Teil I Gesetzliche, tarifliche und faktische Entwicklung der Altersteilzeit
Teil I Gesetzliche, tarifliche und faktische Entwicklung der Altersteilzeit
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Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Arbeitslosigkeit 3 verursachte für die Rentenversicherung <strong>und</strong> die B<strong>und</strong>esanstalt für<br />
Arbeit enorme – für die Arbeitgeber jedoch vergleichsweise geringe – Kosten. Die<br />
Kosten <strong>der</strong> von den Arbeitgebern bevorzugten Frühverrentung auf Basis <strong>der</strong> 59er-<br />
Regelung verblieben also weitgehend bei <strong>der</strong> Solidargemeinschaft <strong>der</strong> Versicherten.<br />
Der Gesetzgeber nahm diese Praxis <strong>der</strong> Frühverrentung aus finanz- <strong>und</strong> sozialpolitischen<br />
Gründen – angesichts <strong>der</strong> absehbaren demographischen <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong>en<br />
finanziellen Auswirkungen auf die Rentenversicherung – zum Anlass, um eine<br />
Kehrtwende in <strong>der</strong> Rentenpolitik einzuläuten: Anstelle <strong>der</strong> bisher praktizierten<br />
Verkürzung sollte nunmehr eine Verlängerung <strong>der</strong> Lebensarbeitszeit angestrebt<br />
werden. Die Kosten <strong>der</strong> Frühverrentung sollten zudem von <strong>der</strong> Sozialversicherung auf<br />
die Betriebe <strong>und</strong> die Beschäftigten verlagert <strong>und</strong> damit die Rentenversicherung<br />
entlastet werden. Mit dem Rentenreformgesetz von 1992 wurden die Altersgrenzen<br />
für die verschiedenen Rentenzugangsarten angehoben, um die Anreize für den<br />
Übertritt in den vorzeitigen Ruhestand zu verringern bzw. durch Rentenabschläge bei<br />
vorzeitiger Inanspruchnahme <strong>der</strong> jeweiligen Altersrenten zu „bestrafen“.<br />
Im Jahre 1996 wurde zur „Korrektur <strong>der</strong> Frühverrentungspraxis“ das Instrument <strong>der</strong><br />
<strong>Altersteilzeit</strong> in neuer Form wie<strong>der</strong> eingeführt, die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit<br />
wurde in eine „Altersrente wegen Arbeitslosigkeit o<strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit“<br />
umgewandelt. Das „Gesetz zur För<strong>der</strong>ung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand“<br />
(<strong>Altersteilzeit</strong>gesetz) ist am 1. August 1996 in Kraft getreten. Im § 1 dieses<br />
Gesetzes werden als Gr<strong>und</strong>sätze formuliert: „(1) Durch <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit soll älteren<br />
Arbeitnehmern ein gleiten<strong>der</strong> Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente ermöglicht<br />
werden. (2) Die B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit för<strong>der</strong>t durch Leistungen nach diesem<br />
Gesetz die <strong>Teil</strong>zeitarbeit älterer Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit ab Vollendung des<br />
55. Lebensjahres (...) vermin<strong>der</strong>n, <strong>und</strong> damit die Einstellung eines sonst arbeitslosen<br />
Arbeitnehmers ermöglichen.“ Die Intention des Gesetzgebers besteht also eindeutig<br />
darin, den allmählichen Ausstieg aus dem Erwerbsleben mittels <strong>Teil</strong>zeitarbeit von<br />
älteren Arbeitnehmern zu för<strong>der</strong>n <strong>und</strong> damit zugleich eine „Beschäftigungsbrücke“<br />
zwischen jungen <strong>und</strong> alten Beschäftigten herzustellen: Der durch <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit<br />
frei werdende <strong>Teil</strong>-Arbeitsplatz soll mit einem sonst arbeitslosen o<strong>der</strong> sonst arbeitslos<br />
werdenden Beschäftigten (nach Abschluss <strong>der</strong> Ausbildung) wie<strong>der</strong> besetzt werden.<br />
Die rentenrechtlichen Än<strong>der</strong>ungen, die im Zusammenhang mit dem ATZ-Gesetz<br />
vorgenommen wurden, zielen zwar darauf ab, eine Brücke zwischen Arbeitsleben <strong>und</strong><br />
Ruhestand zu schlagen, an<strong>der</strong>erseits wird diese Brücke aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> kontinuierlichen<br />
Anhebung <strong>der</strong> Altersgrenzen durch die Rentenreform – gestaffelt nach Jahrgängen <strong>der</strong><br />
Beschäftigten – zunehmend „brüchig“ (zumindest in finanzieller Hinsicht).<br />
Die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit wurde in eine „Altersrente wegen Arbeitslosigkeit<br />
o<strong>der</strong> nach <strong>Altersteilzeit</strong>arbeit“ umgewandelt. Die Voraussetzung einer einjährigen<br />
3 Im Jahre 1992 bezogen 54.000 Versicherte die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, im Jahre 1993<br />
bereits mehr als doppelt so viele, im Jahre 1994 sogar über 200.000 <strong>und</strong> schließlich im Jahre 1995<br />
nicht ganz 300.000 Versicherte.