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Dokument 1.pdf - OPUS - Universität Würzburg

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Eine Romanwelt der Gegensätze: Gisèle Pineau 220<br />

d’oiseaux.“ (Âme 215) Über ihrer Liebe steht der Hoffnungsschimmer der in Freiheit<br />

lebenden Vögel im New Yorker Innenhof, von denen James-Lee begeistert berichtet:<br />

Au milieu de l’été, il y a encore davantage d’oiseaux ici. Et mon père est heureux.<br />

Les gens sont toujours étonnés et il faut les entendre. Ils prétendent que c’est un<br />

jardin du paradis en plein cœur de New York. On ignore tout de ces oiseaux. Ils<br />

débarquent et s’installent comme chez eux. Ils mangent, ils boivent, ils chantent.<br />

Et ils sont libres. (Âme 206)<br />

Dem Happy End des Romans steht somit nichts mehr im Wege. In Sybilles und James-Lees<br />

Liebesgeschichte scheint Pineau das Unglück, das den liebenden Sklaven auf dem Gut der<br />

Mac Dowells widerfahren ist, wiedergutmachen zu wollen. So schließt der Roman denn auch<br />

mit Sybilles liebenden Gedanken an James-Lee, „son amour, qui saurait peut-être où trouver<br />

l’âme prêtée aux oiseaux“ (Âme 222). Wie die Romanfiguren, die sich auf der Suche nach der<br />

Essenz der Liebe, der Farbe, des Geruchs etc. befinden, scheint Pineau die Essenz des<br />

Romans in dem am Ende wiederkehrenden Titel zusammenzufassen. Es scheint darin die<br />

Utopie auf, der wahren und einzigen Seele der Liebe doch noch auf die Spur kommen zu<br />

können. 21 Nicht nur das kitschige Ende des Romans, sondern auch die Rekurrenz, mit der<br />

Pineau das Vogelmotiv einsetzt, ist, um mit Casteel zu sprechen, „quite jarring“. Während<br />

manche Romanfiguren wie Zébio, Rosette und Clothilde vergeblich nach Perfektion gesucht<br />

haben, sind am Ende von l’Âme prêtée aux oiseaux und L’espérance-macadam die Karten neu<br />

gemischt. Der Pessimismus bricht auf und eröffnet den Blick auf utopische Momente, die dem<br />

Roman einen trivialen Charakter geben.<br />

21 Cf. auch La Grand Drive des esprits, wo die Erzählerin am Ende die Liebe ihres Lebens gefunden hat. Sie<br />

erzählt somit das Geschehen des Romans aus dem sicheren Abstand eines Menschens, der sich nicht mehr in<br />

einer existentiell gefährdeten Lebenslage befindet, sondern gefestigt auf das bisherige Leben zurückblickt. Die<br />

gleiche idealisierende Aura umgibt das Ende des Romans L’espérance-macadam. Für Angela scheinen die<br />

Spuren des Missbrauchs durch den Zyklon Hugo weggefegt zu sein (Espérance 207). Eliette verspürt kurz nach<br />

ihrer Erkenntnis bereits das erste Mal in ihrem Leben Lust, zu tanzen und ihren Körper zu spüren. Ein derart<br />

schnelles Verschmerzen erscheint unwahrscheinlich und verklärend. Bisher wurde die Erinnerung so erfolgreich<br />

verdrängt, dass ein Erinnern im höchsten Maße schmerzhaft sein müsste, unter Umständen so schmerzhaft, dass<br />

die Betroffene daran zu zerbrechen droht. Während bei Pineau bereits das Erinnern allein die Bewältigung des<br />

Problems zu sein scheint, gestaltete Maximin die Problematik der wiedererlangten Erinnerung realistischer. Das<br />

Eingeständnis des Vorgefallenen und das Verspüren des damit verbundenen Schmerzes bedeutet nicht<br />

gleichzeitig Marie-Gabriels psychische Genesung. Diese kann allenfalls folgen. In L’espérance-macadam jedoch<br />

ist am Ende die Phase des Leides überwunden, und die Möglichkeit der Idealwelt scheint wieder offen: „Oui, y<br />

avait encore moyen de remettre debout le paradis de Joab au macadam des espérances.“ (Espérance 219). Der<br />

positive Wandel erfasst nicht nur Eliette, sondern die gesamte Dorfgemeinschaft. War bisher das Leben von<br />

Mord, Neid und Hass geprägt, herrscht am Ende des Romans plötzlich Solidarität und Nächstenliebe: „Et ils<br />

s’essayaient à renaître frères et sœurs dans une solidarité nouvelle qui les étonnait, les bouleversait, oui.“<br />

(Espérance 192).

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