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Dokument 1.pdf - OPUS - Universität Würzburg

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Die Natur der Antillen im Spiegel der Kolonialliteratur 39<br />

abzuschneiden. Um der Natur die als gefährlich empfundene Macht zu entziehen, lässt er<br />

Blumen, Blätter und Bäume in das Kircheninnere schaffen: „toute cette flore parasite de la<br />

mousse qui, participant de la liane et de l’orchidée, semble née des amours hybrides des<br />

espèces dans la nuit emperlée des fourrés“ (Ulysse 168f). Dies nur, um sie anschließend zu<br />

segnen: „Faisons, à proprement parler, entrer dans l’église tout ce fouillis de plantes<br />

complices. Baptisons-les en quelque sorte de l’âme de Dieu. Par là même, rendons-les à<br />

jamais bonnes et ‘innocentes’ dans l’esprit des noirs.“ (Ulysse 170).<br />

Das Naturprinzip ist zum einen unrein, da es durch die Schaffung hybrider,<br />

unzuordnungsfähiger Objekte die Grenzen der Ordnung sprengt und im Dunkel des Dickichts<br />

seinen Perversitäten nachgeht, zum anderen ist es der Kraft des Menschen untergeordnet. Das<br />

Segnen der Blumen, das Erheben der Monstranz gegenüber der wilden Gewalt der Winde<br />

(Ulysse 212) oder das Hochhalten des Kreuzes, dessen Silhouette sich des Nachts<br />

eindrucksvoll für die schwarze, einer magischen Zusammenkunft beiwohnenden Bevölkerung<br />

auf dem Vollmond abzeichnet, sind Gesten, die sofortige Wirkung nicht nur auf den<br />

Menschen, sondern auf die Natur zeigen. Befinden sich die Pflanzen in ihrer natürlichen<br />

Umgebung, sind sie des Teufels, als Altarschmuck jedoch wird der Wald als „forêt du pays,<br />

forêt de fougères arborescentes, de lianes, d’orchidées, de mousses, de vos feuillages purs, ô<br />

forêt natale“ (Ulysse 234) angerufen, als ob er selbst eine Gottheit wäre. Zahlreich sind<br />

außerdem die Textstellen, die der Natur eine Affinität mit der christlichen Religion<br />

einschreiben und auf diese Art moralisierende Absicht haben. Damit wird Religion zum<br />

natürlichen Prinzip erklärt und direkt aus der menschengeschaffenen Ordnung der Welt<br />

begründet.<br />

In einem geringeren Maße als die Religion stehen schulischer und berufsbedingter<br />

Zugang zur Natur im Dienst der Naturbeherrschung. In Leblonds Roman hat P’tit Pascal zum<br />

großen Erstaunen des erwachsenen, aber zu Beginn noch unzivilisierten Ulysse keine Angst<br />

vor dem Meer, denn für ihn stellt es keine konkrete Gefahr dar, sondern eine abstrakte Größe,<br />

die einen bestimmten Namen, eine geographische Lage, Tiefe etc. hat. Ein Blick auf die<br />

berufliche Situation der männlichen Protagonisten – Frauen halten sich fern von einem<br />

professionellen Leben, das die Herstellung von Rosenkränzen, Tischdecken oder<br />

Messgewändern übersteigt – zeigt, dass neben dem Priester auch Ulysse selbst den<br />

Naturbändigern angehört: „[il] avait passé sa vie à hacher le cou des bêtes“ (Ulysse 53). In der<br />

Nachfolge des Priesters, die er antritt, ist er weiterhin als Koch, aber auch als Gärtner und<br />

Imker beschäftigt. Eindeutiger ist der Beruf des männlichen Protagonisten in Antilles….<br />

Roger Clairval arbeitet zunächst als „surveillant de chantier dans une Société Forestière“

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