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Dokument 1.pdf - OPUS - Universität Würzburg

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Das Romanwerk von Jacques Stephen Alexis 77<br />

Reichen empfängt sie Hilarion als „gentille petite nuit de verre frêle, qui présentait aux pas<br />

ses tapis de couleur et de douces caresses.“ (Compère 18). Als Hilarion in den Morgenstunden<br />

ertappt wird und sich ergeben muss, ergeht es der Nacht nicht anders: „La demi-nuit grise<br />

devint très pâle et triste, comme à la veille d’abandonner son combat contre l’aurore…“<br />

(Compère 20).<br />

Im 13. Absatz ist die Nacht vorüber: „La nuit au-dehors gisait morte au ras du sol après<br />

l’effroyable lutte des coqs d’ombre et de clarté qui s’époumonaient encore. Le coq du jour<br />

avec sa crête de soleil chantait éperdument victoire, battant des ailes ruisselantes de feux…“<br />

(Compère 22). Hilarion hat gerade seinen epileptischen Anfall überstanden. Wie die Nacht<br />

liegt er halbtot am Boden und sehnt sich in die Schatten der Nacht zurück. Der Sieg des Tages<br />

über die Nacht suggeriert jedoch, dass sich nun auch für Hilarion ein guter Stern am Himmel<br />

abzeichnet. Am Ende des Prologs tritt er ein in das Reich der Sonne, in das Reich des<br />

Compère Général Soleil, der wie die Nacht als positiver Begleiter an Hilarions Seite stehen<br />

wird. Zwar liegt Hilarion nun „face contre terre“ am Boden und kann wohl tiefer nicht mehr<br />

fallen. Andererseits ermöglicht erst das Zu-Boden-Gehen die Kontaktnahme mit der Erde und<br />

den „sources vives de la symbolique et du génie nationaux“ (Compère 41). Hilarions prekäre<br />

Lage wird in diesem Sinn zur Ausgangsbasis des Neubeginns. Der Zusammenbruch ist vor<br />

allem ein Aufbruch – lernt Hilarion doch im Gefängnis Pierre Roumel kennen, der den<br />

Beginn seiner geistigen und körperlichen Heilung einleiten wird.<br />

Der Prolog nimmt bereits das Ende des Romans voraus, wo Hilarion ebenfalls am Ende<br />

der Nacht am Boden liegt und sehnend die ersten Sonnenstrahlen erwartet. Obwohl Hilarion<br />

zum Schluss stirbt, wird der Optimismus des Romans nicht aufgegeben, sondern im Sinne<br />

von Alexis’ kommunistischer Weltanschauung – wenn auch geschwächt – aufrechterhalten.<br />

Hilarion erkennt, dass sein Tod nicht umsonst war, sondern anderen Menschen, die einen<br />

ähnlichen Weg einschlagen, die Richtung weisen wird. Sind er und das Kind auch tot, so kann<br />

zumindest Claire-Heureuse in ein neues Leben aufbrechen und ihre Erfahrungen weitergeben.<br />

Der Optimismus am Ende von Compère Général Soleil steht ganz im Dienste der<br />

Menschheit, die sich der sozialistischen Utopie zufolge auf dem unabänderlichen Weg in<br />

Richtung Gleichheit und Gerechtigkeit befindet. Auch Le Nègre masqué endet trotz der<br />

unglücklichen Liebe und der gescheiterten Annäherung von Schwarz und Weiß optimistisch.<br />

Der fundamentale Unterschied zwischen beiden Romanschlüssen liegt jedoch darin, dass<br />

Jacques Stephen Alexis ein Gesellschaftsmodell in Aussicht stellt, das eine kollektive<br />

Verbesserung der Lebensumstände in Haiti verspricht. Der Vater dagegen wählt eine<br />

individualistische Lösung des Konflikts. Nur Roger Sainclair steht ein besseres Leben bevor.

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