicht im Tod, wie Marie-Sophie fürchtet, sondern gebiert den Text:<br />

L’idée me vint d’écrire l’ossature de cette solitude. Ecrire c’était retrouver mon<br />

Esternome, réécouter les échos de sa voix égarés en moi-même, me reconstruire<br />

lentement autour d’une mémoire, d’un désordre de paroles à la fois obscures et<br />

fortes. (Texaco 352)<br />

44 Serge Dominique Ménager, 1994, 67.<br />

45 Thematisiert wird diese Gegenüberstellung von Peripherie und Stadt, wie bereits angemerkt, in den „Notes de<br />

l’urbaniste“. In ihnen lässt sich die gleiche Bewegung der Verschränkung beobachten. Denn obwohl die<br />

Bemerkungen weiterhin als „Notes de l’Urbaniste“ bezeichnet werden, ähneln sie zunehmend Prosagedichten<br />

über die Stadt. Als sich der Urbanist in den Dienst Texacos stellte und dessen Strukturen verstehen lernen wollte,<br />

wurde er zum „artiste“ (Texaco 204), zum „poète“ (Texaco 374) und „voyant“ (Cf. 380, 390, 396, 403).

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