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Edouard Glissant: hagiographe des sites 151
Geradlinigkeit einem Wirrwarr gewichen, das Glissants Konzept des détour auch formal
abbildet. Im Vordergrund steht weniger das, was berichtet wird, als die Form, in der es zum
Ausdruck kommt. Das Sprechen wird mehr und mehr zum Stottern, zum Seufzen, zum
Schweigen:
[L]’important n’était pas [de] rapporter les données littérales, connues de chacun,
mais de retrouver, refaisant le conte de tant d’hisoires folles […], la nuance, le
demi-soupir, le roulement de voix ou le rythme de silence qui soulignaient en tout
cas pour nous, et alors même que nous ne le savions pas encore, non pas tant la
folie ou la sottise que l’appétit de vértité que tant de folies ou de sottises
prédisaient. (Malemort 164f).
Der Wirbel, der schon in La Lézarde die Blätter des Buches durcheinandergewirbelt und die
Kommunikation erschwert hatte, ist nun bis in die Gehirne der Protagonisten und deren
Sprachkompetenz vorgedrungen.
6.6 Procession des dédoublés
6.6.1 La case du commandeur (1981): de roche en roche
Mit La case du commandeur schafft Glissant eine Romanatmosphäre, die zunächst stark an Le
quatrième siècle erinnert. Im ersten Kapitel des Romans steht nach den Familiengeschichten
der Longoués und der Béluses, die in Le quatrième siècle erzählt wurden, jetzt mit der Familie
von Marie Celat ein Seitenarm der Longoués im Mittelpunkt. Der Roman geht dabei
umgekehrt chronologisch vor. Er beginnt bei Marie Celat und ihren Eltern und endet mit
Anatolie Celat, der sich auf seiner habitation einen Namen als Frauenheld gemacht hat. Jedes
Mal, wenn er eine Frau verführt, erzählt er ihr eine kleine Passage aus einer langen
Geschichte. Bald hat Anatolies „histoire éclatée“ (Case 96) die Aufmerksamkeit der Frau des
béké auf sich gezogen. Ihr Versuch, die Fetzen der Geschichte zu sammeln und zu ordnen,
lässt sie alles andere, insbesondere ihr Studium der französischen Geschichte, vergessen:
„Ainsi ces histoires cassées avaient-elles chassé l’Histoire de son pupitre.“ (Case 99). Als
Liberté Longoué, die Enkelin des Stammvaters der Longoué-Linie, auf die habitation kommt,
versiegen die Geschichtsfetzen Anatolies. Zusammen versuchen sie, „jusqu’à la source de son
histoire“ (Case 103) zu gelangen und die Geschichte zu rekonstruieren. Denn Anatolie, der
die Geschichte von seiner Großmutter erzählt bekam, kennt weder den Anfang noch das Ende.
Erst Liberté kann die Geschichte in ihrer Ganzheit wiederherstellen: Anatolies Großmutter
hatte die Geschichten von Longoué und Odono, einem weiteren marron, der viele Jahre vor
Longoué auf die Insel gekommen war, miteinander verschlungen.
Den Roman scheint darauf das gleiche Schicksal wie Anatolies zerstückelte Geschichte
zu ereilen: Im nächsten Kapitel reihen sich Geschichtssequenzen aneinander, die weder in