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Dokument 1.pdf - OPUS - Universität Würzburg

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Karnevalistisches Naturerleben: Eau de Café von Raphaël Confiant 260<br />

propres souvenirs et en déblayer de moi-même les gravats“ (Eau 53) 23 . Seine Suche führt ihn<br />

an den Strand. Dass das Meer als Wächter oder Träger der Memoria fungiert, klingt dabei<br />

auch im geplanten Akt des „plonger“ an. Wie seine Erinnerungen und damit seine Identität<br />

unter dem Schutt seiner langen Abwesenheit begraben liegen, ist auch sein Zugang zum Meer<br />

und zur natürlichen Wirklichkeit im Allgemeinen durch den Aufenthalt in Europa ein anderer<br />

als zu Zeiten seiner Kindheit und Jugend in Grand-Anse:<br />

Hier, j’ai pu enfin hasarder quelques pas sur la plage noire de Grand-Anse et ma<br />

surprise a été de ne point retrouver cette fascination que les colères subites de la<br />

mer exerçaient sur moi. Maintenant, je déchiffre à la perfection sa fausse aménité:<br />

elle feint de se renfrogner et tu vois les lames s’assouplir tout d’un coup comme<br />

sous l’effet d’un peigne divin. Tu vois l’écume saupoudrer de vastes quartiers<br />

d’eau bleuâtre. Les raisiniers de La Crabière se redressent en un régiment sublime<br />

de gardes-côtes à cheval. (Eau 53)<br />

Das magische Wirklichkeitserleben, das das Meer und den Menschen als Glieder in einem<br />

Naturzusammenhang begreift, in der zitierten Passage durch „fascination“ angedeutet, ist<br />

einem landschaftlichen Beobachten gewichen, das die Elemente der Natur im Raum als<br />

Objekte oder Phänomene zu entziffern weiß. Statt sich durch die Naturgewalt des Meeres in<br />

ein existentielles Verhältnis eingebunden zu fühlen, kalkuliert der Erzähler rational den<br />

Ablauf der Brandung, sich dabei voll auf die durch empirisches Beobachten gewonnene<br />

Erkenntnis verlassend. Auffallend ist darüberhinaus die Beschreibung der Steilküste und<br />

deren Vegetation als „sublime“, das auf die europäisch geprägte Konzeption des Erhabenen<br />

verweist. Hier steht gerade nicht das Eingebundensein in den Naturzusammenhang im<br />

Mittelpunkt, sondern die an den eigenen Körper gebundene Wahrnehmungstätigkeit, die die<br />

räumliche Umgebung als Außerhalb erfährt und zwischen Natur und Mensch eine klare<br />

Trennungslinie setzt.<br />

Indessen verschwimmt diese Trennung während des fortschreitenden Aufenthalts des<br />

Erzählers auf seiner Heimatinsel zunehmend. Er empfindet bald die gleiche existentielle<br />

Furcht vor dem personifizierten Meer wie die Bewohner von Grand-Anse:<br />

J’avais passé une nuit agitée. La mer ne m’avait pas accordé une miette de répit.<br />

Elle avait assiégé mon auvent, labouré toute l’étendue du toit, clamé des douleurs<br />

qui m’avaient glacé d’effroi. Je m’attendais à tout instant à la voir envahir ma<br />

chambre et me rouler-mater, dans son chamaillis aux allures de rancune<br />

immémoriale. Je m’étais surpris à lui murmurer que je ne lui avais rien fait. Je<br />

n’avais pas attenté à sa souveraineté ni ne m’étais moqué de sa superbe. Nos rêves<br />

n’ont-ils pas été de tout temps sous sa coupe? D’être parti si loin et si longtemps<br />

ne m’avait pas affranchi d’elle. J’étais revenu à elle enveloppé de la même<br />

révérence que celle de n’importe quel nègre d’ici. Qu’elle cessât de m’intimider!<br />

(Eau 102)<br />

23 Cf. auch: „Mer de Grand-Anse dont j’ai longtemps cherché en moi-même le secret de ses entrailles<br />

bréhaignes, peu convaincu par les dires d’ici-là.“ (Eau 150).

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